Riesige Resonanz auf Haarspender-Benefizaktion. Perücken für kranke Kinder.
Villingen-Schwenningen - Mit so viel Resonanz hatte Alina Marazzita dann doch nicht gerechnet: Mehr als 20 Frauen trennten sich am Sonntag im Friseursalon Manger von ihrer Haarpracht zu Gunsten der guten Sache. Eine ältere Dame brachte gar ihren vor 65 Jahren abgeschnittenen Zopf vorbei.
Die 27-Jährige, deren Vater im letzten Jahr die Diagnose Krebs erhielt, und ihre Freundin Kira Fuhst, die beiden Urheberinnen des Aktionstages, waren überwältigt, dass ihr Aufruf über die Facebook-Gruppe Stadtgeflüster VS nach verhaltenem Start doch noch so gut angekommen ist. 17 Frauen hatten ihr Kommen verbindlich angekündigt, weitere meldeten sich am Sonntag noch ganz spontan. Auch Sia Fuhst war vor Ort. Die 18-Jährige ließ sich ihre Haare seit 2014 extra für eine Spende wachsen und gab damit den Ausschlag zur Idee des Spendentages. Schnipp – für die jeweils 27 Zentimeter, die pro Kopf fielen, gab es herzlichen Applaus von den Umstehenden. Keiner der Spenderinnen fiel es leicht.
"Ich bin froh, dass ich nicht lange warten musste, sonst hätte ich mir es vielleicht doch noch anders überlegt", sagte Susanne Rosmislowski. Sie war die Erste, an deren Haar Holger Thomas Möller, Gründer des österreichischen Vereins "Die Haarspender", persönlich die Schere ansetzte. Der Friseur, der einen großen Teil seiner Familie an den Krebs verloren hat, widmet sich seit 2016 der Aufgabe, echte Haare für Perücken für vier- bis 19-jährige Kinder und Jugendliche zu sammeln. Die Heranwachsenden leiden in der Regel unter Haarausfall nach Chemotherapien, aber auch unter Autoimmunerkrankungen. Der Verein (diehaarspender.at) übergebe ihnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kostenlos Perücken, zusammengesetzt aus zwei bis fünf Haarspenden, sagt Möller, der eigens aus Wien angereist war. Damit er das kann, braucht er entweder gesunde Spenderhaare von mindestens 27 Zentimetern Länge oder 360 Euro. So viel kostet eine Perücke, die Möller unter kontrollierten Arbeitsbedingungen, wie er sagt, in Asien fertigen lässt.
Mit 15 Mitarbeitern war die Friseurfamilie Milia in ihrem Salon Manger in der Brunnenstraße am Sonntag im ehrenamtlichen Einsatz. Nunzio Milia blickte stolz auf den Trubel um ihn herum und sagte: "Das ist eine große Freude für mich." Tochter Loredana, begeistert von der Idee ihrer Kundin Alina Marazzita, kann sich durchaus vorstellen, einen solchen Haarspendetag künftig einmal jährlich durchzuführen. Dabei heißt es, nicht nur Zöpfe abzuschneiden, sondern die zunächst verzagten Mädchen und Damen über eine neue Frisur zu beraten, ihnen die Angst zu nehmen und schließlich mit einem tollen neuen Aussehen zu belohnen.
Die dunklen Locken der 13-jährigen Leonie aus Bad Dürrheim wuchsen seit ihrem vierten Lebensjahr. Claudia, eine Freundin ihrer Mutter Jenny, erzählte ihr von ihrer geplanten Haarspende. Da gab es für die Achtklässlerin kein Halten mehr. Aufgeregt sei sie, sagte sie, als Friseurin Lena Goß die Schere ansetzte. Nach einer guten halben Stunde strahlte Leonie – sie ist mit ihrem neuen Aussehen sehr zufrieden.
Auch die achtjährige Caroline kommt jetzt mit schicker Kurzhaarfrisur daher. Eigentlich habe sie ihre Mutter Simone Boie nur begleitet, sich dann aber spontan entschieden, selbst zur Spenderin zu werden. "Ich habe so schöne Haare und andere Kinder haben keine, das geht doch nicht", sagte die Zweitklässlerin aus Mönchweiler. Für die beiden Mädchen gab es am Schluss eine Süßigkeiten-Tüte als Dankeschön. Ältere Spenderinnen freuten sich über ein Make-Up von der Visagistin Sedal Saral und ein Vorher-Nachher-Foto von Fotograf Ralph Gravenstein.
Rund zweieinhalb Jahre wird es dauern, bis die Haare wieder bis zur ursprünglichen Länge gewachsen sind – und dann vielleicht wieder gespendet werden?