In Garmisch-Partenkirchen wird David Siegel wohl wie am 1. Januar 2021 vom Bakken fliegen. Doch es gibt ein großes "Aber". Foto: Eibner

Mit einer Enttäuschung für einige deutsche Skispringer um den Sulzer David Siegel vom SV Baiersbronn hat die heiße Phase vor der am Dienstag startenden Vierschanzentournee begonnen.

Denn anders als in all den Jahren zuvor wird die sogenannte Nationale Gruppe nicht beim Auftaktspringen in Oberstdorf am 28./29. Dezember dabei sein. Diese Gruppe umfasst sechs Athleten, die zusätzlich zum Weltcupteam bei zwei Heimspringen pro Saison ins deutsche Aufgebot rutschen dürfen.

Verschiebebahnhof

Bisher nominierte der Deutsche Ski-Verband (DSV) diese Gruppe bei der Vierschanzentournee – damit war ihnen maximale Aufmerksamkeit zuteil. Dieses Mal sollen die sechs zusätzlichen Plätze nur beim zweiten Springen in Garmisch-Partenkirchen (30. Dezember/1. Januar) genutzt werden – offenbar um die Startfelder bei den Springen in Titisee-Neustadt (21. bis 23. Januar) oder Willingen (28. bis 30. Januar) aufzufüllen, da möglicherweise viele Athleten vorzeitig die Reise nach China zu den Olympischen Spielen (4. bis 20. Februar) antreten werden. In Peking steht am 5. Februar bereits die Qualifikation auf der Normalschanze auf dem Programm.

Weltcup-Traum vorerst ausgeträumt

Eine bittere Enttäuschung stellt diese Entscheidung des DSV erst einmal auch für den Sulzer David Siegel (SV Baiersbronn) dar, der in der Gesamtwertung des Continental-Cups, der zweiten Liga der Skispringer, als bester Deutscher auf Rang 4 liegt – hinter drei Österreichern. Siegel hatte im allerersten Springen auf der neuen Olympiaschanze, zugleich das erste COC-Saisonspringen überhaupt, den Sieg davongetragen. Er hatte sich sogar Hoffnungen gemacht, "schon im Vorfeld der Tournee einen Weltcup-Einsatz zu bekommen". Sein Hauptziel war jedoch: "Ich will auf jeden Fall bei der Vierschanzentournee dabei sein!" Das wird er wohl auch – aber nur beim Springen in Garmisch-Partenkirchen.

Quotenplatz an Severin Freund

Denn es ist kaum zu erwarten, dass Bundestrainer Stefan Horngacher einen seiner sieben Springer nach Garmisch-Partenkirchen aussortieren wird, die bis dahin bereits zwei Tournee-Auftritte gehabt haben werden. Sieben ständige Starter statt sechs – den Quotenplatz für die guten deutschen Auftritte im Continental-Cup erhielt der Tournee-Zweite von 2015/2016, Severin Freund, der sich darüber vor allem freute, weil "wir im Moment international das stärkste Team haben. Da ist es kein Selbstläufer, dass man sich intern durchsetzt."

Duell Geiger – Kobayashi erwartet

Das heißeste Eisen im deutschen Feuer ist natürlich der Gesamtweltcup-Führende Karl Geiger, der nach "dem total coolen Wettkampf" von Engelberg – Sieg und Platz 2 – mit Rückenwind in das erwartete Duell mit dem japanischen Favoriten Ryoyu Kobayashi geht. "Karl Geiger trägt zurecht das Gelbe Trikot des Weltcup-Führenden", setzt natürlich auch Horngacher auf seinen Vorspringer Nummer 1, denkt aber auch an den zuletzt schwächelnden Markus Eisenbichler, der im Weltcup derzeit auf Platz sieben rangiert: "Beide zählen zum Kreis der Favoriten, und beide möchten dieser Rolle gerecht werden."

Erster Sieg seit Hannawald?

Geiger will sich auch durch die verpassten deutschen Chancen der vergangenen Tourneen nicht seine gute Laune verderben lassen. "Klar könnte man sagen, die letzten Jahre ist es ein bisschen unglücklich gelaufen, aber ich sehe das anders: Es ist gut gelaufen, wir haben gute Platzierungen gemacht." Dass es seit Sven Hannawald 2001/2002 nicht mehr mit dem Gesamtsieg geklappt hat, belastet Geiger auch nicht. "Wir sind immer nah dran gewesen. Wir wissen, dass wir die Schanzen können, und wir sind gut aufgestellt." Eisenbichler, der sich über seine Formkrise "ratlos" gezeigt hatte, nachdem er im zweiten Springen von Engelberg den zweiten Durchgang verpasst hatte, verspricht sich von der Vierschanzentournee die Wende zum Besseren: "Ich mag die vier Schanzen und möchte Schritt für Schritt gehen. Aktuell zähle ich nicht zu den Topfavoriten, ich kann mich also ganz auf meine Sache konzentrieren." Er will einfach "gute Sprünge abliefern, und dann sehen, wofür es am Ende reicht."

Stephan Leyhe kennt das Treppchen

Der Hinterzartener Stephan Leyhe verbindet mit der Vierschanzentournee nur positive Erinnerungen. Schließlich landete der Wahl-Schwarzwälder 2018/2019 hinter Kobayashi und Eisenbichler auf dem dritten Gesamtrang. "Die Krux an der Geschichte ist, dass man über die acht bis zehn Tage ein konstant gutes Niveau abliefern muss, möchte man ganz vorne mit dabei sein", weiß er. In seiner Comebacksaison hat Leyhe zwar noch viel Luft nach oben, aber "ich weiß, dass ich das kann. Mir ist das schon mal gelungen." Auch wenn ihm klar ist: "In diesem Jahr muss ich noch ein wenig an meiner Form feilen."

Knackpunkt am Bergisel

Zwar lobt Horngacher alle seine Springer, er weiß aber auch, dass mögliche Siege in den letzten Jahren vor allem auf einer bestimmten Schanze zerschellt sind: auf dem Bergisel. "Wir haben im Rahmen der Sommervorbereitung verstärkt auf der Bergiselschanze in Innsbruck trainiert. Ziel dieser zusätzlichen Einheiten war es, den Rhythmus der Schanze schneller und besser aufnehmen zu können", hofft Horngacher, dass vor dem Abschluss am 6. Januar in Bischofshofen die Träume vom ersten deutschen Tourneesieg seit 20 Jahren noch intakt sein werden.

Das DSV-Aufgebot

Bundestrainer Stefan Horngacher hat wenig überraschend sein Weltcupteam, bestehend aus Karl Geiger, Markus Eisenbichler, Pius Paschke, Stephan Leyhe (Hinterzarten), Constantin Schmid und Andreas Wellinger nominiert. Dazu gesellt sich Severin Freund, der durch seine Plätze 4 und 8 beim Continentalcup im finnischen Ruka einen zusätzlichen Quotenplatz für das deutsche Team klargemacht hat. Dazu hat zwar auch David Siegel (Sulz) beigetragen, doch Freund scheint derzeit in besserer Form zu sein.

Der Zeitplan

Oberstdorf (ARD/Eurosport)

Dienstag, 28. Dezember

16.30 Uhr: Qualifikation

Mittwoch, 29. Dezember

16.30 Uhr: 1. Springen

Garmisch-Partenkirchen (ZDF/Eurosport)

Freitag, 31. Dezember

14.00 Uhr: Qualifikation

Samstag, 01. Januar

14.00 Uhr: 2. Springen

Innsbruck (ZDF/Eurosport)

Montag, 03. Januar

13:30 Uhr: Qualifikation

Dienstag, 04. Januar

13:30 Uhr: 3. Springen

Bischofshofen (ARD/Eurosport)

Mittwoch, 05. Januar

16.30 Uhr: Qualifikation

Donnerstag, 06. Januar

16.45 Uhr: 4. Springen