Richard Freitag triumphiert bei der Vierschanzentournee im Innsbrucker Hexenkessel: "Sehr, sehr geil". Foto: dpa

Richard Freitag hat mit 133,5 und 132 Metern bei der Vierschanzentournee in Innsbruck seinen fünften Weltcupsieg gefeiert und dem deutschen Team damit den ersten Tagessieg seit gut zwölf Jahren beschert.

Innsbruck - Mit geschlossenen Augen und einem breiten Grinsen im Gesicht lauschte Richard Freitag zum ersten Mal seit gut zwölf Jahren der deutschen Nationalhymne bei der Vierschanzentournee.

Im Hexenkessel von Innsbruck feierte der 23 Jahre alte Sachse den fünften Weltcuperfolg seiner Karriere und beendete damit im 50. Anlauf den Sieg-Fluch der DSV-Adler bei der deutsch-österreichischen Traditionsveranstaltung. Für den letzten deutschen Sieg hatte Sven Hannawald am 29. Dezember 2002 in Oberstdorf gesorgt. "Das ist sehr, sehr geil", jubelte der überglückliche Gewinner nach seiner Gala am Bergisel.

Mit 133,5 und 132 Metern setzte sich Freitag in einer hochklassigen Konkurrenz vor Tournee-Spitzenreiter Stefan Kraft durch. Rang drei teilten sich der Japaner Noriaki Kasai und Simon Ammann aus der Schweiz. Severin Freund wurde Achter.

Kraft fährt mit einem Vorsprung von 23,1 Punkten vor seinem Landsmann Michael Hayböck zum Finale nach Bischofshofen. Freitag verbesserte sich in der Tournee-Gesamtwertung mit 791,7 Punkten auf Rang fünf und hat nun in der Endabrechnung sogar einen Podestplatz in Reichweite. Zum dritten Platz, den der Slowene Peter Prevc belegt, fehlen nicht einmal 15 Punkte.

Letzter Wettbewerb am Dienstag

"Ich bin ein wenig gerührt. Richard hat das super gemacht. Er ist entspannt in den Wettkampf gegangen und hat die Nerven behalten. Das ist ein toller Tag", sagte Bundestrainer Werner Schuster. Schon bei der Landung seines Schützlings hatte der Chefcoach ein Stoßgebet gen Himmel gesandt. "Jetzt müssen wir zusehen, dass wir die besten Gesamtplatzierungen hinkriegen", sagte Schuster mit Blick auf den letzten Wettbewerb an diesem Dienstag (16.30 Uhr).

Schon im ersten Durchgang war Freitag voll da, obwohl er wegen einer Anlaufverkürzung vor seinem Sprung lange warten musste. Der Sachse zeigte sich jedoch unbeeindruckt und sprang 133,5 Meter weit. "Die Stimmung ist einfach unglaublich. Es macht einfach Spaß hier", sagte Freitag schon zur Halbzeit.

Da lag er gleichauf mit Kraft an der Spitze. Der Österreicher segelte auf unglaubliche 137 Meter und verbesserte den 13 Jahre alten Schanzenrekord von Hannawald um 2,5 Meter. "Das war ein gewaltiger Sprung, einfach genial. Ich war ziemlich nervös, habe den Flug dann aber genießen können", sagte Kraft. Im Finale, wo sein Zimmerkollege Hayböck nach einem gewaltigen Satz auf 138 Meter in den Schnee griff, konnte er den wie entfesselt springenden Freitag jedoch nicht mehr vom obersten Treppchen verdrängen.

Als Geheimfavorit zur Tournee

Der Sieg dürfte Balsam für Freitags Seele sein. Bei Olympia war er nach zwei schwachen Auftritten im Einzel aus dem Team geflogen und hatte dadurch Gold verpasst. Nach einem starken Sommer mit dem Sieg beim Grand Prix in Klingenthal als Höhepunkt war er mit großen Erwartungen in die Saison gestartet, die sich zunächst nicht erfüllten. Nach seinem Weltcupsieg kurz vor Weihnachten in Engelberg war er als Geheimfavorit zur Tournee angereist, in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen aber den Erwartungen nicht gerecht geworden.

Von den DSV-Springern sammelten auch Marinus Kraus, Stephan Leyhe und Michael Neumayer Weltcup-Punkte. Der Routinier erlebte eine Schrecksekunde, als er im ersten Versuch mit dem Schaft seines Skischuhs am Absprungbalken hängen blieb und in der Anlaufspur fast gestrauchelt wäre. "Das ist mir das erste Mal passiert. So fährt man normalerweise nicht los. Ich habe schnell an die Bindung gegriffen und gemerkt, es ist alles okay. Bis zum Schanzentisch hatte ich mich wieder einigermaßen beruhigt", berichtete der 35-Jährige nach seinem Sprung auf 123 Meter.

Gute Nachrichten gab es auch abseits der Schanze. Andreas Wellinger, der nach einer Schulteroperation noch einige Wochen ausfällt, erhielt am Freitag nach einer Untersuchung in der Uni-Klinik Innsbruck grünes Licht für die Rückkehr ins Training. "Ich habe die Freigabe erhalten, den Arm aktiv zu bewegen", berichtete der 19-Jährige am Samstag. Der Team-Olympiasieger hofft, Ende Januar oder Anfang Februar in den Weltcup zurückzukehren.