Gleich doppelt in den Konzertreihen der SKS Russ vertreten: die Cellistin Sol Gabetta. Foto: promo

„Als nicht subventionierter Konzertveranstalter tut man sich von Jahr zu Jahr schwerer“, sagt Michael Russ. Dennoch geben sich bei den vier Stuttgarter Veranstaltungsreihen der SKS Russ auch in der kommenden Saison die Klassik-Stars die Klinke in die Hand.

Nur die Verpackung ist ein bisschen anders. Das Titelblatt der kleinen Broschüre, in der die Südwestdeutsche Konzertdirektion Stuttgart (SKS) Russ die Konzerte der Saison 2013/14 vorstellt, hat die Strenge der Vorgänger-Hefte und das dunkle Blau des Hintergrunds verloren. Stattdessen sieht man eine grafische Fantasie über ein (leicht zersplittertes) Instrument der Geigenfamilie. Außerdem ist aus dem heute leicht zopfig wirkenden Wort Konzertmiete das Konzertabo geworden. „Ein Abo entspannt“ ist auf türkisfarbenem Grund auch noch zu lesen.

Der Inhalt ist aber so geblieben, wie ihn die Stuttgarter Konzertbesucher kennen: In den viermal zehn Konzerten, welche die SKS Russ auch in der nächsten Spielzeit anbietet, sind große Namen der Klassik-Szene vertreten. Die Pianisten Fazil Say, Hélène Grimaud, Nikolai Tokarev, Rafal Blechacz, Tzimon Barto, Lise de la Salle, Alice Sara Ott, Murray Perahia, Rudolf Buchbinder, Anna Vinnitskaya, Daniel Barenboim, Kit Armstrong und Igor Levit, die Dirigenten Antonio Pappano, Andris Nelsons, Zoltán Kocsis, Kristjan Järvi, Cornelius Meister und Christoph Eschenbach, die Cellisten Sol Gabetta, Mischa Maisky und Daniel Müller-Schott, die Geiger Anne-Sophie Mutter, Gidon Kremer, Hilary Hahn, Patricia Kopatchinskaja, Baiba Skride und Isabelle Faust, der Countertenor Philippe Jaroussky, der Schlagzeuger Martin Grubinger: Die Qualität der Interpreten ist hoch. Dass die absoluten Hochkaräter nicht dabei sind, hat finanzielle Gründe. „Die Wiener Philharmoniker“, so Russ, „sind heute nicht mehr bezahlbar. Wenn ich die in die ‚Meisterkonzerte‘ nähme, müsste ich die Preise so stark anheben, dass mir die Abonnenten wegliefen. Und für Dirigenten wie Claudio Abbado bräuchte ich einen Sponsor. Den zu finden ist aber extrem schwierig geworden.“

Dass das Angebot, auf das Michael Russ stolz ist („Wir sind die einzige Stadt in Deutschland, die zehn Sinfoniekonzerte und zehn Klavierabende anbietet“) nur in Maßen Ungewohntes enthält, liegt im Wesen von Konzerten, die sich selbst tragen müssen. „Ich habe“, sagt Michael Russ, „nicht den Anspruch, revolutionäre Programme anzubieten, sondern ich mache Programme, die das Publikum will. Es ist die Aufgabe öffentlich subventionierter Institutionen, auch in andere Richtungen zu denken und zu arbeiten.“

Junge und ältere Interpreten beim „Meisterpianisten“-Zyklus

So ist das gängige klassisch-romantische Repertoire in den Konzertreihen der SKS Russ die Regel; Exotisches wie etwa Fazil Says „Water“-Klavierkonzert verkauft sich nur deshalb, weil es zwischen Smetanas „Moldau“ und Debussys „La Mer“ steht und weil der Komponist auch als Interpret dabei ist. Und die Reihe „Faszination Klassik“ existiert nur deshalb weiter, weil sie von der Kulturgemeinschaft Stuttgart mit finanziert wird. Laut Michael Russ bietet dieses Abonnement in der kommenden Saison so viel Qualität wie noch niemals zuvor.

Der „Meisterpianisten“-Zyklus mischt junge und ältere Interpreten, die Kammermusikreihe reicht vom Duo bis zum Quintett. „Bei der Kammermusik“, so Michael Russ, „spüren wir die Überalterung des Konzertpublikums am stärksten. Die Abonnements gehen leicht zurück, aber im freien Verkauf und zumal an den Abendkassen bewegt sich dafür viel mehr als bisher.“

In diesen Tagen hat Michael Russ gemeinsam mit seiner Tochter Michaela bereits die Planung der Saison 2014/15 abgeschlossen. Die darauf folgende Spielzeit wird Michaela alleine verantworten. Dann will der heute 67-jährige Impresario, der für seine Verdienste um das Musikleben bereits unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet wurde, sich so weit, wie es ihm möglich ist, aus dem Geschäft zurückziehen und auch die Präsidentschaft im Verband deutscher Konzertdirektionen niederlegen, die er seit 1982 innehat.

Seine Sorgen über die Zeit danach gelten heute vor allem der Stuttgarter Raumnot bei Proben und Konzerten. Ab 2016, nach der Fusion der beiden SWR-Orchester, wurden dem Sender mehr Termine in der Liederhalle zugesagt – zum Schaden der anderen Stuttgarter Orchester wie auch möglicher Gastkünstler, die für Proben und Aufbau ebenfalls Zeit und Räume benötigen. „Bei der Unterhaltung“, sagt Michael Russ, „ist Stuttgart deshalb jetzt schon abgehängt, und ab 2016 geht da gar nichts mehr.“ Abhilfe könnte ein Ausbau der Liederhalle schaffen – nicht in Richtung des Berliner Platzes (das verhindert der dort geltende Denkmalschutz), womöglich aber in Richtung des Linden-Museums. „Warum“, fragt Russ, „verfolgt uns immer das Trauma der Elbphilharmonie, und warum sollte der Bau eines Konzertsaals in Stuttgart nicht ähnlich problemlos verlaufen wie bei der akustisch exzellenten neuen Stadthalle in Reutlingen?“

Höhepunkte der vier Konzertreihen bei der SKS Russ

Meisterkonzerte: Gstaad Festival Orchestra, Fazil Say (6. 10.), WDR-Sinfonieorchester, Hélène Grimaud (18. 10.), Ungarische Nationalphilharmonie, Nikolai Tokarev (6. 11.), London Philharmonic, Patricia Kopachinskaja (19. 12.), Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Sol Gabetta (15. 2.), City of Birmingham Orchestra, Anne-Sophie Mutter (10. 3.), Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Gidon Kremer (23. 5.)

Faszination Klassik: Camerata Salzburg, Hilary Hahn (28. 9.), Venice Baroque Orchestra, Philippe Jaroussky (14. 10.), Kremerata Baltica, Gábor Boldoczki (28. 11.), Capella Gabetta (11. 12.), Academy of St. Martin in The Fields, Xavier de Maistre (29. 1.), Berner Symphonieorchester, Lise de la Salle (5. 2.), BBC Philharmonic, Martin Grubinger (19. 3.)

Meisterpianisten: Murray Perahia (30. 9.), Rudolf Buchbinder (Beethoven-Zyklus, 22. 10., 6. 5.), Alice Sara Ott (20. 11.), Anna Vinnitskaya (6. 12.), Daniel Barenboim (14. 12.), Kit Armstrong (14. 1.), Nikolai Tokarev (18. 2.), Igor Levit (6. 3.), Rafal Blechacz (2. 4.)

Kammermusik: Faust/Melnikov (12. 10.), Auryn Quartett (26. 11.), Nash Ensemble (19. 11.), Quatuor Ebène (3. 2.), Artemis-Quartett (10. 4.), Skride/Müller-Schott/Maistre (8. 5.)

Sonderkonzerte: Hille Perl (10. 12.), Beethoven-Zyklus mit dem Henschel-Quartett (9. und 23. 2., 16. 3.), Valentina Lisitsa (27. 3.)

Karten und Informationen: telefonisch unter 07 11 / 1 63 53 21 (Karten) und 07 11 / 1 63 53 24 (Abonnements) sowie im Internet unter www.sks-russ.de.