Dieser Anblick soll wieder Alltag werden: Warnsirenen auf deutschen Dächern. Foto: dpa/Jens Büttner

Die Katastrophen häufen sich. Längst abgebaute Warnsirenen werden wieder benötigt. Doch das Geld, das der Bund zur Förderung des Ausbaus bereitstellt, reicht nicht. Deshalb steigt jetzt das Land ein – allerdings eher symbolisch.

Überschwemmungen, Unwetter, zumindest wieder denkbare militärische Auseinandersetzungen: Der Bevölkerungsschutz in Deutschland muss dringend verbessert werden. Da sind sich alle Verantwortlichen einig. Dazu gehört der Ausbau des Warnnetzes. Und das nicht nur digital, sondern auch auf eine Weise, die man bisher für ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten gehalten hatte. An vielen Orten sollen Sirenen wieder die Bevölkerung warnen können. Die meisten Anlagen sind aber spätestens nach dem Kalten Krieg abgebaut worden. Und die Rolle rückwärts kostet sehr viel Geld.

Zuviel für manch eine klamme Gemeinde. Deshalb hat der Bund ein Förderprogramm aufgelegt. Bis November 2021 konnten sich die Kommunen dafür bewerben. Und das haben sie zahlreich getan. Auf Anfrage unserer Zeitung nennt man beim Stuttgarter Innenministerium Zahlen. „Im Sirenenförderprogramm des Bundes wurden in Baden-Württemberg bis zum Ende der Antragsfrist insgesamt 571 Anträge eingereicht, mit denen Mittel in Höhe von rund 37 Millionen Euro beantragt wurden“, sagt ein Sprecher. Tatsächlich zur Verfügung standen für den Südwesten allerdings nur 11,6 Millionen Euro. Deshalb konnten von den 571 Kommunen nur 225 bedacht werden. Die haben mit dem Geld insgesamt 1168 Fördermaßnahmen umgesetzt. Darunter, so der Sprecher, 956 Sirenen sowie 212 Sirenensteuerungsempfänger.

Seit langem kritisiert man auch in Baden-Württemberg schon, dass das Geld nicht mal ansatzweise ausreicht. Jetzt hat sich die Landesregierung dazu entschlossen, auch selbst etwas zuzuschießen. Bund und Land schütten mit dem „Sirenenförderprogramm 2.0 für die Jahre 2023/2024“ noch mal 2,9 Millionen Euro aus. Knapp die Hälfte davon übernimmt das Land – rund 1,3 Millionen Euro. Damit können Städte und Gemeinden neue Sirenen anschaffen oder ihr vorhandenes Sirenennetz ausbauen.

Angesichts der benötigten Summen dürfte das freilich nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein – zumal in den Genuss des Geldes nur Kommunen kommen können, die bereits Anträge gestellt hatten, aber bisher leer ausgegangen waren. „Die Regierungspräsidien schreiben die antragsberechtigten Gemeinden an, soweit Mittel aus dem Sirenenförderprogramm 2023/2024 zur Verfügung stehen, und fordern sie aktiv zur Antragstellung auf“, teilt das Innenministerium mit. Gemeinden, die inzwischen ebenfalls eine Sirenenplanung erarbeitet haben, aber beim alten Förderprogramm noch keinen Antrag gestellt hatten, sind außen vor. Für wie viele zusätzliche Kommunen die 2,9 Millionen Euro reichen, kann man beim Land noch nicht abschätzen.

Sirenen als „Weckruf“

Bei der Landesregierung hofft man trotzdem darauf, dass das Geld weiterhilft. „Sirenen sind vor allem dort sinnvoll, wo Menschen schnell und sicher gewarnt werden müssen. Sie machen die Menschen auf Gefahren aufmerksam. Nach dem Weckruf können sie Radio oder Fernsehen einschalten, im Internet oder Sozialen Medien suchen oder auf digitale Stadtinformationstafeln schauen, um konkrete Informationen zu aktuellen Gefahren und Handlungsempfehlungen zu bekommen“, sagt Innenminister Thomas Strobl.

Die größte Stadt im Land geht allerdings komplett leer aus, das ist bereits sicher. Allerdings nicht, weil es in Stuttgart keinen Bedarf gäbe. Ganz im Gegenteil plant dort derzeit ein Ingenieurbüro den Wiederaufbau eines Netzes. Rund 90 Sirenen dürften nötig sein, eine Kostenschätzung fehlt noch. Die Landeshauptstadt hatte allerdings 2021 noch keinen Antrag eingereicht – und ist damit raus.