Kinder machen im Waldheim Gehrenwald in Untertürkheim große Sprünge. Foto: Peter-Michael Petsch

Ferieneinrichtungen können sich vor Anfragen kaum retten – Viele Plätze sind bereits belegt.

Stuttgart - Viele Plätze sind bereits belegt. Die Mitarbeiter der 29 Stuttgarter Ferienwaldheime rechnen auch in diesem Sommer damit, dass rund 8500 Mädchen und Jungen einen Teil der Sommerferien im Waldheim verbringen. Die Vorbereitungen für den Ferienspaß haben begonnen.

Lachende Kinder, brutzelnde Würstchen und ein Meer an Naturgeräuschen hört man bereits lange bevor man das Waldheim Gehrenwald der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Stuttgart betritt. Dort gab es jetzt einen Vorgeschmack auf die Waldheimzeit im Sommer. Zum Abschluss des Pfingstwaldheims herrscht Partystimmung. Bei den Kleinen – die sich beim Sackhüpfen, Trampolinspringen oder auf der Slag-Line austoben. Aber auch bei den Großen. Mama und Papa waren auch aufgefordert, die verschiedenen Hindernisse des Parcours zu überwinden. Das Abschlussfest lässt ahnen, warum das Waldheim Gehrenwald in Untertürkheim bei Kindern so beliebt ist. Die Ferienzeiten dort sind immer ausgebucht, rund 40 Entdecker unternahmen in der vergangenen Woche spannende Ausflüge und Spiele mit den ehrenamtlichen Betreuern. „Wir haben ganz tolles Stockbrot gegrillt“, schwärmt die sechsjährige Carolina, „außerdem sind die Betreuer hier viel cooler als Eltern.“

In den Sommerferien kann sich auch das evangelische Waldheim in Untertürkheim vor Bewerbern kaum retten. Bereits beim Anmeldungsstart im März standen die Eltern Schlange. „Dort müssen die Kinder noch persönlich angemeldet werden. Einige Väter haben sich nachts um 2 Uhr schon angestellt, um gleich morgens den Sohn oder die Tochter für das Ferienprogramm anzumelden“, sagt Uli Seeger. Er koordiniert die Zusammenarbeit der 29 Waldheime, von denen 18 in evangelischer, sieben in katholischer und vier in Trägerschaft der Awo Stuttgart sind. Dass der Ansturm auf die begehrten Freizeitplätze zu nachtschlafender Zeit losgeht, hält er allerdings für übertrieben: „Ab 6 Uhr anzustehen wäre früh genug gewesen. Trotz des Ansturms gibt es in Untertürkheim sogar jetzt noch einige freie Plätze.“ Und zwar für Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 15.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst

Wibke Heller muss dagegen die Mütter und Väter von Kleinkindern vertrösten. In sämtlichen Waldheimen stehen für die Vier- bis Sechsjährigen nur rund 600 Freizeitplätze zur Verfügung. „Unser Kleinkindwaldheim in Hedelfingen ist komplett ausgebucht und die Warteliste bereits lang“, sagt Heller. In ihren anderen drei Heimen hat die Awo noch etwa 70 Plätze zu bieten, und auch andere Waldheime können noch Mädchen und Jungs aufnehmen.

Vergeben werden die Plätze in der Regel nach dem Motto: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Man wolle bei Kindern noch nicht nach sozialen Kriterien auswählen, begründet Seeliger das Verfahren und ist überzeugt, dass es auch pädagogisch sinnvoll ist, Gruppen mit Kindern verschiedener Nationalitäten und aus unterschiedlichen Schultypen zu bilden. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Im evangelischen Ferienwaldheim in Sillenbuch entscheidet nicht die Schnelligkeit der Eltern, sondern das Losverfahren darüber, welche Kinder aufgenommen werden. Auch hier gab es mehr Bewerbungen als Plätze. „87 Kindern musste abgesagt werden. Doch alle sind mittlerweile im Waldheim Frauenkopf untergekommen“, sagt Seeliger.

Dabei sein, Spaß haben und nach Herz und Laune toben

Die Waldheimaufenthalte dauern für die Kinder meist zwei Wochen. Sie sind zwischen 8.30 und 18 Uhr dort und werden mit Frühstück, Mittagessen, einem Snack und Abendbrot versorgt. Pro Kind und Woche bezahlen die Eltern 68 Euro. Kinder mit Bonuscard dürfen kostenlos ins Waldheim. Mit Familiencard gibt es 20 Prozent Rabatt. Die Stadt gleicht die Nachlässe aus und schießt rund 850.000 Euro Betriebskosten zu. Nach Seegers Erfahrung ist der Andrang in den Waldheimen in den ersten beiden Ferienwochen am größten. „Danach wird es etwas ruhiger.“ Die meisten Betreuer werden deshalb auch zum Ferienstart benötigt. Derzeit haben sich etwa 1500 junge Leute zwischen 16 und 25 für die ehrenamtliche Aufgabe gemeldet. Rund 300 Betreuer werden noch gesucht. Die jugendlichen müssen mindestens 16 sein. Auf ihre Aufgabe werden sie in den Waldheimen vorbereitet. „Sie machen unter anderem einen Kurs in Erste Hilfe, und lernen, Ideen für die Freizeitgestaltung mit Kindern umzusetzen“, sagt Seegers. Die meisten Betreuer kennen die Waldheimferien aus ihrer eigenen Kindheit. Dass sie nun selbst Verantwortung für Jüngere übernehmen, ist ein Ziel der Waldheimarbeit.

Von all den Problemen, die rund um die Waldheime herrschen, bekommen die Kinder nichts mit. Für sie zählt nur eins: dabei sein, Spaß haben und nach Herz und Laune toben. Denn im Wald gibt es keine Nachbarn, auf die man Rücksicht nehmen muss. Und erst recht keine gepflegten Rasenflächen, auf denen man nicht spielen darf. Das ist Waldheimatmosphäre. Hier im Gehrenwald gibt es nur die Natur, die Kinder und ihre Betreuer. Und die sind nach Ansicht der kleinen Carolina sowieso viel cooler als die Eltern.