Auf ihm liegen nicht nur die Hoffnungen von Fredi Bobic (links) und Erwin Staudt (rechts): Jens Keller Foto: Pressefoto Baumann

Jens Keller soll die verunsicherte Elf aus der Krise führen, ist aber nur Chef auf Probe.

Stuttgart - VfB-Trainer Christian Gross ist schon wieder Geschichte: Der Schweizer ist seit Mittwoch freigestellt. Co-Trainer Jens Keller wird bis auf Weiteres einspringen. Schon am Samstag gegen den FC Schalke 04 wird er auf der Trainerbank sitzen.

"Nach einer eingehenden Analyse der sportlichen Situation wurde Christian Gross heute mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben als Cheftrainer des VfB Stuttgart freigestellt", hieß es von Seiten des Stuttgarter Clubs.

"Herr Keller wird das Training übernehmen und wir werden die Entwicklung in den kommenden Wochen und Monaten abwarten“, sagte VfB-Präsident Erwin Staudt am Mittwochmittag bei einer Pressekonferenz. Im Zusammenhang mit der Trennung von Gross beim Tabellen-Letzten sprach Staudt von der „schwierigsten Situation in unserer Bundesliga-Geschichte“ und einem „Ausnahmezustand“.

VfB: Vergeblich auf Impulse von Gross gewartet

Man habe vergeblich auf Impulse des Trainers gewartet, hieß es von Seiten des Vereins. Gross verzichtete auf spezielle Maßnahmen, um die Mannschaft wachzurütteln, wie bespielweise ein Kurztrainingslager vor dem Kellerduell gegen Schalke 04. Dem Schweizer Coach wurde wohl auch angekreidet, dass er an den zwei Tagen nach der Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt keine Trainingseinheiten ansetzte. Jens Keller, der von seinen 100 Bundesligaspielen 49 für den VfB bestritten hat, wurde am Mittwoch als „Cheftrainer“ vorgestellt - Vertragslaufzeit zunächst
unbekannt. Seine Aussagen ließen tief blicken: „Christian Gross war ein sehr dominanter Trainer“, berichtete Keller. Er selbst habe „schon Dinge gesehen“, die anders hätten gemacht werden können, „die ich aber nicht umsetzen konnte“.  An diesen „Dingen“, versprach der 39-Jährige, „werde ich jetzt arbeiten“. Der bisherige U19-Trainer Jürgen Kramny wird ihn dabei als „Co“ unterstützen.

Indes laufen die Fans im Internet Sturm gegen die Entscheidung des Vereins. Auf Facebook wird zu Protesten aufgerufen

Gross hatte den verwaisten Trainerstuhl am 6. Dezember 2009 von Markus Babbel übernommen. Nach einer berauschenden Rückrunde 2009/10 hatten den Schweizer aber das Glück verlassen: So schlecht wie in diese Saison waren die Roten das letzte Mal vor 36 Jahren gestartet.

Insgesamt liest sich die Bundesliga-Statistik von Gross aber nicht so schlecht: Von 26 Spielen konnte er 14 gewinnen, acht Partien verlor er, vier endeten Unentscheiden. Das ergibt einen Punktedurchschnitt von 1,77 - auf eine Saison hochgerechnet wären dies 60 Punkte.

Viele Nachfolger werden gehandelt

Als mögliche Nachfolger auf der Trainerbank der Roten werden die zurzeit vereinslosen Trainer Hans Meyer (zuletzt Nürnberg), Christoph Daum (zuletzt Fenerbace Istanbul), Bruno Labbadia (zuletzt Hamburger SV) oder DFB-Sportdirektor Matthias Sammer gehandelt.

Auch ein Landsmann von Gross scheint als dessen Nachfolger möglich. Die Schweizer Marcel Koller (zuletzt VfL Bochum) und Lucien Favre (zuletzt Hertha BSC Berlin) stehen wohl ebenfalls auf der Kandidatenliste. Durchaus möglich wäre auch eine Interimslösung bis zum Saisonende, mit dem bisherigen Co-Trainer Jens Keller oder VfB-II-Trainer Jürgen Seeberger als Chefcoach.