Hängende Köpfe bei den VfB-Profis nach dem 1:4 gegen den FC Augsburg Foto: Getty

Jung oder alt? Die Debatte um die Jugendkultur könnte die Krise des Bundesligisten aus Cannstatt  weiter verschärfen.

Stuttgart - Wer in der Krise steckt, muss darüber sprechen, wie es wieder besser werden kann. Das ist in jeder Ehe so, in jedem gut geführten Unternehmen auch – und in der Bundesliga ist es in der Regel nicht anders. Deshalb gibt es beim VfB in diesen Tagen erhöhten Redebedarf. Sportvorstand Fredi Bobic und Trainer Thomas Schneider werden, so viel ist klar, oft kommunizieren. Untereinander – und mit den Spielern, die den Karren wieder flott bekommen sollen. „Wir werden einige Gespräche mit den Jungs führen“, sagt Bobic über das Krisenmanagement, „wir müssen sie vom Kopf her klar bekommen für das Spiel in Hoffenheim.“

Dort kann sich das Team an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) nach vier Niederlagen zum Jahresbeginn keine weitere Pleite mehr erlauben. Der Druck im Kampf gegen den Abstieg ist groß. Doch nach null Punkten im Jahr 2014 stellt sich die Frage, ob die Mannschaft ihm überhaupt gewachsen ist – und ob sie in der Lage ist, den Bock umzustoßen. Denn die Probleme sind vielschichtig.

Jung oder alt? Der Verein predigt seit Wochen die Jugendkultur, und Thomas Schneider füllt sie mit Leben, indem er einem Jungprofi wie Antonio Rüdiger (20) – trotz einiger Patzer in den vergangenen Partien – weiter vertraut. Der Abwehrmann wurde in der Winterpause sogar in den Mannschaftsrat gewählt, nachdem die sportliche Leitung wünschte, dass in dem Gremium ein Spieler vertreten sein müsse, der den Weg mit der jungen Garde widerspiegelt.

Auch Georg Niedermeier (27) sitzt im Mannschaftsrat. Neuerdings aber auch auf der Tribüne. Gegen den FC Augsburg war kein Platz mehr im Kader für jenen Mann, der im Team hohes Ansehen genießt und einen langfristigen Vertrag bis 2016 mit der Perspektive bekam, weiter eine Führungsrolle zu übernehmen. „Er spielt im Mannschaftsgefüge eine sehr wichtige Rolle“, betonte Bobic häufig. Nun steht er vorläufig im Abseits – trotz der Fehler von Antonio Rüdiger. Die Frage wird auch unter den Fans diskutiert: Zerstört man mit Niedermeiers Degradierung nicht auch ein Stück weit die gewachsene Hierarchie in der Mannschaft?

Oder war der kernige Bayer gegen Augsburgs vielleicht deshalb nicht im Kader, weil er in der Woche zuvor im Training mit Vedad Ibisevic aneinander geraten war? Wenn ja, warum durfte der Stürmer spielen, und der Abwehrmann saß noch nicht mal auf die Bank? Roman Grill, Niedermeiers Berater , hat jedenfalls wenig Verständnis für die aktuelle Situation. „Das kann ich nicht verstehen“, sagt er und schüttelt den Kopf.

Gut möglich, dass sich das Blatt schon an diesem Samstag wieder wendet – und Niedermeier in Hoffenheim plötzlich die Kohlen mit aus dem Feuer holen soll. Die Abwehr jedenfalls kann einen erfahrenen Haudegen derzeit ganz gut gebrauchen. Für Fredi Bobic ist das ein ganz normaler Vorgang. „Ich erwarte von den erfahrenen Profis, dass sie vorneweg marschieren und Verantwortung übernehmen – ob sie spielen oder nicht“, sagt der Sportvorstand. Das beste Beispiel dafür sei zuletzt Cacau gewesen, der gegen den FC Augsburg (1:4) nur eingewechselt wurde und danach einer der ersten war, der sich den Fans in der Cannstatter Kurve stellte. „So stelle ich mir das vor“, sagt Bobic – und wehrt sich gegen die Ansicht, dass routinierte Profis wie Niedermeier im Vergleich zu den Jungspunden unter Schneider generell schlechtere Karten hätten. „Das ist doch Quatsch“, sagt er, „es gibt bei uns nur gut oder schlecht – und nicht alt oder jung. Wenn der ältere besser ist, spielt er, basta.“