29. November 2015: Jürgen Kramny feiert in Dortmund seinen Einstand als VfB-Cheftrainer – vor dem Rückspiel muss er die erste Krise bewältigen. Foto: Thissen

Fußball: VfB-Trainer fordert gegen Dortmund die nötige Mentalität – und lebt sie vor.

Richtig überrascht hat den VfB-Trainer nicht, was er bei seinem Abstecher nach Berlin zu sehen bekam. "Borussia Dortmund ist schon in der ersten Halbzeit sehr dominant aufgetreten", sagt Kramny über das Halbfinale im DFB-Pokal zwischen Hertha BSC und dem VfB-Gegner an diesem Samstag (15.30 Uhr), "in der zweiten haben sie die Partie entschieden und verdient gewonnen."

Etwas anderes wäre dem VfB womöglich schlecht bekommen. Doch auch ohne zusätzlichen Furor im Falle des Ausscheidens erwartet die Roten eine Mammutaufgabe. "Dortmund kommt euphorisiert. Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen", sagt Kramny.

Kramny hat die aufkeimende Trainerdiskussion im Umfeld vernommen und reagiert darauf wie erwartet – souverän und ruhig. "Damit muss ich leben", sagt er. Damit kann er auch leben, weil er in sich ruht und Aufgeregtheiten auszublenden versteht.

Präsident Bernd Wahler, Sportvorstand Robin Dutt und Kramny haben nach dem indiskutablen Auftritt in Augsburg auf die Mannschaft eingewirkt. Kramny hat den freien Montag gestrichen und eine Videoanalyse und Gespräche angesetzt. "Wir haben Schlüsse gezogen, die auch mit der Einstellung zu tun haben, mit der Mentalität", sagt Kramny.

Kramny setzt auf das Kämpferherz

Den Begriff wird er noch einige Male wiederholen, immer wieder Mentalität: "Wir werden gegen den BVB Spieler auf den Platz schicken, die kämpfen und diese Herausforderung annehmen." Daraus können sich auch einige personelle Umstellungen ergeben. Zwangsläufig, weil Lukas Rupp noch unter den Folgen seines grippalen Infekts leidet und womöglich ausfällt. Aber auch, weil sich Spieler aus der zweiten Reihe aufdrängen – allen voran Martin Harnik, der "sehr, sehr engagiert trainiert, viele Tore macht und sich viel bewegt." Auch Neuzugang Federico Barba darf nach seiner langwierigen Verletzung auf sein Debüt im VfB-Trikot hoffen: "Seine Chancen haben sich nicht verschlechtert, um es vorsichtig auszudrücken."

Das Personal ist eine Stellschraube, an der Kramny dreht. Viel wichtiger aber ist ihm die Einstellung. Im Hinspiel gegen den BVB (1:4) hat er seinen Einstand als VfB-Trainer gefeiert, seither steht er unter ständiger Beobachtung und hat ihr dank souveränem Auftreten und klaren Ansagen standgehalten. In die Rückrunde ist die Mannschaft furios gestartet und hat unter Kramny in 17 Spielen 23 Punkte erobert – und ist zuletzt in neun Spielen mit nur einem Sieg dennoch in die altbekannte Lethargie zurückgefallen. "Womöglich hat sich der eine oder andere zwischendurch zu sicher gefühlt", ahnt Kramny. Die Verletzungen von Kevin Großkreutz und Serey Dié lässt er wie die jüngsten Grippefälle gleichwohl nicht als Ausrede gelten. "Jetzt gilt es", sagt er ungeachtet der äußeren Umstände, "jetzt müssen wir noch eine Schippe drauflegen, um Dortmund wehzutun."

Jürgen Kramny, der Vorkämpfer. Der Coach fordert Mentalität – und lebt sie vor. "Gas geben, zusammenhalten, fighten – und punkten", sagt er und ist überzeugt, dass seine Appelle fruchten: "Wir werden uns wehren. Wir werden da sein."