Innenverteidiger und Mitglied im Mannschaftsrat des VfB-Stuttgart: Georg Niedermeier Foto: dapd

Georg Niedermeier über das Innenleben der VfB-Mannschaft und Trainer Bruno Labbadia.

Stuttgart - Mit einem Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky und Liga Total) könnte der VfB erstmals in dieser Saison drei Erfolge in Serie feiern. Deshalb „halte ich diese Partie für ganz wichtig“, sagt Innenverteidiger Georg Niedermeier, der erneut trotz angebrochener Rippe spielen will.


Herr Niedermeier, am Samstag haben Sie in Hamburg trotz angebrochener Rippe gespielt. Nun steht die Partie gegen den 1. FC Kaiserslautern an – wie groß sind die Schmerzen noch?
Naja, die sind schon noch da, und das Training in dieser Woche konnte ich trotz Schmerzmitteln eher schlecht als recht mitmachen. Tief Luft holen, husten, laut sprechen – da ist es schon noch schmerzhaft.


Aber für das Spiel. . .
. . . geht’s schon.

Mit ordentlich Schmerzmitteln. Wie extrem war das in Hamburg?
Du liegst da, der Arzt verpasst dir ein paar Spritzen und erzählt nebenbei, dass er gerade auf deinem Rippenfell kratzt. Ich muss zugeben: Als es danach rausging zum Aufwärmen, war mir schon ein bisschen unwohl.

Sie hätten die Verletzung auch auskurieren können, wie zu Saisonbeginn den Ermüdungsbruch im Oberschenkel. Stand das nicht zur Debatte?
Nein, denn die Ärzte haben mir signalisiert, dass das Risiko, dass es noch schlimmer wird, nicht größer ist als in gesundem Zustand auch.

Und der Trainer will Sie seit geraumer Zeit ja ohnehin im Team haben, weil er Ihre Spielweise schätzt. Tut gut, oder?
Es freut mich natürlich, diese Rückendeckung zu spüren. Wir hatten zu Rückrundenbeginn eine schwierige Phase, wo in unserem Spiel die Klarheit gefehlt hat. Ich kenne meine Stärken und versuche, sie auf dem Platz einzubringen. Wenn mir das gelingt, bin ich einer, der andere auch mitnehmen kann.

Derzeit wird über die vielen geschossenen Tore geredet. Mit Ausnahme der Tore nach Standards in Hannover hat die Abwehr zuletzt aber auch wenig zugelassen. Bedingt das eine das andere?
Es ist tatsächlich eine Win-win-Situation. Die Stürmer wissen, dass wir hinten sicher stehen und dass sie dadurch ihre Möglichkeiten bekommen. Und wir hinten wissen, dass unsere Offensivspieler immer in der Lage sind, ein Tor zu machen. Dieses Selbstverständnis braucht man.

Um Schritt für Schritt noch stabiler zu werden. Ist das Team mittlerweile gefestigt?
Naja, dafür haben wir noch zu wenig gezeigt. Dazu haben wir uns in der bisherigen Saison als Mannschaft zu schnell von unserem Weg abbringen lassen. Gewinnst du mal ein Spiel höher, heißt es gleich, der Gegner war schlecht, verlierst du, ist der Abstieg gleich wieder ein Thema. Da müssen wir zielstrebiger unseren Weg weiterverfolgen, auch wenn mal ein Spiel verloren geht.

Gegen Kaiserslautern haben Sie wieder einmal diese Chance.
Im Moment haben wir den Trend in die richtige Richtung. Wir haben uns nach unten Luft verschafft, den Kampf gegen den Abstieg erst einmal ad acta gelegt – aber sollen wir deshalb träumen?

Vermutlich nicht.
Ganz sicher nicht. In unseren Köpfen ist, ganz ehrlich, nur das Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Diese Partie halte ich für ganz wichtig, weil wir erstmals in dieser Saison drei Spiele in Folge gewinnen können. Holen wir diesen Sieg, da bin ich mir sicher, kommt ein noch positiveres Gefühl rein – und was so etwas ausmachen kann, zeigen die Beispiel von Hannover in der vergangenen und Mönchengladbach in dieser Saison.

„Serdars Wort hat Gewicht“


Diese ständigen Stimmungswechsel fördern die Entwicklung von Struktur und Hierarchie innerhalb einer Mannschaft sicher nicht.
Klar ist es einfacher, wenn es erstmal bergauf geht, und sich die Strukturen festigen können. Dann kann man sportliche Täler vielleicht auch besser abfangen. Aber wir müssen die Situation nehmen, wie sie ist. Zunächst muss jeder Verantwortung für sich selbst übernehmen. Wenn das jeder macht, sind wir von der Qualität her so gut, dass wir oben mitspielen können.

Gibt es in dieser Mannschaft denn eine klare Hierarchie?
Ich glaube, die entwickelt sich so langsam. Das typische Alphatier haben wir im Moment vielleicht noch nicht, aber womöglich ist das auch gar nicht so entscheidend. Wichtiger ist doch, dass alle Respekt voreinander haben und dass eine gemeinsame Linie verfolgt wird. Auf dem Platz muss jeder Verantwortung übernehmen. Wenn da zu viele dabei sind, die sich rausnehmen, wird es schwierig.

Wenn jeder denkt, er kann seinen Senf zu allem dazugeben, kann es aber auch schwierig werden.
Jeder im Team muss die gleiche Denkweise haben, das gleiche Ziel. Wenn du dir einig darüber bis, wie die Ziele erreicht werden sollen, wenn das klar abgesteckt ist, dann kann jeder Verantwortung übernehmen.

Gibt es diese Einigkeit ?
Ja, im Moment gibt sie es.

Die Mannschaft ist also dabei, sich zu finden, im Sommer könnte wegen einiger auslaufender Verträge aber erneut ein personeller Umbruch stattfinden.
Wichtig ist, dass die Spieler, mit denen der VfB die Verträge verlängert hat, auf die der Verein langfristig baut, weiter Verantwortung übernehmen. Natürlich wird es immer Leute geben, die unzufriedener sind. Und es ist auch normal, dass es ein Kommen und Gehen gibt. Aber den einen und einzigen Führungsspieler haben wir sowieso nicht.

Ein Punkt in der Neustrukturierung der Mannschaft war die Ernennung von Serdar Tasci zum Kapitän.Wie sein Vorgänger Matthieu Delpierre gilt er als ruhiger Typ – aber muss ein Kapitän nicht auch mal das Wort führen?
Serdars Wort hat Gewicht, er ist, wie im Übrigen auch Matthieu, sehr anerkannt in der Mannschaft. Für den Kapitän ist es wichtig, dass er den Weg immer mitgeht und Bindeglied ist zwischen Mannschaft und Trainer. Serdar hat gute Leistungen gezeigt und sich das Amt verdient.

Trainer Bruno Labbadia hat immer wieder betont, er hätte in den vergangenen Monaten seine Anforderungen reduzieren und Schritte zurückgehen müssen – auch auf Wunsch des Teams. Haben Sie mittlerweile eine gemeinsame Linie gefunden?
Der Weg, den wir gehen wollen, war schon immer klar – aber das geht eben nur in einzelnen Etappen, so etwas muss sich entwickeln. Und wenn es immer wieder Rückschläge gibt, dann stellt das eben auch einiges infrage.

Hat sich die Mannschaft denn tatsächlich überfordert gefühlt von den Ansprüchen, die der Trainer formuliert hat?
Es war nie so, dass wir gesagt haben: Trainer, jetzt hören Sie mal, wenn wir so weitermachen, steigen wir ab. Es waren Kleinigkeiten, die angeregt wurden, und das heißt nicht, dass der Trainer falsch liegt. Der Coach hat zeitweise gemerkt, dass wir noch nicht soweit sind – dieses Gespür muss ein guter Trainer auch haben. Das hat Bruno Labbadia, wie ich finde, sehr gut gemacht.