Wichtiger Treffer in Mainz: Wataru Endo (li.) erzielte nach Vorarbeit von Silas Katompa das 1:1 – am Ende siegte der VfB Stuttgart 4:1. Foto: dpa/Torsten Silz

Beim VfB Stuttgart zeigt Wataru Endo wieder seine Qualitäten als Anführer. Viele Worte braucht der Japaner nicht, um Führungsstärke zu demonstrieren. Weshalb ihn einer seiner Vorgänger in den höchsten Tönen lobt.

Hätte der Ball auf irgendeine andere Art den Weg ins Tor des 1. FSV Mainz 05 gefunden – vermutlich hätte man dann noch lange von diesem atemberaubenden Sprint gesprochen, den Silas Katompa vor dem 1:1 des VfB Stuttgart bei den Rheinhessen dargeboten hatte. Von fast ganz hinten nach fast ganz vorne war der Kongolese gerannt, hatte den Mainzer Gegenspieler fast mühelos abgeschüttelt und dann noch klug quergelegt. Doch was dann passierte, war eben noch aufsehenerregender.

 

Wataru Endo kam herangestürmt. Mit dem linken Fuß nahm er den Ball an, ließ ihn so prallen, dass vor dem Schuss kein weiterer Kontakt nötig war. Mit dem rechten Außenrist traf er die Kugel dann knapp über dem Boden – Momente später zappelte die im Netz. Und diese ganze Aktion hatte gezeigt, welche Bedeutung der Kapitän im Schlussspurt dieser Saison für seine Mannschaft hat. „Er ist“, sagt Guido Buchwald, „die Lebensversicherung des VfB.“

Buchwald kann gut nachvollziehen, was es heißt, eine Mannschaft anzuführen. Von 1986 bis 1994, so lange wie sonst keiner, trug der Weltmeister von 1990 die Kapitänsbinde der Stuttgarter, ist heute Ehrenspielführer des VfB – und verfolgt seinen Nachfolger mit besonderem Blick. Wenn er dann über Wataru Endo spricht, klingt viel Respekt durch.

„Ein absoluter Kapitän“ sei der Japaner, sagt Buchwald, „allein durch seine Power und Zweikampfstärke“ führe er das Team an. Und von der gemeinhin stillen Art des 30-Jährigen solle man sich ja nicht täuschen lassen. Denn: „Wenn er etwas sagt, dann hat das Gewicht, hat Hand und Fuß.“ Zusammengefasst nennt Buchwald den Japaner auch einfach dies: einen Mentalitätsspieler.

Lob von Sportdirektor Wohlgemuth

Dass es in schwierigen Phasen auf ebensolche Profis ankommt, ist keine Neuigkeit. Tatsächlich aber hatte auch Wataru Endo nicht nur gute Zeiten in dieser Saison. Die WM mit Japan zehrte an den Kräften. Als er aus Katar zurückkam, setzte ihn Bruno Labbadia auf der offensiveren Achter-Position ein. Nicht die beste Wahl für Endo selbst, der lieber etwas defensiv auf der Sechs agiert.

Nun, in der entscheidenden Phase der Spielzeit, lebt der Kapitän unter dem Trainer Sebastian Hoeneß aber wieder vor, was es braucht, um doch noch in der Liga zu bleiben – Führungsstärke. Fabian Wohlgemuth sagt: „Er ist mit seiner Art ein stiller Lenker.“ Aber auch fußballerische Qualität. „Sein Ausgleichstor in Mainz war enorm wichtig für den weiteren Spielverlauf und ganz nebenbei auch technisch sehr anspruchsvoll“, ergänzt der Sportdirektor des VfB.

In einer Mannschaft, in der das Wort Leistungskonstanz nicht jedem bekannt zu sein scheint, ist Wataru Endo mit all diesen Fähigkeiten eine der wenigen Konstanten. Und das nicht nur in dieser Saison. 33 Einsätze hatte er 2020/2021, ebenso viele in der vergangenen Saison. Und auch in dieser Runde hat er erst einmal gefehlt. Dazu ist er nach Waldemar Anton der VfB-Spieler, der die zweitmeisten Kilometer abgespult hat (344,6). Keiner in Stuttgart hat mehr intensive Läufe absolviert (2193). Und ligaweit steht er auf Rang vier bei den gewonnenen Zweikämpfen (431) – bei nur drei Gelben Karten.

Dazu kommt: All seine fünf Saisontore sorgten für Siege oder Punktgewinne. Gerade die letzten beiden in Augsburg und Mainz jeweils zum 1:1 waren besonders wichtig. „Dass Wataru ein Mann für die ganz wichtigen Tore ist, ist allen, die dem VfB nahestehen, ja vom letzten Spieltag der vergangenen Saison noch in bester Erinnerung“, sagt dazu Wohlgemuth. Im letzten Spiel köpfte er im Mai 2022 den VfB in der Nachspielzeit zum direkten Klassenverbleib. „Legendo“ war geboren. Und ist nun wieder gefragt.

Der Vertrag läuft noch bis Mitte 2024

Erneut am letzten Spieltag will der VfB am Samstag (15.30 Uhr) gegen 1899 Hoffenheim Platz 15 sichern. Wataru Endo, darauf können sich die Fans verlassen, wird alles dafür tun, damit dies gelingen kann.

Was danach kommt? Ist eigentlich klar, denn der Vertrag des 30-Jährigen, der den VfB einst nur zwei Millionen Euro an Leihgebühr und Ablöse gekostet hat, läuft noch bis 2024. Der Kontrakt läuft aber eben auch nur noch bis 2024, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass Endo seine schon länger vorhandenen Gedanken an die englische Premier League intensiviert. „Dort zu spielen ist für viele japanische Fußballer eine noch größere Auszeichnung, als in der Bundesliga aktiv zu sein“, sagt Buchwald, der die asiatische Fußballseele gut kennt, seit er in Japan als Spieler und Trainer aktiv gewesen ist. Raten wird er Endo zu einem solchen Schritt dennoch nicht. „Ich hoffe“, sagt der Ehrenspielführer des VfB, „dass er noch eine Weile in Stuttgart bleibt.“ Da ist er nicht der Einzige.