Der VfB geht die Trainersuche perspektivisch an – und muss auf einen Wunschkandidaten vermutlich noch warten. Weshalb es mit Huub Stevens wohl noch weitergeht.
Der VfB geht die Trainersuche perspektivisch an – und muss auf einen Wunschkandidaten vermutlich noch warten. Weshalb es mit Huub Stevens wohl noch weitergeht.
Stuttgart - Besonders lange ist Bernd Wahler ja noch nicht Präsident beim VfB Stuttgart, an Episoden, an die er sich erinnern kann, mangelt es dennoch nicht. Schließlich gab es die schon vor seinem Start als Clubchef. Im August 2013 war Wahler bereits gewählt, aber noch nicht im Amt. In die Entscheidung, sich von Trainer Bruno Labbadia zu trennen, war er dennoch eingebunden, ebenso in die Suche nach einem Nachfolger. Und damals wie heute war ihm wichtig: Schaut nach Leuten mit VfB-Vergangenheit – oder gleich im eigenen Stall. Wenig später war Thomas Schneider Cheftrainer.
Ein smarter Typ, der einst das VfB-Trikot trug, ein erfolgreicher Jugendtrainer, ein Coach mit offensiver Philosophie und dem Mut auf junge Spieler zu setzen – mehr Charme konnte eine Lösung für den VfB gar nicht haben. Nur: Es ging schief. Dann kam der Gegenentwurf zu Thomas Schneider.
Die Entscheidung in sportlicher Not für Huub Stevens war logisch. Der Erfolg gibt den VfB-Strategen recht, die Rettung vor dem Abstieg steht unmittelbar bevor. Danach aber steht wieder eine Entscheidung in der Trainerfrage an. Fällt sie wieder zugunsten des Niederländers aus, wäre sie diesmal eher unlogisch. Auf den ersten Blick.
Der VfB will modern sein, sein Image als Entwicklungsstandort für junge Trainer und Spieler schärfen, wirbt bei Sponsoren mit diesen Argumenten und treibt die Markenbildung in die entsprechende Richtung voran. Stevens, der in diesem Jahr 61 Jahre alt wird, wirkt da wie aus der Zeit gefallen. Der ehemalige Verteidiger aus Sittard ist kein Prediger des Offensivgeists, seine öffentlichen Auftritte nehmen einen nicht unbedingt mit auf die emotionale Reise der großen Gefühle, und weil er dennoch der richtige Mann zur richtigen Zeit war, hätte es nach der Sicherung des Klassenverbleibs heißen können: Danke für die Rettung, auf Wiedersehen. Vermutlich kommt es anders.
Stuttgarter Vergangenheit und moderne Philosophie?
Denn einerseits gilt: Alles eine Frage der Alternative. Bernd Wahler hätte liebend gerne wieder einen Mann mit Stuttgarter Vergangenheit und moderner Philosophie auf der Trainerbank sitzen. Auf Ralf Rangnick, Fußballchef bei Red Bull, passt diese Beschreibung. Thomas Tuchel passt – auch qua seines Alters – wohl noch besser. Allerdings besitzt der 40-Jährige beim FSV Mainz 05 noch einen Kontrakt bis 2015 und sagt über sich: „Ich will für Identifikation und Vertragstreue stehen.“ Zudem hat er den VfB mit seinen Mainzern sportlich zuletzt überholt, betont seine „hohe Arbeitszufriedenheit“ und sagte einst zu einem möglichen Weggang aus Mainz: „Natürlich will ich auch mal um Titel spielen, in der Champions League dabei sein.“ Aber es müsste „schon ein großes Paket sein, um zu wechseln“.
Der VfB allerdings kann jungen Trainern, die bereits ihre Klasse nachgewiesen haben, derzeit nur bedingt den nächsten Karriereschritt bieten. Roger Schmidt (Red Bull Salzburg) wird Coach in Leverkusen, Robin Dutt ist in Bremen zufrieden, Markus Weinzierl hat den FC Augsburg im gesicherten Mittelfeld etabliert.
Der VfB muss die Trainerfrage also perspektivisch angehen. Für den Jugendbereich scoutet der Club nicht nur Spieler, sondern auch Coaches, schließlich lautet der Anspruch, nicht nur Topspieler zu entwickeln, sondern auch Trainer. Ist ein Coach ins Blickfeld des VfB geraten, wird er bei Spielen und im Training beobachtet. Seine Spielphilosophie wird analysiert, der Club holt wichtige Informationen ein. Im Idealfall identifiziert sich ein Kandidat voll mit der Aufgabe mit dem Nachwuchs, bietet aber auch die Perspektive, sich zu einem Mann für den Profibereich mausern zu können.
Erfahrung ist der entscheidende Punkt
Vorerst wird Sportvorstand Fredi Bobic im eigenen Stall aber nicht fündig werden. Zudem hat das Beispiel Thomas Schneider gezeigt: Die Ausbildung der deutschen Fußballlehrer wird zwar immer besser, das Fach Erfahrung gehört aber nach wie vor nicht zum Lehrplan an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef. Zwar existiert keine Datenbank wie bei Spielern, natürlich speichert der VfB aber auch die Listen der Absolventen der Trainerschmiede ab, noch einmal werden Bobic und Wahler aber wohl nicht einen Bundesliga-Neuling auf die Bank setzen. Weshalb viel darauf hindeutet, dass das Saisonende in eineinhalb Wochen nicht das Ende der Amtszeit von Huub Stevens in Stuttgart ist – so er denn selbst bereit ist und keinen langfristigen Vertrag fordert. Viele sagen mittlerweile: Warum auch nicht?
Dem VfB hat er schnell Stabilität verliehen, die Annahme, er baue ausschließlich auf erfahrene Spieler, hat er längst widerlegt – durch das Aufbieten von Daniel Didavi und Carlos Gruezo sowie das Festhalten an Antonio Rüdiger. Und ob nach den Erfahrungen der vergangenen Monate eine schnelle Rückkehr zum Offensivspektakel ratsam wäre, ist ohnehin fraglich. Vielmehr könnte Stevens’ Erfahrung beim Neustart nach einer Horrorsaison noch einmal gefragt sein – bevor 2015 das eigentliche VfB-Konzept wieder richtig greift. Im Sinne von Bernd Wahler.