Der VfB Stuttgart trat kürzlich gegen den 1. FSV Mainz 05 in Trikots mit einem bunten Brustring an. Foto: Baumann

Mehrere Hundert Fußballerinnen und Fußballer beteiligen sich an einer Initiative zur Unterstützung homosexueller Spielerinnen und Spieler. Auch der VfB Stuttgart ist dabei.

Stuttgart - Wieder ein Schritt in die richtige Richtung.“ Mit diesen Worten kommentierte Thomas Hitzlsperger, der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart, am Mittwoch eine Aktion, mit der das Fußball-Magazin „11Freunde“ bundesweit Aufsehen erregt hat. Mehr als 800 deutsche Fußballerinnen und Fußballer haben unter dem Motto „Ihr könnt auf uns zählen“ homosexuellen Spielerinnen und Spielern ihre Unterstützung zugesagt. Auch für ein mögliches Coming-out noch während der aktiven Karriere.

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„Wir werden euch unterstützen und ermutigen und, falls notwendig, auch gegen Anfeindungen verteidigen. Denn ihr tut das Richtige, und wir sind auf eurer Seite“, heißt es in dem Solidaritätsschreiben, welches das Magazin in seiner jüngsten Ausgabe veröffentlicht – und das damit in Widerspruch steht zu den Aussagen, die am Mittwoch die „Bild“-Zeitung aus dem neuen Buch von Philipp Lahm zitierte.

Philipp Lahm warnt vor Coming-out

Der frühere Nationalspieler und Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014 rät darin von einem öffentlichen Bekenntnis zur Homosexualität während der sportlichen Laufbahn ab. „Gegenwärtig schienen mir die Chancen gering, so einen Versuch in der Bundesliga mit Erfolg zu wagen und nur halbwegs unbeschadet davonzukommen“, so der frühere Mannschaftskapitän des FC Bayern, der in seinem Buch „auf Gefahren hinweisen“ wolle.

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Man müssen sich ein Coming-out „genau überlegen“, bekräftigte Lahm, der einem Spieler, der mit dem Gedanken spiele, „nicht einmal raten“ würde, „sich mit seinen Mitspielern im eigenen Club über dieses Thema zu unterhalten“. Den Entschluss von Thomas Hitzlsperger, heute DFB-Botschafter für Vielfalt, sich im Anschluss an die Karriere zu outen, hält Lahm für „lebensklug“.

Auch der VfB setzt ein Zeichen für Vielfalt

Philipp Lahm betonte aber auch, er fände ein Coming-out eines aktiven Profifußballers wünschenswert, er bezweifelt aber die „Reife“ mancher im System Profifußball Beteiligten, damit umzugehen. So ähnlich sehen das auch die Unterstützer der „11Freunde“-Aktion. „Auch im Jahr 2021 gibt es keinen einzigen offen homosexuellen Fußballer in den deutschen Profiligen der Männer“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. „Die Angst, nach einem Coming-out angefeindet und ausgegrenzt zu werden und die Karriere als Profifußballer zu gefährden, ist offenbar immer noch so groß, dass schwule Fußballer glauben, ihre Sexualität verstecken zu müssen.“ Aus diesem Grund gibt es nun diese Initiative, die auch das Team des VfB Stuttgart unterstützt. Die Anfrage des Magazins wurde vom Verein an den Mannschaftsrat herangetragen. Unter Federführung von Pascal Stenzel wurde das Thema im Team besprochen, der Defensivspezialist spielte die gemeinsame Haltung der Profis dann zurück.

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Erst kürzlich war der VfB Stuttgart in seinem Heimspiel gegen den 1. FSV Mainz 05 in einem Trikot mit einem Brustring in Regenbogenfarben angetreten, „ein starkes Zeichen für Vielfalt“ wollte der Club damit laut Hitzlsperger setzen. Das Signal kam an – über 10 000 Anhänger des Aufsteigers kauften sich im Anschluss dieses Shirt.

Max Kruse würde einen Kollegen „schützen“

Zu den Unterzeichnern des aktuellen Appells gehören nun neben dem VfB Stuttgart weitere komplette Teams (etwa Borussia Mönchengladbach) oder ganze Clubs (zum Beispiel Borussia Dortmund), zahlreiche bekannte Profis wie Max Kruse (1. FC Union Berlin), Niklas Stark (Hertha BSC) oder Jonas Hector (1. FC Köln) sowie die Nationalspielerinnen Almuth Schult und Alexandra Popp (VfL Wolfsburg). Niemand solle zu einem Coming-out gedrängt werden, betonen die Unterzeichner. „Das ist die freie Entscheidung jedes Einzelnen. Aber wir wollen, dass sich jeder, der sich dafür entscheidet, unserer vollen Unterstützung und Solidarität sicher sein kann.“

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Abseits dieser gemeinsamen Erklärung äußerte sich unter anderem Max Kruse. „Wenn sich einer meiner Kollegen outen würde, würde ich ihn vor den Idioten draußen schützen“, sagte der 32-jährige Stürmer von Union Berlin. Philipp Lahm wertet den Appell der meinungsstarken Ex-Kollegen positiv. Je mehr das Thema in der Öffentlichkeit sei, umso hilfreicher sei das, sagte er.

Im Kampf gegen Homophobie in den Stadien haben sich in den vergangenen Jahren die Ultra-Gruppierungen der Fanszene sehr engagiert. Auch Verbände wie der DFB sprechen sich immer wieder gegen Diskriminierung von Homosexuellen aus.