VfB-Nachwuchsstürmer Timo Werner: Ein Talent drängt unaufhaltsam nach oben Foto: Pressefoto Baumann

Er ist schnell, robust und trifft fast nach Belieben: Timo Werner (17) bringt alles mit, was einen künftigen Bundesligastar ausmacht. Der VfB Stuttgart baut sein Juwel behutsam auf.

Stuttgart - Die letzte Chance kam im letzten Testspiel vor der neuen Saison, zehn Minuten vor Schluss. Timo Werner nahm mit dem linken, seinem schwächeren, Fuß Maß, trat gegen den Ball – und drin war er. „Endlich“, sagte Timo Werner und strahlte nach dem 2:0-Sieg gegen den türkischen Erstligisten Belediyespor am vergangenen Samstag in Friedrichshafen. Auf der Tribüne des Zeppelinstadions sprang sein Vater Günther Schuh auf und jubelte: „Dieses Tor hat sich Timo so gewünscht. Ich freue mich mit ihm.“

Der erste Treffer für die Profis ist ein weiterer Markstein auf Werners Weg nach oben: aus dem Nichts ins Rampenlicht. Solche Aufstiege sind schon vielen gelungen, aber nur wenigen in dem Affentempo, das Timo Werner vorlegt: Im B-Jugendalter spielte er bereits für die A-Junioren des VfB, jetzt schnuppert er vor seinem ersten offiziellen A-Juniorenjahr bei den Profis rein, mit denen er die Vorbereitung bestritt. Und überall, wo er auftrat, glänzte er mit Toren, vielen Toren.

Bruno Labbadia ist begeistert

In der B-Junioren-Saison 2011/12 gelangen ihm 24 Treffer in 24 Spielen, bei den A-Junioren waren es 24 Treffer in 23 Spielen. Die logische Folge: Werner muss den steten Vergleich mit einem berühmten Vorgänger aushalten – er gilt als das größte VfB-Talent seit Mario Gomez. Der hatte einst in elf Spielen für die A-Junioren des VfB 14 Tore erzielt, da muss sich Timo Werner nicht verstecken: Nimmt man seine Einsätze für die U-17- und U-19-Auswahlteams des DFB dazu, hat Werner vergangene Saison 43 Tore in 41 Spielen erzielt. „Er hat außergewöhnliche Fähigkeiten“, staunt Sportdirektor Fredi Bobic und zählt auf: „Zug zum Tor, Torriecher, Schnelligkeit, guter Abschluss.“ Auch Trainer Bruno Labbadia ist begeistert: „Timo ist ein frecher Kerl. Seine Einstellung gefällt mir. Er ist sehr wissbegierig. Es macht viel Freude, mit ihm zu arbeiten.“

Talent, Ehrgeiz und vorbildliches Auftreten waren auch die Gründe, dass der Deutsche Fußball-Bund Werner nun die Fritz-Walter-Medaille im U-17-Bereich verleiht, die höchste Auszeichnung für Nachwuchsspieler. „Timo ist ein Knipser, hat eine gute Athletik und ist schnell“, sagt Stefan Böger, sein ehemaliger U-17-Bundestrainer, „er ist sehr weit in seiner Entwicklung.“

Das gilt auf und neben dem Platz, an beidem hat sein Elternhaus großen Anteil. Werner ist in Bad Cannstatt geboren, in Steinhaldenfeld aufgewachsen und seit der F-Jugend beim VfB. Sein Vater Günther Schuh war einst Rechtsaußen bei 07 Ludwigsburg und den Stuttgarter Kickers. „Als ich klein war, hat er mir die Bälle zugespielt, und ich habe aufs Tor geschossen, immer wieder“, erinnert sich Timo Werner. Mehr noch: „Erst haben wir meine Schusstechnik mit dem rechten Fuß geübt, dann mit dem linken.“ Dazu zeichnen ihn Dynamik und Instinkt aus. Werner lauert nicht nur im Strafraum, sondern holt sich die Bälle auch aus der Tiefe. Vor dem Tor fackelt er nicht lange: „Wenn ich zu viel nachdenke, treffe ich weniger.“

2014 will Timo Werner Abitur machen

So ist seine Karriere vorgezeichnet, falls er von Verletzungen frei- und im Kopf klar bleibt. „Timo ist in einem außergewöhnlichen Elternhaus aufgewachsen“, sagt der langjährige VfB-Jugendleiter Frieder Schrof, „seine Eltern sind bodenständig und vernünftig, Timo selbst ist anständig, wohlerzogen und erfolgsorientiert.“ Was ihn nicht vor Versuchungen bewahrt. Längst heißt es, Bayern München und speziell dessen Sportvorstand Matthias Sammer sei hinter Timo Werner her. Auch Clubs wie Real Madrid und der FC Barcelona haben Lunte gerochen. Doch Werner bleibt ruhig: „Der VfB ist bekannt für seine gute Jugendarbeit. Wenn ich eine Chance bekomme, dann hier.“

Ob er wirklich, wie angedacht, zunächst für die U 19 und den VfB II spielt, ist nicht mehr sicher. Im Europa-League-Spiel gegen Plovdiv an diesem Donnerstag steht er im Kader, womöglich bleibt er dort auch, mit der nötigen Rücksichtnahme auf sein Abitur 2014. „Die Abmachung mit dem Vater lautet: Schule geht vor“, sagt Bruno Labbadia. Timo Werner jedenfalls ist bereit – und voller Tatendrang. 2012 verlor er mit der deutschen U 17 das EM-Finale gegen die Niederlande und mit dem VfB das deutsche B-Jugendfinale. „Ich habe noch keinen Titel gewonnen“, sagt er, „so langsam wird es Zeit.“