Applaus trotz Europapokal-Aus: VfB-Trainer Thomas Schneider Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB steht an diesem Sonntag gegen 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky) unter Druck. Nach drei Niederlagen soll der erste Saisonsieg in der Bundesliga her – Hoffnung machen die Verbesserungen aus dem Spiel gegen HNK Rijeka.

Stuttgart - Fußball ist ein komisches Geschäft. Da fliegt der VfB schon in den Play-offs aus der Europa League raus, weil er es nicht schafft, die kroatische Außenseitertruppe von HNK Rijeka auszuschalten – und was passiert? Die Fans feiern, der neue Trainer spricht von seiner Gänsehaut und der tollen Atmosphäre, und auch am Tag danach ist immer noch viel zu spüren von einer Aufbruchstimmung beim Club aus Cannstatt. „Ich glaube, man hat schon kurz vor dem Spiel gemerkt, dass ich zufrieden war mit meinen Jungs“, sagt der neue Coach Thomas Schneider. Das Klima beim VfB, es ist auch fünf Tage nach Schneiders Dienstbeginn noch geprägt von der Erleichterung darüber, dass die bleierne Zeit unter Ex-Trainer Bruno Labbadia vorbei ist. Trübsal blasen war gestern, heute soll der Aufbruch her– Europapokal-Aus hin oder her.

Bei den Spielern ist das so, bei den Fans sowieso, und der neue Mann an der Seitenlinie tut alles, um die Stimmung vor dem Duell gegen 1899 Hoffenheim an diesem Sonntag anzuheizen (15.30 Uhr/Sky). Schneider startet eine Charme-Offensive und lobt seine neue Mannschaft, wozu er nach der verbesserten Leistung beim 2:2 gegen Rijeka gute Gründe hat. Denn es gibt sie, die Mutmacher – aber dazu auch noch viele Baustellen. Das neue System: Thomas Schneider hat klare Vorstellungen davon, was besser werden muss beim VfB. Nach drei Niederlagen aus den ersten drei Liga-Spielen fordert er von seinen Profis Stabilität und Kompaktheit auf dem Platz. Die Grundordnung ist dabei ein 4-4-2-System und nicht mehr ein 4-2-3-1, wie es Labbadia meist vorgab. „Durch das 4-4-2 verteidigen wir nur noch auf drei Linien – im Sturm, dem Mittelfeld und der Abwehr“, sagt Schneider. In der alten Formation sei die Abwehrarbeit für die Spieler komplizierter gewesen, jetzt würden sich die Dinge vereinfachen, meint der Coach: „Wir hatten gegen Rijeka schon einige gute Balleroberungen und haben auch kompakt nach vorne verteidigt – aber es ist ja klar, dass noch einige Automatismen fehlen in der neuen Grundordnung.“ Der neue Sechser: Schneider wird sein Team meist mit zwei zentralen Mittelfeldmännern vor der Abwehr ins Rennen schicken – einer davon ist William Kvist. Der Däne hatte unter Labbadia keine Rolle mehr gespielt, Schneider will ihn nun wieder zum starken Mann machen. „Wir brauchen eine Konstante auf dieser Position“, sagt der Coach, „und William kann es werden. Wir brauchen einen Profi, der Ballverluste voraussieht, gut steht und eine Absicherung für uns ist.“

Kvist scheint Schneiders Botschaft verstanden zu haben – gegen Rijeka spielte er neben dem offensiver ausgerichteten Christian Gentner stark, und danach sprach er so, als sei er nie draußen gewesen aus der Startelf. „Ich bin eingespielt mit Gente, wir verstehen uns sehr gut, und es ist klar, dass ich dann die defensiven Kommandos gebe“, sagte der Däne, „wenn ich ran darf, gebe ich immer Vollgas, ich hoffe, die Zuschauer haben das gesehen.“ Ein möglicher Wechsel Kvists scheint nun vom Tisch. Die Aktien des defensiven Mittelfeldmanns sind unter Schneider wieder rapide gestiegen, weshalb Arthur Boka, der Kvist unter Labbadia als Sechser verdrängt hatte, gegen Rijeka auf seine angestammte Linksverteidigerposition zurückkehrte. Die neue Spielfreude: Wo unter Labbadia noch gezaudert wurde, trauten sich die Profis in der ersten Partie unter Schneider wieder etwas zu. Wo die Bälle früher planlos nach vorne gebolzt wurden, war nun schon wieder so etwas wie Spielkultur zu erkennen, auch wenn längst noch nicht jedes Rädchen ins andere griff. „Wir haben ordentlich nach vorne gespielt und alles rausgehauen“, sagt Schneider. Erfrischend war dabei wieder einmal der unbekümmerte Auftritt von Jungstürmer Timo Werner (17), der nach seiner Einwechslung auf der linken Mittelfeldseite ordentlich Betrieb machte und sich für die Startelf gegen Hoffenheim empfahl. „Durch den neuen Trainer haben viele von uns die Möglichkeit, sich neu zu beweisen, auch darin liegt unsere große Chance“, sagt Vize-Kapitän Christian Gentner. Die alten Unsicherheiten: Nach den individuellen Patzern, die zu den Gegentoren gegen Rijeka führten, legte Schneider den Finger in die Wunde: „Fakt ist, dass wir zu leichte Fehler machen. Wenn wir das nicht schleunigst abstellen, gewinnen wir keine Spiele.“ Auch Vize-Kapitän Gentner übte Kritik. „Beim 2:2 fliegt uns in der Nachspielzeit ein Konter um die Ohren, das darf nicht passieren. Wir haben sicher zu viel riskiert“,sagte er. Und Stürmer Cacau forderte, „dass wir viel konzentrierter und konsequenter sein müssen.“

Fakt ist: Gegen Rijeka lief schon vieles besser als zuletzt – aber gegen Hoffenheim braucht der VfB eine weitere Steigerung, um den ersten Sieg in der Liga einzufahren.