Der Kampf um die Europapokal-Plätze in der Bundesliga ist in vollem Gange – er ist mit Blick auf die Tabelle ein enger und harter. Was zeichnet die zahlreichen Konkurrenten des VfB Stuttgart aus?
Nick Woltemade wusste um die Bedeutung des 3:1-Siegs am vergangenen Sonntag beim 1. FC Heidenheim. Spontan und tief abgestürzt war der VfB Stuttgart nach den Spielen am Freitag und Samstag in der Bundesliga-Tabelle – weshalb der Dreier im Rennen um die Europapokal-Plätze von enormer Wichtigkeit war. Auch auf Sicht, um diese Botschaft an die Konkurrenz zu senden: Hey, wir sind da, da oben. Und: Mit uns ist zu rechnen. Oder, um es mit VfB-Stürmer Woltemade zu sagen: „Nach den bisherigen Partien an diesem Spieltag waren wir Elfter, das sah noch nicht so gut aus.“
Jetzt sieht es wieder besser aus, denn der VfB ist mit dem Erfolg in Heidenheim mit nun 23 Punkten auf Platz sechs geklettert – was nichts daran ändert, dass der Kampf um die Europapokal-Plätze ein harter bleibt.
Klar, da sind zum einen die Schwergewichte der Liga, die Top Vier mit dem FC Bayern München, Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt und RB Leipzig. Auf die beiden Letztgenannten hat der VfB kurz vor dem Jahresabschluss am Samstag gegen den FC St. Pauli (15.30 Uhr) jeweils nur vier Punkte Rückstand.
Die Konkurrenz drängt nach
Allerdings: Auch von unten drängt die Konkurrenz nach mit Blick auf den Kampf um Platz fünf und sechs. Und mit Ausnahme des gerade mal wieder konstant inkonstant auftretenden Tabellenachten namens Borussia Dortmund sind bei diesem Rennen fast nur Teams am Start, die man bis vor Kurzem noch nicht unbedingt auf dem Zettel hatte für eine Europapokal-Teilnahme – weil sie entweder in der vergangenen oder im Laufe dieser Saison teils deftige Krisen durchlebt haben.
Fakt ist: Zwischen dem aktuellen Tabellenfünften SC Freiburg (24 Punkte) und dem Elften Borussia Mönchengladbach (21) liegen aktuell nur drei Zähler Abstand. Der VfB steht mit seinen 23 Punkten auf dem besagten sechsten Platz, der zur Teilnahme an der Europa League berechtigt. Um diesen sowie um Rang fünf kämpfen aktuell also satte sieben Teams.
Beim Fünften in Freiburg ist dabei im Laufe dieser Saison trotz einiger Ausnahmen und Formdellen das eingetreten, wovon sie geträumt hatten im Breisgau: von einem möglichst geräusch- und reibungslosen Übergang vom ewigen Kulttrainer Christian Streich zu dessen Nachfolger Julian Schuster. Der neue Coach modifizierte einige Dinge, lässt nun höher pressen und etwas mutiger spielen – was die Club-Ikone Streich selbstredend nicht vergessen macht, denn das wird niemals passieren in Freiburg. Vielmehr sorgt Schuster mit seinen fixen Abläufen und Strukturen dafür, dass über Streich inzwischen gar nicht mehr so oft geredet wird, wie es manche im inneren Zirkel des SC vielleicht im Sommer befürchtet hatten.
Stabile Mainzer
Ähnlich stabil ist inzwischen auch der Tabellensiebte FSV Mainz unterwegs. Der 2:1-Sieg zuletzt gegen den FC Bayern war hochverdient, die Nullfünfer agieren zupackend und mutig. Mainz spielt Powerfußball – vorgelebt und vorgegeben vom dänischen Trainer-Irrwisch Bo Henriksen, der mit seinem Enthusiasmus ein ganzes Stadion mitreißen kann. Obendrein haben die Mainzer in dem zurzeit verletzten Jonathan Burkardt (zehn Saisontore) eine der heißesten deutschen Sturm-Aktien der Zukunft in ihren Reihen.
Auch der Tabellenachte Werder Bremen startet durch. Und auch hier lässt sich wie bei Mainz und Freiburg sagen: Alles wirkt gefestigt, weil der Trainer Ole Werner seinen meist auf Dominanz ausgelegten Ballbesitzfußball nun schon seit längerer Zeit aufbauen konnte – und ihm an der Weser auch nach teils heftigen Leistungsschwankungen in der vergangenen Saison das Vertrauen ausgesprochen wurde.
Ähnlich war und ist die Lage beim nächsten großen Traditionsverein Borussia Mönchengladbach. Nach schwacher Vorsaison und schwachem Auftakt in die laufende Runde hat sich das Team des Schweizer Trainers Gerardo Seoane gefangen und gefunden. Die Abläufe beim Tabellenelften sind inzwischen austariert – mit Neuzugängen wie dem Stürmer Tim Kleindienst hat die Borussia das vorher nicht vollständige Puzzle auf dem Platz komplettiert: zu einem Gesamtbild, das Kleindienst als entscheidendes Teil im Angriff vervollständigt. Der noch vor wenigen Wochen angezählte Coach Seoane hat die Kurve mit seiner Elf bekommen. Er sitzt nun fester im Sattel der Fohlen denn je.
Bleibt noch der VfL Wolfsburg, der nach ergebnistechnisch missratenem Saisonstart nun auch mittendrin ist im Kampf um Europa. Im Fall der Wölfe lässt sich sagen, dass einige Auftritte schon zu Saisonbeginn gegen starke Gegner teils gut waren und das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl dann dessen aggressive Draufgänger-Spielweise gegen schwächere Teams umsetzte – und so eine Erfolgsserie startete.
Der VfB Stuttgart also hat in dieser Saison viele starke Konkurrenten im Kampf um die Europapokal-Plätze. Und zumindest die Teams aus Freiburg, Mainz, Bremen, Wolfsburg und Gladbach eint ein womöglich mitentscheidender Vorteil: Sie waren und sind in dieser Runde nicht international auf Reisen – und gehen deshalb auf Sicht ausgeruhter ins Rennen um Europa.