Bilder von Tobias Rathgeb gibt's hier. Foto: Baumann

Tobias Rathgeb ist vor einem halben Jahr zum VfB zurückgekehrt. Wir haben mit ihm gesprochen.

Stuttgart - Tobias Rathgeb ist vor einem halben Jahr zum VfB Stuttgart zurückgekehrt. Mit uns hat er über sein Kapitänsamt, seine Bundesliga-Ambitionen und seinen Ex-Verein Hansa Rostock gesprochen. Dort haben ihn die Fans begeistert. Noch toller findert er nur seinen Neffen.

Eines Ihrer schönsten Tore haben Sie gegen den VfB Stuttgart geschossen. Hansa Rostock hat dieses Bundesligaspiel 2:1 gewonnen. Gibt es nun die Revanche?
Ich hätte nichts dagegen. Viel wichtiger ist aber, dass wir gewinnen. Gute Chancen haben wir. Rostock hat viel an Erfahrung eingebüßt und ist im Vergleich zu anderen Teams in der dritten Liga unerfahrener. Für unsere junge Mannschaft ist das ein Vorteil.

In Rostock gab es einen großen Umbruch. Ist das Spiel für Sie überhaupt noch etwas Besonderes?
Auf jeden Fall. Das wird emotional. Es sind noch viele Spieler aus meiner Zeit dabei und das Team hinter dem Team ist auch noch das gleiche. Ich freue mich zum Beispiel, den Busfahrer und den Materialwart wieder zu treffen. Und natürlich auch auf Stefan Beinlich, den Manager. Zu den Rostockern habe ich eine besondere Bindung. Wir sind gemeinsam aufgestiegen und wieder ab. Das schweißt zusammen.

Für Rostock haben Sie 30 Bundesligaspiele absolviert. Jetzt spielen Sie in der dritten Liga. Ist das nicht ein Rückschritt?
Außenstehende könnten das so sehen. Aber ich war mehr als neun Monate verletzt und bin froh, dass ich eine Chance bekommen habe, um mich wieder heranzuarbeiten.

Vor sechs Jahren haben Sie den VfB Richtung Norden verlassen. Hat sich die Zeit in Rostock gelohnt?
Es war eine neue Erfahrung, die mich auf jeden Fall weitergebracht hat. Es ist wichtig, sich immer wieder zu verändern. Nicht nur sportlich. Mich haben zum Beispiel die Region und die Menschen sehr fasziniert. Die Fans identifizieren sich sehr mit Hansa. Das ist schon bundesligareif. Auch wenn es nicht so läuft, halten alle zur Mannschaft. Die letzten zwei Jahre liefen ja alles andere als gut. Trotzdem kamen 14.000 Menschen zum Saisonstart. Das ist typisch Hansa. 

 

"Das erste halbe Jahr beim VfB war sportlich brutal wichtig"


Und wie ist es, nach so langer Zeit, wieder in Stuttgart zu sein?
Schön. Stuttgart ist nun einmal meine Heimat. Es ist auch schön, in der Nähe der Familie zu sein und zum Beispiel zu sehen, wie mein Neffe im Garten versucht, Fußball zu spielen. Das erste halbe Jahr beim VfB war auch sportlich brutal wichtig. Hier konnte ich nach meiner langwierigen Verletzung wieder Fuß fassen.

Hört sich fast so an, als wollen Sie Ihre Karriere bald beenden und das Familienleben genießen…
Noch kann ich mir gar nicht vorstellen, aufzuhören. Ich bin professioneller Sportler und ordne dem Fußball alles unter. Meine Freundin und ich wollen zum Beispiel schon lange heiraten. Weil bei mir aber vieles unklar war, haben wir es bisher immer aufgeschoben. Klar ist aber, dass ich so lang Fußball spiele, wie es geht und dass ich das Jahr, das ich aussetzen musste, hinten dran hänge.

Wie alt fühlen Sie sich eigentlich? Sie sind 28 Jahre alt und damit zehn Jahre älter als viele Ihrer Mitspieler.
Vor einem Jahr war dieses Gefühl schlimmer. In der Reha habe ich mich wirklich alt gefühlt. Auf dem Platz ist das kein Thema, auch wenn es komisch ist, dass unser Torwart Bernd Leno erst 1992 geboren ist. Er hat nicht einmal miterlebt, wie Deutschland 1990 Weltmeister geworden ist. Ich bin zwar etwas reifer geworden, aber ich bin auch jung geblieben.

Wie dürfen wir das verstehen?
Früher habe ich jeden Tag Play Station gespielt. Heute tue ich das nur noch einmal in der Woche. Ich habe inzwischen andere Verpflichtungen.

Als erfahrener Spieler und Kapitän müssen Sie die jungen Spieler auch anleiten.
Die Spielführerbinde hatte ich schon von Reiner Adrion bekommen. Damals war ich 22. Auch in St. Gallen (Rathgeb war 2004/2005 an den Schweizer Erstligisten FC St. Gallen ausgeliehen, d. Red.) war ich im Spielerrat und in Rostock war ich zweiter Spielführer. Diese Rolle passt zu mir. Gerade in Stuttgart. Ich bin 100 Prozent VfB. 

"Unser Ziel ist der Klassenerhalt"


Was ist diese Saison für den VfB Stuttgart II drin?
Unser Ziel ist der Klassenerhalt.

Ist das nicht ein bisschen tief gestapelt?
Nein, es kann so viel passieren, vor allem bei dieser jungen Mannschaft. Wenn die Jungen anfangen zu spinnen, haben wir ein Problem. Wir haben die Qualität, um in dieser Liga zu bestehen, aber es kommt die Phase in der Saison, in der der positive Gedanke wichtiger ist als die Qualität. Die dritte Liga ist wirklich schwierig. Deshalb hat das mit Tiefstapeln nichts zu tun.

In den ersten beiden Saisonspielen haben Sie mit Ihrer Leistung überzeugt. Haben Sie Ambitionen, wieder in der Bundesliga zu spielen?
Ambitionen hat jeder. Ich spiele nicht Fußball, um in der dritten Liga anzutreten. Wer einmal in Dortmund, der Allianz-Arena oder der AOL-Arena gespielt hat, weiß, was Fußball ist. Doch ich bin realistisch. Ich habe neun Monate kein einziges Training bestritten. Ich will mich erst einmal stabilisieren. Dass ich in der vergangenen Saison 15 von 17 Spielen absolviert habe, hat mich schon weiter gebracht. Ich bin sicherlich nicht hier, um meine Karriere ausklingen zu lassen. Das Paket hier in Stuttgart passt und ich fühle mich beim VfB wohl. Ich bin ein Stuttgarter. Wieso sollte ich sonst ein Angebot aus der zweiten Liga ablehnen? Das hat schon alles seinen Sinn. Ich traue mir noch viel zu.