Der zweimalige Retter des VfB Stuttgart, Huub Stevens, hat sich in einem Interview zu seiner Zeit bei den Schwaben und zur Zukunft des Vereins geäußert. Foto: dpa

In seiner Zeit als VfB-Trainer ließ sich Huub Stevens nichts entlocken, was nicht unmittelbar mit dem angestrebten Klassenerhalt zu tun hatte. Nun hat der Holländer der "Bild" in seiner Wahlheimat Mallorca ein Interview gegeben. Dabei kam das eine oder andere Überraschende zu Tage.

Stuttgart - Er hat den VfB Stuttgart in der vergangenen Saison zum zweiten Mal vor dem drohenden Abstieg gerettet und hat sich somit einen Platz in den Herzen der Fans gesichert, doch Huub Stevens hatte auch mit Widrigkeiten zu kämpfen. So gab es beispielsweise Störfeuer von RB-Leipzig-Sportdirektor Ralf Rangnick oder dem damaligen VfB-Vorstandsmitglied Hansi Müller was das Traineramt in der kommenden Saison betrifft.

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Auf solche Unruheherde reagierte Stevens in seiner Zeit als VfB-Trainer immer besonnen und fokussierte seine ganze Energie auf den Nichtabstieg. Wenn die Reporter dem Knurrer von Kerkrade einige Geheimnisse rund um diese Störfeuer entlocken wollten, gab er ihnen immer zu verstehen, dass sie ihn nach der Saison auf der spanischen Urlaubsinsel Mallorca besuchen können. Dort würde er dann aus seinem Herzen keine Mördergrube machen.

Und so gab Huub Stevens nun der „Bild“ ein erstes Interview nach dem erfolgreichen Klassenerhalt und beantwortete die meisten Fragen, für die er während der Saison alles andere als empfänglich war.

Huub Stevens über …

… sein zweites Engagement beim VfB Stuttgart:

Ich habe von Anfang an gemerkt, dass da kein Verbund da war. Es gab Spieler, die waren mit den Köpfen woanders. Nicht bei der Mannschaft, nur bei sich selbst. Das kam erst nach und nach, auch weil wichtige Spieler zurückgekommen sind oder zu sich gefunden haben.

… die wichtigen Spieler:

Kostic, Didavi, Ginczek, Harnik, aber auch Toni Rüdiger, der nach seiner Verletzung wieder kam. Wir im Trainerteam haben immer an die Qualität im Kader geglaubt.

… Gedanken, bereits während der Saison das Handtuch zu werfen:

Nach dem Hoffenheim-Spiel habe ich in der Emotion daran gedacht. Aber dann ist der Kämpfer in mir hochgekommen, die Motivation war wieder da. Je schwieriger es wird, desto mehr musst du kämpfen. Es war einfach eine Riesen-Enttäuschung, wie bestimmte Spieler immer die gleichen taktischen Fehler machen! Wir haben es so oft gesagt, so oft gezeigt! Warum kapieren sie das nicht? Das war unglaublich!

… ein drittes Engagement beim VfB Stuttgart:

Eine Rückkehr wäre nicht gut und ich glaube, das ist auch nicht nötig. Ich glaube, die Mannschaft hat unheimlich viel gelernt und wird das in der nächsten Saison besser umsetzen.

Störfeuer, "Affentheather" und die Zukunft des VfB

Huub Stevens über ...

… die Störfeuer von Rangnick und Müller:

Natürlich waren das Störfeuer, dass Rangnick das rausposaunt (dass Zorniger ab der kommenden Saison neuer VfB-Trainer wird, Anm. d. Red.). Das hat nicht geholfen. Auch der Stör-Moment von Hansi Müller später, der es im Fernsehen bestätigt hat. Das war ihm peinlich, er hat sich bei mir entschuldigt. Aber ich habe immer gesagt: "Was mit mir passiert, ist scheißegal. Aber lasst das Thema nicht an die Mannschaft ran!" Wenn du als Spieler weißt, der Trainer ist nächstes Jahr nicht mehr da, hast du ein Alibi. Das wollte ich nicht.

… den Zeitpunkt, als Stevens von Dutts Plänen mit Zorniger erfuhr:

Ich denke, ich weiß es nicht, dass sie zu einem bestimmten Moment gedacht haben, sie brauchen doch etwas Anderes. Und als Ralf Rangnick das dann rausgebracht hat, bin ich zu Robin Dutt gegangen. Er hat es auch gleich zugegeben, war ehrlich. Das war super. Aber von dem Moment habe ich gesagt: Ihr tut, was ihr wollt. Aber ich gehe meinen Weg mit der Truppe. Wenn ich denke, es geht nicht mehr, gebe ich Bescheid.

… das „Affentheater“ beim VfB:

Wir haben im ersten Training vor den letzten drei Spielen eine Absprache gemacht, Spieler und Trainerstab: Wir werden nicht meckern, wir werden alles geben und uns total fokussieren auf drei Siege. Und dann gewinnen wir das erste Spiel und im Training kommt plötzlich wieder ein Schlendrian rein. Das konnte ich nicht zulassen! Also habe ich sie verwöhnte Affen genannt, das sagt man in den Niederlanden zu verwöhnten Kindern. Ich musste auf mich nehmen, dass man mich dann wieder als den Verrückten hinstellt und ein paar Spieler waren auch beleidigt. Aber sie haben die richtige Reaktion gezeigt. (Den Affenjubel, Anm. d. Red.) fand ich gut. – und ich habe mich revanchiert. Am nächsten Morgen habe ich meine vier Affentänzer Harnik, Didavi, Ginczek und Rüdiger zusammen an einen Frühstückstisch gesetzt und ein Affen-Kostüm organisiert. Sie bekamen zum Frühstück von einem Affen Bananen serviert. Die Mannschaft hat gefeiert!

… die Wechselgerüchte beim VfB Stuttgart:

Ich hoffe, dass sie eine Achse behalten können. Rüdiger und Baumgartl als Abwehrzentrum, das hat in Zukunft internationales Format. Für Toni wäre noch ein Jahr beim VfB mit mehr Verantwortung sicher nicht schlecht. Im Mittelfeld dann Gentner, Serey Dié und Didavi, vorne ein Ginczek, das wäre eine gute Achse. Dann wäre es schön, wenn sich andere Spieler noch weiterentwickeln. Werner zum Beispiel, um ihn mache ich mir Sorgen. Er war unbekümmert, es ging immer nach oben, jetzt muss er im Abstiegskampf bestehen.

… Ulreichs Wechsel zu den Bayern:

Ich habe ihn angerufen und ihm gratuliert. Bei Stuttgart war es für ihn nicht mehr einfach, obwohl er mir das Vertrauen immer zurückgezahlt hat. Im letzten Spiel macht er in der 88. Minute eine Super-Parade – stellt euch vor, der geht rein! Dann wären wir jetzt abgestiegen. Er trainiert mit den besten Spielern der Welt und dem besten Torwart der Welt, davon wird er profitieren.

… die Zukunft des VfB Stuttgart:

Ich bin froh, dass jetzt Robin Dutt da ist, der versucht, Strukturen zu schaffen. Doch wenn wir ständig das Budget reduzieren, was erwarten wir denn dann vom VfB? Ich habe nach der vorletzten Saison mit Wahler und Schmidt zusammengesessen und meine Meinung gesagt, zum Beispiel über Qualität des Kaders, Jugendarbeit und Scouting. Im Nachhinein höre ich dann, dass andere Sachen gemacht werden. Sie werden Ideen dabei gehabt haben, aber sie sind wieder in die Probleme gekommen. Aber jetzt muss damit mal Schluss sein. Es wird nicht gehen, indem man mal wieder Qualität abgeben muss.