Als erster Verein erwägt Hannover 96, Strafen für Pyrotechnik über höhere Eintrittspreise aufzufangen. Macht das Beispiel bald Schule? Wir haben beim VfB Stuttgart nachgefragt.
„Pyrotechnik ist kein Verbrechen!“, lautet die Kernbotschaft derer, die im Stadion gern mal zur Fackel greifen. Auf Spruchbändern oder als Fangesang – mantraartig wehrt sich die organisierte Szene dagegen, wegen Pyrotechnik an den Pranger gestellt zu werden. In ihren Augen tun sie nichts Verbotenes.
VfB muss für die zurückliegende Saison 522 000 Euro bezahlen
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht das anders. Der Verband reagiert mit immer härteren Geldstrafen auf die zunehmenden Leucht-Shows in deutschen Fußballstadien. Kürzlich wurde der VfB Stuttgart zur Zahlung von 205 000 Euro verdonnert, weil seine Anhänger in den beiden Relegationsspielen gegen den Hamburger SV insgesamt 200 pyrotechnische Gegenstände gezündet hatten.
Jede Leuchtfackel wird durch den DFB in der Bundesliga mit 1000 Euro bestraft. In der zweiten Liga sind es 600 Euro. Jede abgeschossene Leuchtrakete wird mit 3000 Euro sanktioniert. Was vergleichsweise selten vorkommt. Anfang Juli war der VfB Stuttgart bereits mit 249 000 Euro zur Kasse gebeten worden. In Summe belaufen sich die Strafen für die Spielzeit 2022/23 auf 522 000 Euro. Im Strafen-Ranking des DFB landet der VfB damit hinter Eintracht Frankfurt (861 000 Euro) und dem HSV (546 000 Euro) auf dem dritten Platz. Knapp vier Millionen Euro hat der DFB für die ersten drei Ligen eingenommen, wobei einige Urteile noch nicht als rechtskräftig gelten.
VfB will Verhalten seiner Fans intern besprechen
„Wir werden die Dinge intern im Fan-Ausschuss besprechen,“ sagt Vorstandschef Alexander Wehrle damals wie heute. Auf einen Einspruch wurde verzichtet, auf konkrete Maßnahmen zur Eindämmung ebenso. Beim VfB Stuttgart geht man davon aus, dass das nach der restriktiven Coronazeit verstärkt aufgetretene Phänomen im Laufe der kommenden Saison wieder langsam verschwinden wird.
Anders in Hannover. Zweitligist 96 will vorbeugen und seine Fans durch die Androhung höherer Eintrittspreise zum Verzicht auf Pyrotechnik bewegen. „Künftig können Verbandsstrafen in die Preisgestaltung einfließen“, heißt es in einer Club-Mitteilung angesichts drohender Strafzahlungen von über 600 000 für die zurückliegende Spielzeit. Das Geld, das durch diese „unnötigen und vorsätzlich verursachten Kosten“ verloren ginge, fehle im Etat, schrieb der Verein weiter. Versehen mit dem Zusatz, dass es besser in soziale Projekte oder in die Mannschaft fließen sollte. Zum Vergleich: Neuzugang Marcel Halstenberg von RB Leipzig schlug mit 700 000 Euro zu Buche.
Hannover 96 will nicht länger tatenlos zusehen
Bereits vor einem Jahr hatte sich der 96-Profichef Martin Kind über die hohen Verbandsstrafen geärgert: „Das kann so nicht weitergehen, bei aller Liebe für diesen Schwachsinn. Da würde ich für das Geld lieber einen Stürmer verpflichten, als das Geld an den DFB zu überweisen und ihn noch reicher zu machen“, polterte Kind.
Die Niedersachsen appellieren an ihre Anhänger, welche die Strafen verursacht haben, für die Zukunft ihre Aktivitäten „im Sinne des Clubs und der anderen Stadionbesucher“ zu überdenken. Ansonsten seien neben der Erhöhung von Eintrittspreisen „noch weitere Maßnahmen denkbar“. Welche das sein könnten, ließ der Zweitligist offen.
Der VfB erklärte auf Anfrage, dass er Geldstrafen auf keinen Fall über höhere Ticketpreise auffangen werde. Jede Form von Kollektivbestrafung lehne man ab. Eine konkrete Antwort, wie man dem ewigen Kreislauf von Pyrotechnik und Strafen entfliehen könnte, hat man aber noch nicht gefunden.