Und wieder jubelt der 1. FC Köln – wie meistens zu Gast beim VfB Stuttgart Foto: Getty

Beim VfB Stuttgart herrscht Vorfreude auf den Heimauftakt am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky). Wenn  nur der Gegner nicht  wäre! Der 1. FC Köln nimmt die Punkte aus der Mercedes-Benz-Arena regelmäßig mit.

Beim VfB Stuttgart herrscht Vorfreude auf den Heimauftakt am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky). Wenn  nur der Gegner nicht  wäre! Der 1. FC Köln nimmt die Punkte aus der Mercedes-Benz-Arena regelmäßig mit.

Stuttgart - Wir schreiben das Jahr 1996. Berti Vogts führte Deutschland zum Europameister-Titel, der Bundeskanzler hieß Helmut Kohl und der deutsche Regierungssitz Bonn. Im September besagten Jahres geschah etwas Historisches: Der VfB Stuttgart besiegte den 1. FC Köln mit 4:0. Was damals keiner ahnen konnte: Es war bis heute der letzte Bundesliga-Heimsieg der Roten gegen die Domstädter.

Gut, acht Spielzeiten verbrachte der FC seither in Liga zwei. Doch in den Jahren, in denen die Kölner dem Oberhaus angehörten, fuhren sie immer sehr gerne an den Neckar, wo sie doch in der Bundesliga ansonsten keine Bäume ausrissen. 2:2, 0:1, 0:2, 1:3, 2:3, 0:0, 0:0, 0:3, 1:1 lauteten die Ergebnisse der vergangenen neun Heimspiele aus VfB-Sicht.

Eine gruselige Bilanz. Fans der Roten erinnern sich an einige Auftritte mit besonderem Grauen zurück. Zum Beispiel an 2009: Als siegloser Tabellenletzter war die Geißbock-Elf mit Trainer Zvonimir Soldo nach Stuttgart gereist. Die Gastgeber rannten lange einem 0:1-Rückstand hinterher. Kurz vor Schluss vertändelte Torhüter Jens Lehmann an der Mittellinie den Ball – Wilfried Sanou sagte Danke und jagte die Kugel aus 42 Metern zum 2:0-Endstand ins leere Tor. Das Spiel war der Anfang vom Ende von Markus Babbel als Trainer.

Im Jahr zuvor ein ähnliches Spiel. Wieder agierte der VfB ideenlos gegen tief stehende Kölner. Milivoje Novakovic konterte die Mannschaft von Trainer Armin Veh beim 3:1-Sieg gnadenlos aus. Drei Wochen später war der Jetzt-wieder-Trainer entlassen.

Neben Novakovic avancierte Lukas Podolski zum Schreckgespenst des VfB. Er traf in den vergangenen Begegnungen in Stuttgart allein dreimal. Die beiden letzten Male erwies sich der VfB als dankbarer Aufbaugegner. Die Kölner befanden sich vor ihrem Gastspiel in Stuttgart mal wieder in der Krise – danach war sie beendet.

Den 1. FC Köln deshalb aber als Angstgegner zu bezeichnen trifft die Sache nur halb. Auswärts ist die Bilanz nämlich umso besser. Beim FC hat der VfB seit sieben Spielen nicht mehr verloren. Der Grund für die eklatante Heimschwäche dürfte sicher mit der defensiven Spielweise der traditionell abstiegsgefährdeten Kölner zusammenhängen. Auswärts trat die Mannschaft regelmäßig mit einem dichten Abwehrbollwerk auf, an dem sich auch andere, weniger spielstarke Mannschaften die Zähne ausbissen. Zu Hause wiederum hatte der FC oft das Problem, wenn er das Spiel machen musste.

Die Serie von neun Bundesliga-Heimspielen ohne Sieg – unterbrochen nur von einem 2:1 im DFB-Pokal vor zwei Jahren – ist dennoch ungewöhnlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der VfB in dieser Zeit eigentlich ganz erfolgreich war.

Psychologe rät zu anderer Taktik

Lothar Linz ist Sportpsychologe. Als solcher hat er sich ausführlich mit dem Mythos Angstgegner beschäftigt. „Es liegt häufig an der Spielausrichtung des Gegners“, sagt Linz. „Verfolgt man selber eher einen ballbesitzorientierten Fußball, ist man anfälliger für Mannschaften, die kompakt verteidigen und auf schnelles Konterspiel setzen. Gerät man gegen solche Mannschaften in Rückstand, wird es schwer, sie zu schlagen.“

Eben so, wie es der VfB in den vergangenen Jahren gegen den 1. FC Köln erlebt hat. Doch wie wird der Gegner zum Angstgegner? In der Regel reichen mehrere Niederlagen aus, um einen schleichenden Prozess in Gang zu setzen. Mehr und mehr verbinden Spieler, auch wenn es von Jahr zu Jahr ganz andere sind, die Duelle mit Angst. Die Überzeugung wächst, dass man gegen diesen Gegner einfach nicht gewinnen kann. Die Mannschaft verallgemeinert einzelne Erfahrungen zu allgemeingültigen Grundsätzen – bis daraus eine selbsterfüllende Prophezeiung erwächst. Umgekehrt wächst das Selbstbewusstsein des Angstgegners. „Die Kölner werden am Samstag sicher mit breiten Brust nach Stuttgart kommen“, glaubt Linz.

Der Mental-Coach, der unter anderem die Hockey-Nationalmannschaft und die Fußballer von Bayer 04 Leverkusen betreut, empfiehlt, dass man sich gegen seinen Angstgegner „eine andere Strategie, eine neue Lösung“ ausdenken sollte. Also eine andere Taktik. Doch das ist leichter gesagt als getan. Es ist davon auszugehen, dass FC-Trainer Peter Stöger auch an diesem Samstag darauf bedacht sein wird, die Null zu halten. Der VfB wird – wie in den Jahren zuvor – gezwungen sein, das Spiel zu machen. Er wird viel Geduld benötigen.

Vielleicht greift Armin Veh ja auch in die Psyche-Kiste und sagt seinen Spielern, sie sollten sich vorstellen, sie träfen auf den FC Schalke 04. Gegen die Knappen hat der VfB in den letzten 25 Jahren nur zweimal verloren , aber 17-mal gewonnen. Ähnlich gute Bilanzen weisen die Kicker mit dem roten Brustring gegen Borussia Mönchengladbach auf (auswärts wie zu Hause) und Eintracht Frankfurt (auswärts) auf. Schlecht sieht es dagegen immer aus, wenn Leverkusen nach Stuttgart kommt oder der VfB in Wolfsburg (sieben Niederlagen in Folge) antreten muss. Die Heimserie gegen Köln sucht aber ihresgleichen – in der Bundesliga nur getoppt von Borussia Mönchengladbach. Die Fohlen haben zu Hause gegen Leverkusen sage und schreibe 22 Spiele in Folge nicht gewonnen.