Kapitän Christian Gentner zeigt beim VfB an, wo es auf dem Platz lang geht. Foto: Baumann

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und dem letzten Misserfolg – der VfB-Kapitän Christian Gentner sieht die Stuttgarter Zweitligafußballer auf Kurs, fordert vor der Partie am Sonntag (13.30 Uhr) in Würzburg aber mehr Mut im Aufbauspiel.

Stuttgart - Der Plan ist gut gewesen. Fein skizziert, deutlich besprochen und mehrfach durchgespielt. Die Fußballer des VfB Stuttgart hatten also klar vor Augen, wie sie den Gegner anlaufen wollten. In welcher Formation sie die Aufbauspieler auf der anderen Seite so in die Enge treiben wollten, dass sie am Ende den Ball erobern. Doch dann kam es mit einem Schlag ganz anders: Kaum lief ein VfB-Stürmer auf die Abwehr zu, flog auch schon der Ball über ihn hinweg – hoch und weit. Und statt des Nahkampfs auf engstem Raum vorne, gab es ein Luftduell hinten.

So beschreibt Christian Gentner einen markanten Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga. Zwischen dem „Privileg“, wie er es nennt, jahrelang im Oberhaus gespielt zu haben, und der „Abenteuerreise“, die er in dieser Saison erlebt. Ein weiterer Unterschied: „Die kleinen Fehler werden nicht so gnadenlos bestraft wie in der Bundesliga.“ Die großen Fehler wie zuletzt beim 1:2 gegen Hannover 96 aber schon.

„Gesunde Härte“ erwartet den VfB in Würzburg

Ein Hauch von Eliteklasse durchwehte beim Spitzenspiel am vergangenen Montag dennoch mal wieder das Stuttgarter Stadion. Das Spieltempo gegen die Niedersachsen war höher, ebenso die individuelle Qualität des Mitabsteigers. Doch Gentner mag solche Vergleiche nicht. Der Kapitän lässt sie auch nicht zu, weil er nur zu gut weiß, was ihn und die Mannschaft als nächstes erwartet: die Würzburger Kickers – und mit dem Aufsteiger „gesunde Härte und hohe Motivation. Ich kenne schließlich Bernd Hollerbach.“

Beim VfL Wolfsburg arbeiteten sie zusammen. Gentner war Meisterspieler, Hollerbach Co-Trainer von Felix Magath. Nun begegnen sie sich wieder – sofern der 31-jährige Schwabe rechtzeitig auf die Beine kommt, denn über Nacht ist Gentner krank geworden und sein Einsatz im Fränkischen fraglich. Doch ob mit oder ohne den Mittelfeldmann: Wo immer der VfB in der zweiten Liga hinkommt, die Bereitschaft den Favoriten zu piesacken, ist schon da.

Annehmen wollten sie diese ungewohnte, unangenehme Spielweise in diesem unbekannten Terrain. Das hat Gentner zu Saisonbeginn stets betont – und mit Blick auf die ersten 16 Vorrundenpartien sieht der Routinier den VfB auf dem richtigen Weg. „In den vergangenen Wochen hat es sich auf dem Platz gut angefühlt“, sagt Gentner. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und dem letzten Misserfolg.

Trainer Wolf kommt gut an

Was viel mit dem neuen Trainer Hannes Wolf und dessen frischer, innovativer Herangehensweise zu tun hat. „Das kommt gut an“, sagt Gentner und führt weiter aus: „Meiner Erfahrung nach ist es bei uns egal, ob ein Trainer 34 oder 64 Jahre alt ist. Wenn seine Ansprachen Hand und Fuß haben, dann hören wir zu und nehmen es an.“

Überraschungen für die Spieler inbegriffen. Denn der erst 35-jährige Wolf sucht ständig nach neuen Lösungen und scheut sich nicht davor, diese umzusetzen. Taktisch wie personell. So blieb bei der Umstellung auf die Dreierkette in der Abwehr kaum Zeit, diese Variante einzustudieren. Und Marcin Kaminski erfuhr von seinem ersten Pflichtspieleinsatz im Trikot mit dem Brustring auch erst kurz davor. Obwohl er im defensiven Mittelfeld anstatt in der Innenverteidigung aufgeboten wurde.

Doch die erste Skepsis verflüchtigte sich innerhalb der Mannschaft schnell. „Wir haben ja gemerkt, dass es funktioniert“, sagt Gentner. Zudem vermittelte das Trainerteam nicht nur die richtigen Inhalte, sondern gleichzeitig die nötige Überzeugung. Nun gehört Kaminski seit der Begegnung beim Karlsruher SC Ende Oktober zur Anfangself, wenn auch wieder in der Abwehr.

Ohnehin zählt der Derbysieg zu den Spielen, die in dieser Runde einen Meilenstein markieren könnten. Emotional sowieso, aber auch fußballerisch betrachtet Gentner das 3:1 als Maßstab: „Wir müssen ein solch hohes Level erreichen, dass wir über weite Strecken das Spiel beherrschen.“ Wie im Wildparkstadion vor sieben Wochen, aber in einigen anderen Partien eben nicht. Da mangelte es an Ballsicherheit, an Passqualität und wie Gentner findet an der Balance zwischen Risikobereitschaft und Sicherheitsstandards. „Wir brauchen mehr Mut im Aufbauspiel.“ Um nicht nur mit Effizienz und Engagement zum Erfolg zu kommen, sondern ebenso mit Dominanz. Mit großen Wachstumsschüben rechnet der Kapitän jedoch nicht, eher mit kleinen Entwicklungsschritten.