Daumen hoch: Christian Streich genießt sein Leben als Bundesliga-Coach. „Ich habe großen Spaß an meiner Arbeit“, sagt der Trainer des SC Freiburg. Foto: dpa

An diesem Mittwoch steigt das Spiel des Jahres für den VfB – der SC Freiburg kommt zum DFB-Pokal-Halbfinale in die Mercedes-Benz-Arena (20.30 Uhr/ live in der ARD und auf Sky). SC-Trainer Christian Streich hat Respekt vor der körperlichen Stärke der VfB-Profis – und gibt die Favoritenrolle ab.

An diesem Mittwoch steigt das Spiel des Jahres für den VfB – der SC Freiburg kommt zum DFB-Pokal-Halbfinale in die Mercedes-Benz-Arena (20.30 Uhr/ live in der ARD und auf Sky). SC-Trainer Christian Streich hat Respekt vor der körperlichen Stärke der VfB-Profis – und gibt die Favoritenrolle ab.

Herr Streich, mit Verlaub, Sie wirken ziemlich müde und geschafft. Und das so kurz vor dem Pokal-Knüller beim VfB.
Lassen Sie das ziemlich weg. Da haben Sie vollkommen recht. Ich bin erkältet, ich hab’ eine leichte Augenentzündung. Und verdammt müde bin ich auch. So eine Saison dauert schon ziemlich lang, Menschenskinder! Aber ich kriege das alles hin, irgendwie.

Irgendwie ist gut – erschwerend kommt hinzu, dass Sie nach der Saison viele Abgänge verkraften müssen. Die starken Leistungen wecken Begehrlichkeiten. Was macht das mit Ihnen?
Abgänge bedeuten immer Abschiede. Aber das kenne ich schon, aus meiner Zeit als Jugendtrainer. Auch da sind Spieler gekommen und gegangen. Weh tut es immer.

Wenn Sie jetzt sehen, was mit diesem Team alles drin wäre, welches Entwicklungspotenzial es hat – da müssen Sie die Abgänge doch ganz besonders schmerzen.
Ich mache mir vor allem um unser Publikum Sorgen. Die Frage wird sein, ob sie nächstes Jahr nicht davonlaufen, wenn wir mal wieder fünf Spiele nacheinander verlieren. So weit dürfen wir es nicht kommen lassen.

Es heißt, Sie lägen mit Manager Dirk Dufner im Clinch, weil er Ausstiegsklauseln in manchen Verträgen verankert hat.
Dazu sage ich nichts . . .

. . . was auch eine Aussage ist.
Wir besprechen das alles intern. Mehr gibt’s dazu von mir nicht zu hören.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Dirk Dufner?
Wir arbeiten wie immer professionell zusammen. Punkt.

Schon kurz nach Ihrem Amtsantritt haben Sie betont, nicht ewig Bundesliga-Trainer sein zu wollen. Wie lange wollen Sie es denn noch machen, nachdem Sie die Marktmechanismen jetzt kennengelernt haben?
Wissen Sie, ich habe bestimmt keinen Karriereplan oder so was – ich weiß ja noch nicht mal, was das ist (lacht). Ich mache das, solange es mir Spaß macht. Und im Moment macht es mir großen Spaß.

Verständlicherweise – Sie stehen im Halbfinale des DFB-Pokals und mischen die Bundesliga auf. Wie nehmen Sie den Erfolg selbst wahr?
Freunde und Bekannte sagen mir, dass zurzeit Leute bei uns ins Stadion gehen, die sich ansonsten gar nicht für Fußball interessieren. So etwas find’ ich toll. Oder die Geschichten, die ich nach unserem Pokal-Viertelfinale beim FSV Mainz gehört hab’.

Erzählen Sie!
Da wollten Menschen in Freiburg in der Kneipe unser Spiel schauen und haben eine Dreiviertelstunde vorher keinen Platz mehr bekommen. Also, ich find’ das ja schön, einerseits. Aber andererseits auch wieder nicht. Denn die Menschen haben ja keinen Platz gehabt. Wobei: Vielleicht haben sie ja noch irgendwo anders einen gefunden.

Am Mittwoch dürfte es auch eng werden.
Ja – aber vielleicht kann man sich ja dann mal auf den Schoß nehmen.

Was bedeutet das Spiel beim VfB für Sie?
Also, ich wehre mich immer dagegen, dass diese Partie so etwas ganz Besonderes, etwas ganz Außergewöhnliches ist. Schauen Sie – ich habe diese 120 Prozent, die wir angeblich geben müssen, noch nirgends gefunden, und ich werde sie auch nicht finden. Wir in Freiburg können immer nur 100 Prozent.

Aber eine besondere Leistung müssen Ihre Jungs bringen, um ins Endspiel einzuziehen.
Müssen, müssen, müssen! Wenn ich eine Klausur schreibe und davor sage: „Ich muss eine Zwei schreiben“ (verfällt ins Alemannische) – denn schreib’ i doch en glatte Fünfer!

Was machen Sie, damit Ihre Mannschaft am Mittwoch besser abschneidet?
Bestimmt nicht in die Kabine kommen und sagen: „Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst, es ist das Spiel des Jahres.“ Dann denken die Jungs, ich spinn’. Die schauen sich dann an und fragen sich: „Hat der sie noch alle?“

Was ist Ihr Plan?
Wir müssen akribisch sein und unseren Plan umsetzen. Mir wird immer zu sehr über das Ergebnis gesprochen. Wichtig ist doch, wie wir spielen – und damit können wir dann das Ergebnis beeinflussen.

Und wie wollen Sie spielen?
Wir wollen Fußball spielen. Der SC Freiburg will den Ball haben. Immer und egal gegen wen. Wenn der Gegner sagt, ihr kriegt ihn nicht, sagen wir: Doch, wir wollen ihn! Gut, der FC Bayern München sagt sehr oft, dass sie den Ball nicht hergeben. Aber wir sagen dann trotzdem: Wir wollen ihn zurück!

Wer ist am Mittwoch Favorit?
Klar ist, dass das Spiel für den VfB eine andere Wertigkeit hat. Jeder Mensch in Stuttgart erwartet, dass Stuttgart gegen Freiburg gewinnt. Der VfB ist körperlich stabil, davon dürfen wir uns nicht beeindrucken lassen.

Sie wollten Spielmacher Alexandru Maxim verpflichten. Warum ist er zum VfB gegangen?
Das haben seine Berater geregelt. Die kriegen auch bei uns Provision. Aber woanders gibt’s eben mehr Geld.

Wenn Sie international spielen, gibt’s mehr Geld. Träumen Sie schon von Europa?
Ich mache mir eher Sorgen, weil ich dann weniger trainieren kann. Davon leben wir. Und wenn du im Flieger nach Weißrussland hocksch, kannsch du net trainiere.

Jetzt haben Sie wieder den alemannischen Dialekt ausgepackt – wie stehen Sie als Südbadener eigentlich zu den Württembergern?
Also, ich find’ ja, dass wir eigentlich die gleiche Sprache sprechen, und von der Mentalität her sind wir uns auch ähnlich. Gut, die einen essen ihre Maultaschen, die anderen vielleicht lieber eine schöne Supp’. Aber schauen Sie – es gibt ja die schwäbisch-alemannische Fasnet, das sagt doch eigentlich alles. Man braucht sich ja auch irgendwie gegenseitig, in einer gesunden, fruchtbaren Rivalität. Denn wenn der andere nicht mehr da wäre, könnte man sich ja nicht mehr so herrlich wegen ihm aufregen (lacht).