Auch wenn es gegen Werder Bremen nur zu einem 1:1 reichte, sieht es wieder nach Fußball aus, was der VfB Stuttgart neuerdings bietet. Foto: dpa

Auch wenn es gegen Werder Bremen nur zu einem 1:1 reichte, sieht es wieder nach Fußball aus, was der VfB Stuttgart neuerdings bietet.

Stuttgart - Es war nicht genau auszumachen, ob sich Fredi Bobic noch immer über das 1:1 gegen Werder Bremen ärgerte, das sich eher wie eine Niederlage als wie ein Punktgewinn anfühlte, oder ob ihm im Kabinengang eine Laus über die Leber gelaufen war. Jedenfalls reagierte der Sportdirektor reichlich brüsk, weil ihm eine im Grunde harmlose Reporterfrage nicht behagte. Nachfragen erübrigten sich: Wie ein geölter Blitz schoss Bobic zurück in die Katakomben – weg war er.

Dabei war ihm erst Sekunden zuvor etwas zu Ohren gekommen, was ihm und allen beim VfB Stuttgart schmeichelte: die Lobrede des Gästetrainers. Ach was, Lobrede – eine Hymne sang Robin Dutt da auf seinen Kollegen Thomas Schneider. „Thomas, Glückwunsch an dich, ich glaube, das war eine fantastische Arbeit in den vergangenen Wochen. Ich will nicht zu arg loben, aber das sieht nicht schlecht aus“, sagte der Eltinger in Diensten des SV Werder und ging noch ins Detail: „Hut ab, wenn du so eine Waffe hast wie die Standardsituationen von Maxim.“ Die zirkelt der Rumäne auch erst so maßgerecht vors gegnerische Tor, seit Schneider auf dem Cannstatter Wasen das Sagen hat.

Alexandru Maxim steht irgendwie sinnbildlich für den Aufschwung, den der VfB seither genommen hat. Er bringt sich ein, er setzt Akzente, und er schärft sein Profil, doch er ist in seiner Entwicklung noch lange nicht am Ende. Und wie weit sie ihn bringt, ist ebenso offen. Da geht es ihm wie dem VfB. Seit dem Trainerwechsel hat sich die Mannschaft Stück für Stück aus ihrer augenscheinlichen Ohnmacht befreit, sie sprengt die Fesseln und blüht auf, sie ist deutlich gefestigter, hat wieder eine Spielidee in der Offensive und ein gewachsenes Selbstvertrauen. „Wir haben in der kurzen Zeit einen Riesenschritt nach vorn gemacht“, befand Christian Gentner. Dennoch machte der Kapitän ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Denn für all die guten Ansätze war das 1:1 herzlich wenig. Zu wenig. „Die Art und Weise, wie wir gespielt haben, war richtig gut. Das Einzige, was nicht gepasst hat, war das Ergebnis“, sagte Thomas Schneider.

Das hat Gründe. Vor allem den Grund, dass die Mannschaft die Bremer permanent hart bedrängte und in deren Strafraum wie ein Päckchen einschnürte, dabei aber vergaß, das Ganze mit einer hübschen Schleife zu verzieren. Kurz: ein, zwei Tore mehr zu machen. „Viele Flanken, viele Ecken, viele zweite Bälle gewonnen, eng am Mann gestanden, klug und geduldig gespielt – ich kann heute nichts Negatives sagen“, erklärte William Kvist. Dann fiel ihm doch etwas ein: „Wir haben viele halbe Chancen herausgespielt. Was gefehlt hat, waren echte Großchancen.“ Wofür wiederum Thomas Schneider eine einfache Erklärung parat hatte: „Man kann nicht erwarten, dass wir so kreativ spielen wie der FC Bayern.“

Das ändert aber nichts daran: Es fehlt der letzte Tick zum großen Glück, im Kleinen wie im Großen. Da fegt der VfB Hoffenheim vom Platz, scheidet aber im Pokal aus. Da propagiert er den Aufschwung, schafft aber in sechs Heimspielen nur einen Sieg. Er reißt die Galerie eine Halbzeit lang mit und quält sie in der anderen. Er baut Hoffnungen auf – und enttäuscht sie. Auch gegen Bremen.

Siehe Daniel Schwaab, der zusammen mit Antonio Rüdiger ein zuverlässiges Abwehrduo bildet. Der Neue macht seine Sache gut, doch dann wehrte er einmal zu kurz ab und leitete so das Gegentor ein. Das trübt den Gesamteindruck im gleichen Maße, wie die Punkteteilung gegen Bremen ein Makel ist für das eigentlich ansprechende Spiel des VfB. Siehe Ibrahima Traoré. Der Junge wirbelt, was das Zeug hält, doch im Übereifer geht ihm mehr daneben, als ihm gelingt – so bleibt am Ende ein fader Beigeschmack. Siehe auch Martin Harnik und Maxim, die beide fulminant ins Spiel fanden, sich dann aber ein paar Auszeiten gönnten.

Kleinigkeiten nur, in der Anhäufung bedauerlich, in ihrer Wirkung aber nicht bedrohlich, solange die Mannschaft weiter Fortschritte macht. Davon geht Schneider aus, gleichwohl bittet er das Umfeld um ein wenig Geduld. „Vor vier Wochen ist uns das Wasser bis zum Hals gestanden“, sagte er, „jetzt hatten wir die Chance, auf Platz vier vorzudringen. Für den Moment passt alles.“

Mittelfristig muss mehr kommen, das will Schneider ja auch. „Noch bin ich in der ersten Phase meiner Amtszeit“, sagte er. Wann die zweite Phase beginne? „Das werde ich dann schon sagen“, meinte er und schmunzelte: „In zwei Jahren oder so.“ Es war nur ein Scherz. Gut zu wissen.