Die Stuttgarter Abwehrkette besteht in Leverkusen eine harte Zerreißprobe – was das Selbstvertrauen vor der nächsten Herausforderung stärkt: Atalanta Bergamo.
Es ist ein Spiel ganz nach Alexander Nübels Geschmack gewesen. Der VfB Stuttgart stand unter Dauerdruck und die Abwehrkette wurde einer mächtigen Zerreißprobe unterzogen. Denn Bayer Leverkusen attackierte ständig. Mit all seiner fußballerischen Qualität tat das der Doublegewinner, aber ebenso mit all seiner Aggressivität, da die Schützlinge von Xabi Alonso keineswegs einen schöngeistigen Ansatz verfolgen. Sie können ganz schön robust werden, nicht nur der dafür berüchtigte Robert Andrich.
Doch der VfB bestand den Stresstest im Rheinland. „Ich mag solche Spiele. Das war geil und gehört mal dazu“, sagt Nübel, der den Stuttgartern mehrfach das 0:0 rettete. Der Torhüter überragte, nahm sich hinterher aber nicht zu wichtig. Der 28-Jährige verwies vielmehr auf die leidenschaftliche Defensivleistung, die darin mündete, dass die Stuttgarter erstmals in dieser Bundesligasaison kein Gegentor hinnehmen mussten.
Das stärkt natürlich Nübels Selbstvertrauen, zumal sich die Zu-null-Spiele mehren. Bisher gab es das 2:0 im DFB-Pokal beim Zweitligisten Preußen Münster, nun innerhalb kurzer Zeit das 1:0 in der Champions League bei Juventus Turin und das 0:0 beim starken Meister aus Leverkusen. Der VfB nähert sich dadurch wieder seinem Anspruch, die Partien auf Basis einer starken Defensive zu kontrollieren und gestalten. Dennoch war es in der Bayarena ein untypisches VfB-Spiel, da die Elf von Trainer Sebastian Hoeneß keine Ruhe in ihre Aktionen brachte und in der Offensive nur wenig zusammenlief.
„Wir waren weit davon entfernt, die Spielkontrolle zu erlangen, die wir hier mehrfach in den vergangenen Monaten hatten“, sagte der Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, „den Punkt nehmen wir trotzdem gerne mit,“ weil der VfB nach der Niederlage in München nun seit vier Spielen ungeschlagen ist (drei Siege, ein Unentschieden). Dabei bot das Team alle Facetten des Fußballs, die es braucht, um trotz der Mehrfachbelastung in der Erfolgsspur zu bleiben. Überzeugend in Turin, pflichterfüllend gegen Holstein Kiel, durchrotiert gegen den 1. FC Kaiserslautern und widerstandsfähig in Leverkusen.
Gegen die Werkself warfen sich häufig Anthony Rouault und Anrie Chase in die Zweikämpfe. Eine Innenverteidigung, die nicht frei von Fehlern agiert, wie beim jungen Chase zu sehen war. Dennoch wächst die Abwehr zusammen, was auch mit Rouaults starker Form zu tun hat. Der Franzose klärte wieder viele Situationen inmitten der vielen schwäbischen Verteidigerbeine.
Schließlich hatte Hoeneß die hinteren Reihen neu sortiert, um dicht zu halten – aber auch um keine weiteren Blessuren zu riskieren. Jamie Leweling fällt mit einer Muskelverletzung vorerst aus, Maximilian Mittelstädt humpelte angeschlagen vom Feld und der zuletzt strapazierte Fabian Rieder wurde unerwartet früh ein- und deshalb vorzeitig wieder ausgewechselt. Alles Faktoren, die der Trainer berücksichtigen muss, wenn es am Mittwoch in der Königsklasse weitergeht. Atalanta Bergamo kommt. „Wir geben den Spielern jetzt zwei Tage frei, damit sie danach wieder frisch sind“, sagt Hoeneß – im Kopf und in den Beinen.