Applaus für die Fans: VfB-Profis Werner, Kostic, Kliment und Harnik (von links) Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart setzt sein neues System prima um und macht beim Sturmlauf gegen den 1. FC Köln schon vieles richtig, vergibt aber Torchancen in Hülle und Fülle.

Stuttgart - Der neue Mann an der Seitenlinie konnte das Unheil kaum fassen. Ungläubig starrte Alexander Zorniger bei der Pressekonferenz auf den Bogen mit der Spielstatistik, die den VfB in allen Punkten als die bessere Mannschaft auswies. Mühsam suchte er nach den passenden Worten, das verpatzte Debüt schien ihm fast körperliche Schmerzen zuzufügen, dann sagte er: „Diese Niederlage ist bitter und sehr ärgerlich.“ Das stimmte, das Folgende auch: „Wir hätten das Ding früher heimholen sollen.“

Dann wären dem VfB die turbulente Schlussphase und vor allem die abgrundtiefe Enttäuschung über ein verlorenes Spiel, das er über weite Strecken dominiert hatte, wohl erspart geblieben. Wie auch Sportvorstand Robin Dutt jene Erkenntnis, die nicht minder bitter war: „Fußball kann manchmal brutal sein. Wir haben sehr viel von dem gesehen, was wir uns vorstellen. Es gibt nichts zu kritisieren, außer dass wir unsere Chancen nicht gemacht haben.“ Das rächte sich.

Nach 77 Minuten stürmte Kölns Angreifer Anthony Modeste auf das VfB-Tor zu, Przemyslaw Tyton stürzte sich ihm entgegen und traf beim Rettungsversuch den Stürmer. Beim fälligen Foulelfmeter, den Modeste selbst trat, war Tyton mit der Hand am Ball, bekam ihn aber nicht zu fassen – das 0:1 wirkte wie eine kalte Dusche. Der VfB war noch nicht sortiert, da nutzte Simon Zoller die Verwirrung und traf zum 2:0 für Köln (77.). Damit war der Spielverlauf auf den Kopf gestellt, der Anschlusstreffer durch Daniel Didavi per Foulelfmeter (79./Zoller an Filip Kostic) diente nur der Ergebniskosmetik. „Frust ist das richtige Wort nach so einem Spiel“, seufzte Kapitän Christian Gentner. Und Peter Stöger, der Gäste-Trainer, atmete nach dem 3:1 durch Yuya Osako (90.) tief durch: „Es war ein intensives Spiel gegen einen starken Gegner mit einer hohen Offensivqualität. Es wird in Zukunft schwer sein, in Stuttgart Punkte zu holen.“

Dem VfB fehlen die Vollstrecker-Qualitäten

Für dieses Lob kann sich der VfB zunächst zwar nichts kaufen, doch er darf es als Bestätigung dafür werten, dass sein neues Auftreten über kurz oder lang zum Erfolg führen dürfte – wenn er nur mehr Vollstrecker-Qualitäten zeigt. Der VfB drückte und drängte, er eroberte Bälle und spielte blitzschnell nach vorn, wie es das von Zorniger gepredigte System aus Pressing und Gegenpressing erfordert. Die Fans hatten ihre Freude am temporeichen Spiel, und der Gegner zog respektvoll den Hut. „Der VfB hat ein Riesenspiel gezeigt und war im Vergleich zur vergangenen Saison kaum wiederzuerkennen“, sagte Mittelfeldmann Matthias Lehmann.

Nur das längst fällige Tor wollte nicht fallen. Weil erst Lehmann (2.) nur den Pfosten und dann auf der Gegenseite Daniel Didavi (7.) die Latte und Gentner (12.) den Pfosten trafen. Und weil der VfB danach zwar ständig am Drücker, aber ohne Fortune war. Didavi fand es „zum Verzweifeln“ und „schon irgendwie verrückt“, befand aber zurecht: „Wir haben richtig gut Fußball gespielt und viele Dinge richtig gemacht, aber wir haben einfach nicht das Tor getroffen.“

„Wir lassen uns durch die Niederlage nicht aus der Bahn werfen“

Nicht Adam Hlousek (22.), nicht Daniel Ginczek (43. und 47.), nicht Filip Kostic (48.) auch nicht Didavi (51.) und Martin Harnik (63. und 65.). „Da war viel Pech dabei“, sagte Gentner und tat das einzig Richtige: Er strich die positiven Aspekte des VfB-Auftritts hervor – und davon gab es eine ganze Menge: „Wir sind überzeugt von dem, was wir machen. Und zum allergrößten Teil haben wir heute gezeigt, was wir zeigen wollten.“ Oder, wie es Alexander Zorniger formulierte: „Wir haben 90 Minuten lang gezeigt, wie unser Fußball künftig funktionieren soll.“ Schnell, aggressiv, mitreißend, ein bisschen wild hier und da, aber auch zielstrebig von der Balleroberung bis zum gegnerischen Strafraum – aber eben auch beim Torabschluss. Denn die Flaute gegen Köln soll die Ausnahme bleiben. „Wir haben grundsätzlich die Qualität, um Tore zu erzielen“, weiß Zorniger.

Das soll möglichst schon am kommenden Samstag (18.30 Uhr/Sky) beim Hamburger SV gelingen. „Wir lassen uns durch diese Niederlage nicht aus der Bahn werfen“, versprach Robin Dutt. Dazu besteht nach dem insgesamt überzeugenden Spiel auch kein Grund – das 1:3 hin oder her.