Ex-Nationalspieler Cacau bei einem Spiel der Stuttgarter Kickers auf der Tribüne des Gazi-Stadions Foto: /imago/ Robin Rudel

Ex-Nationalspieler Cacau ist Markenbotschafter des VfB Stuttgart und Berater von Kickers-Trainer Mustafa Ünal. Wie kam es dazu, und wie lässt sich dies vereinbaren?

Die Vertragsverlängerung von Mustafa Ünal beim Fußball-Oberligisten Stuttgarter Kickers zog sich über mehrere Wochen hin. Wie beurteilt sein Berater Cacau den Weg des Trainers, in welcher Liga sieht er die Blauen mittelfristig, und was sind seine Aufgaben als Markenbotschafter des VfB Stuttgart?

 

Cacau, woher rührt Ihr enger Kontakt zu Mustafa Ünal?

Wir haben uns 2017 kennengelernt auf dem Lehrgang zur Trainer-A-Lizenz-Ausbildung in Hennef. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und bildeten dann auch eine Fahrgemeinschaft. Daraus hat sich im Laufe der Zeit ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Wir haben uns oft ausgetauscht und über Fußball gesprochen.

Sie sind aber auch sein professioneller Berater?

Ja, genau, wir arbeiten seit 2021 zusammen. Ich führe gemeinsam mit Dietmar Ness als Geschäftsführer die Agentur Ness & Network GmbH. Dietmar Ness habe ich 2004 kennengelernt, er war zu meiner aktiven Zeit dann auch mein Berater.

Welche bekannten Klienten haben Sie?

Zum Beispiel die Nationalspielerinnen Dzsenifer Marozsan, Kathrin Hendrich, Linda Dallmann oder Ann-Katrin Berger. Wir haben uns die Bereiche Frauen- und Männerfußball aufgeteilt. Ich bin verantwortlich für den Männerbereich, wo wir derzeit einen intensiven Fokus auf junge Talente legen, die wir auf ihrem Weg begleiten wollen.

Und auf einen jungen Trainer wie Mustafa Ünal.

Ja, als er im September 2021 seinen ersten Profivertrag bei den Stuttgarter Kickers unterschrieb, habe ich die Verhandlungen begleitet. Die Verlängerung jetzt war natürlich noch mal aufwendiger. Wir haben einige Gespräche geführt, aber durch Mustis sehr vertrauensvolles Verhältnis zu Kickers-Präsident Rainer Lorz führten die beiden auch persönliche Gespräche unter vier Augen.

„Ünal hat bisher tolle Arbeit abgeliefert“

Warum hat es denn mit der Unterschrift so lange gedauert?

Ich möchte da nicht zu sehr ins Detail gehen. Es ging um Inhalte, wie sich der Verein in Zukunft aufstellt, welche Rolle der Cheftrainer dabei spielt.

Mustafa Ünal hielt durch die sportlichen Erfolge alle Trümpfe in der Hand. Hat er seine starke Position in den Verhandlungen zu sehr ausgenutzt?

Nein. Das wäre nicht seine Art. Er hat bisher eine tolle Arbeit abgeliefert. Das begann schon in der Jugend, denn mit der U 17 der Blauen in der Bundesliga zu bleiben ist mindestens genauso viel wert, wie mit den B-Junioren des VfB vorne mitzuspielen. Die erfolgreiche Arbeit als Cheftrainer hat er nun in der ersten Mannschaft fortgesetzt.

Das i-Tüpfelchen fehlt bisher.

Ich bin sicher, hätte er das Amt in der vergangenen Saison früher übernommen, wäre es zum Regionalliga-Aufstieg gekommen. Die Ergebnisse sprechen für sich, aber auch die Art und Weise, wie die Mannschaft auftritt und die Zuschauer begeistert – das alles trägt seine Handschrift.

Und der Sportdirektor Marc Stein hat nun weniger zu sagen?

Nein, das glaube ich nicht. Beide sind professionell genug, um im Sinne des Vereins konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich weiß, dass Musti gut mit Menschen umgehen kann. Ich war mal an seiner Schule, als sie im Rahmen der Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet wurde. Da merkte ich, wie sehr er auch dort geschätzt wird – aufgrund seiner hohen sozialen Kompetenz. Mustafa Ünal verbindet Strenge und Konsequenz mit Herzlichkeit.

Kennen Sie auch Marc Stein persönlich?

Wir haben uns ein paarmal gesehen, hatten aber nie direkt miteinander zu tun.

Sie sind Markenbotschafter des VfB Stuttgart und Berater des Kickers-Cheftrainers. Geht das eigentlich?

Was meinen Sie?

Offensichtlich geht es in Ihrem Fall ja. Aber die innerstädtische Rivalität lässt sich ja nicht wegdiskutieren.

Von dem gegenseitigen Anheizen lebt ja der Fußball. Ich bin aber immer herzlich bei den Kickers empfangen worden. Klar ist die Rivalität unter den Fans da, aber es hängt auch immer mit der jeweiligen Person zusammen. Ich jedenfalls nehme keine Probleme wahr.

„Langfristig sind zwei Erstligisten möglich“

Wo sehen Sie die Kickers mittelfristig?

Also, die Vereinsführung arbeitet seriös und professionell, die Philosophie ist schlüssig, die Infrastruktur sehr gut und die Fan-Basis gigantisch. Mittelfristig ist die dritte Liga drin, gerne auch mehr. Die Stadt Stuttgart und die Region kann – genauso wie Berlin – in zehn oder 15 Jahren auch zwei Erstligisten vertragen. Aber bitte, und das ist ganz, ganz wichtig: eines nach dem anderen. Auch der Aufstieg in diesem Jahr aus der Oberliga wird noch ein hartes Stück Arbeit und ist längst nicht in trockenen Tüchern.

Kommen wir zu Ihrer Arbeit als VfB-Markenbotschafter. Was machen Sie da konkret?

Meine Aufgabe ist es, die Marke zu stärken. Tradition und Identifikation – beides hat der VfB. Legenden wie Hansi Müller, Guido Buchwald, Krassimir Balakov oder Timo Hildebrand – sie alle wollen wir noch näher am Verein haben, das wurde leider in der Vergangenheit vernachlässigt. Globalisierung ist wichtig, aber die Wurzeln des Vereins mindestens genauso. Da sehe ich eine Power im Verein, die ihresgleichen in Deutschland sucht.

Tradition hat auch die gute Jugendarbeit. Zuletzt kam aus dem eigenen Stall allerdings wenig bis nichts oben an.

Auch das muss besser werden. Man hat das im Verein erkannt, der VfB will verstärkt auf die eigene Jugend setzen. Beispiele sind Samuele Di Benedetto, Laurin Ulrich, Dennis Seimen, die schon Profiverträge unterschrieben haben.

Warum steigt der VfB nicht ab?

Weil sie am Ende mehr Punkte haben werden als die Konkurrenz.

Was würde ein Abstieg bedeuten?

Da denke ich als ehemaliger Spieler und Fan nicht daran. Auch wenn die Verantwortlichen zweigleisig planen müssen, bin ich sicher, dass der Verein alle Kräfte bündeln wird, um das Ziel Klassenverbleib zu erreichen.

Zur Person

Karriere
Cacau, der eigentlich Claudemir Jeronimo Baretto heißt, wurde am 27. März 1981 in der brasilianischen Stadt Santo André geboren. 1999 kommt er nach Deutschland und spielt bei Türk Gücü München und den Grashoppers Zürich vor. 2000 bekommt der Stürmer seinen ersten Vertrag beim Fünftligisten Türk Gücü. Bevor der VfB Stuttgart auf ihn aufmerksam wurde, spielte Cacau für die Amateure des 1. FC Nürnberg und für die Profimannschaft des Clubs. In 346 Pflichtspielen schoss er 109 Tore für den VfB, mit dem er 2007 deutscher Meister wurde. Von 2009 bis 2012 spielte Cacau für die deutsche Nationalmannschaft (23 Spiele, sechs Tore), mit der er bei der WM 2010 auf Platz drei kam. Von November 2016 bis Januar 2021 war er als Integrationsbeauftragter des DFB tätig.

Persönliches
Cacau ist verheiratet mit Tamara und hat drei Kinder (Linda 16, Levi 14, Davi 10). Die Familie wohnt im Remstal. Seine Hobbys sind Fitness und Golf. Er engagiert sich für seine Cacau-Kinderstiftung und das Hilfsprojekt „Sports for Life“, das er 2013 mit dem internationalen Kinderhilfswerk World Vision in seiner Heimat Brasilien gestartet hat. Seit Juli 2020 ist er Geschäftsführer der Agentur Ness & Network GmbH, seit September 2022 ist er Markenbotschafter des VfB Stuttgart. (jüf)