Die Helfer portionieren das Essen im Haus der Kirche. Foto: Trumpp

"Begeisternd" findet Dekan Erich Hartmann das Engagement der Ehrenamtlichen der Vesperkirche. Auch Oberbürgermeister Florian Kling spart nicht mit lobenden Worten. Denn die Verantwortlichen haben sich etwas Besonderes ausgedacht: Mahlzeiten liefern lassen, abholen oder zusammen einnehmen – all das ist dieses Jahr möglich.

Calw - Im Haus der Kirche ist viel Betrieb. Emsig tüten Mitarbeiter Speisen ein. "Die sind biologisch abbaubar", erklärt Diakonin Miriam Kühn-Junge, die das Projekt zusammen mit Stadtpfarrer Dieter Raschko leitet. Sie freut sich, dass es endlich losgeht. "Heute gibt es Maultaschen und für die Vegetarier Krautwickel." Das Haus der Kirche sei der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Aktion. Hier werden die Portionen zubereitet. Die freiwilligen Helfer fahren die Mahlzeiten dann zu den verschiedenen Abholstationen und zu einzelnen Haushalten im Umkreis.

Zum Start erscheinen auch Oberbürgermeister Florian Kling, Schirmherr der Vesperkirche, und Dekan Erich Hartmann. "Vielen herzlichen Dank", sagt Kling in Richtung der Mitarbeiter. "Klasse, dass Sie sich so einsetzen", ergänzt Hartmann. Für den ersten Tag der Vesperkirche seien bereits 600 Portionen bestellt worden, freut er sich. "Natürlich können sich Leute, die sich noch nicht angemeldet haben, auch weiterhin Portionen bestellen, aber die Kapazitäten sind natürlich nicht unbegrenzt", fügt er hinzu. Nachdem beide den Mitarbeitern ihre Wertschätzung ausgedrückt haben, meint Hartmann: "Wir geh’n jetzt essen!"

Vesperkirche will auch Seelennahrung sein

Und damit machen sich das Stadtoberhaupt und der Geistliche auf in die Stadtkirche. Auf dem Weg stellt Kling Fragen über die Fahrer, die die Mahlzeiten zu den Leuten nach Hause bringen: "Das ist dann so wie ein Pizzaservice, oder?" "Naja, eigentlich ja gerade nicht", entgegnet Bettina Häberle, die Teil des Kernteams der Vesperkirche ist. "Im Unterschied zu einem Pizzaservice bringen unsere Mitarbeiter Zeit mit." Hartmann fügt hinzu, dass es in der Vesperkirche eben auch um Seelennahrung gehe. "Gute Begegnungen können Speise für die Seele sein." Vergangenes Jahr hatten sich laut Häberle vor allem ältere Alleinstehende über den Service der Vesperkirche gefreut und gesagt: "Das war mein erster Besuch seit Langem." Die Gespräche am Gartenzaun hätten vielen Menschen gut getan. Aber auch junge Familien profitierten in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling vom Lieferservice. "Vergangenes Jahr waren die Leute noch eher zögerlich und haben erst einmal ein Essen bestellt. Dieses Jahr haben viele gleich für die zehn Tage bestellt", so Häberle.

Vesperkirche als Ort der Begegnung

In der Stadtkirche angekommen müssen Besucher ihren Impfnachweis vorzeigen. "Man kann sich aber auch vor Ort testen und sogar impfen lassen", ist der Dekan stolz. In seinem Grußwort drückt Kling seine Freude über den Einsatz der Ehrenamtlichen aus und darüber, dass in der Vesperkirche Menschen zusammenkommen und miteinander essen. In solch schwierigen Zeiten sei es wichtig, füreinander da zu sein. "So kann Frieden entstehen", ist er sich sicher. Hartmann stimmt mit ein: Es sei begeisternd, wie Ehrenamtliche die Vesperkirche das ganze Jahr vorbereiten und nun umsetzen würden. Er zitiert Psalm 23: "Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde". Corona oder auch die Nachrichten über den Krieg in der Ukraine könnten nun Angst machen. Dass man sich nun bei der Vesperkirche trotzdem an einen Tisch setzen und begegnen könne, "ist ein Geschenk unseres Gottes, auf den wir hoffen, auch angesichts des Krieges".

Motivierte Mitarbeiter helfen gerne mit

Nach ihren Ansprachen lassen es sich OB Kling und Dekan Hartmann schmecken. Bedient werden sie von freundlichen Mitarbeitern. Roswitha Gäckle und Isolde-Emma Gaggus-Bluthardt sind zwei von ihnen. Für Gäckle war die Vesperkirche schon immer eine tolle Sache. "Wenn ich mal nicht mehr berufstätig bin, werde ich da mitmachen", hatte sie sich schon länger gesagt. Dieses Jahr sei sie zum ersten Mal wirklich dabei.

Darauf angesprochen, warum sie mitarbeitet, meint Gaggus-Bluthardt: "Weil es mir Freude bereitet und ich gerne helfe". Alle Schichten der Gesellschaft kämen hier zusammen. Außerdem lerne man Menschen kennen "und wenn man sich dann übers Jahr auf der Straße sieht, freut man sich, dass man sich kennt." So sieht das auch ein Gast, der gerade das Kaltgetränk genießt: "Hier gibt es nicht nur Essen, sondern auch Gemeinschaft." Und wie hat das Essen geschmeckt? "Richtig lecker", ist Kling mehr als zufrieden.

Info:

Die Vesperkirche findet von 8. März bis 17. März statt. Um sich für den Besuchsdienst oder bei einer Vesperkirchenhütte anzumelden, muss man das ausgefüllte Anmeldeblatt (Download unter www.vesperkirche-calw.de) am Vortag ausgefüllt beim Gemeindebüro der Stadtkirche (Altburger Str. 3), einem Vesperkirchenboten oder an den Vesperkirchenhütten abgeben. Alternativ können Interessierte zwischen 9 und 11 Uhr und zwischen 13 und 15 Uhr unter 0152/25 48 48 47 anrufen oder eine E-Mail an Pfarramt.Calw.Stadtkirche-2@elkw.de schicken.

Die Vesperkirchenhütten befinden sich in Altburg gegenüber der Firma Getränke Pfrommer, auf dem Wimberg auf dem Edeka-Parkplatz, in Heumaden an der Versöhnungskirche. in Stammheim am Rathaus und in Hirsau vor dem Rathaus. In Calw ist die Stadtkirche für hungrige Mägen auch ohne Anmeldung offen.