An vielen Straßen in Freudenstadt gilt schon Tempo 30 – doch die Begrenzungen sind noch immer sehr uneinheitlich. Foto: Beyer

Freudenstadt schließt sich der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ an. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen – gegen den Willen der Stadtverwaltung, die mit ihren Argumenten nicht überzeugen konnte.

Mit der Forderung nach flächendeckendem Tempo 30 in Freudenstadt hatte die „Bürgeraktion“vor drei Wochen für Aufsehen gesorgt. Vertreter gleich mehrerer Gemeinderatsfraktionen hatten dem Vorhaben eine Absage erteilt. Zwar sprachen sie sich nicht grundsätzlich gegen mehr Tempo 30 aus, aber gegen ein flächendeckendes Tempolimit, dass dann auch Hauptverkehrsadern treffen würde.

 

Nun wurde das Thema im Gemeinderat diskutiert. Dabei relativierte die Bürgeraktion ihre Forderungen. So wolle die Bürgeraktion Tempo 30 vor allem für die Nebenstraßen, erklärte Klaus Fellermann (BA). „Nicht für die B 28.“ Und sein Fraktionskollege Albrecht Ortmann stellte klar: „In der Martin-Luther-Straße ist Tempo 50 völliger quatsch.“

Mehr Entscheidungsfreiheit

Stattdessen konzentrierte sich die Bürgeraktion nun auf ihre Kernforderung: Freudenstadt solle der Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beitreten.

Ziel der Initiative ist es, eine Gesetzesänderung auf Bundesebene zu erreichen, wodurch Städte und Gemeinden beim Thema Tempolimit mehr Entscheidungsfreiheit bekommen sollen.

„Vielleicht sind wir auch zu blöd“

Doch die Stadtverwaltung hielt von diesen Plänen nichts. „Wir halten diese Initiative nicht für zielführend“, erklärte Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU). „Da durch diesen Beitritt suggeriert wird, dass überall Tempo 30 eingerichtet wird. Und das ist nicht der Fall.“

Bei der Bürgeraktion sorgte das für Verwunderung. „Wir sehen, dass der Antrag nicht verstanden wurde“, meinte Ortmann (BA). Osswald reagierte daraufhin gereizt: „Vielleicht sind wir auch zu blöd. Wir sind der Meinung, dass die Initiative das, was sie will, nicht machen kann.“

Tempolimit-Flickenteppich sorgt für Schilderwald

Bärbel Altendorf-Jehle (BA) versuchte, das Missverständnis auszuräumen. „Uns ist klar, dass wir mit dem Beitritt noch nicht machen können, was wir wollen. Aber wir unterstützen die anderen Städte und zeigen Solidarität.“

Auch von den anderen Fraktionen im Gemeinderat gab es Zustimmung für die Pläne der Bürgeraktion. So beklagte Hermann John (FWV) den durch den Tempolimit-Flickenteppich entstandenen Schilderwald. „Es ist ein Theater, wie viele Schilder gestellt werden müssen. Man kann die Gehwege nicht mehr richtig räumen und kehren.“ Ein einheitliches Tempolimit abseits der Hauptstraße wäre da einfacher.

Unterstützung kam ebenfalls von der CDU. „Der Beitritt zu der Initiative tue ja nicht weh“, meinte Andreas Bombel. Ähnlich sah es sein Fraktionskollege Stefan Langrehr: „Ich weiß nicht, wo das Problem ist, beizutreten.“ Schließlich gehe es ja in erster Linie darum, dass die Stadt mehr Rechte bekommen soll. „Warum machen wir das nicht?“

„Das wäre fantastisch“

Auch Axel Reich (CDU) konnte nicht verstehen, was schlecht daran sein sollte, zu versuchen mehr Entscheidungskompetenzen an die Gemeinde zu ziehen. „Wenn wir über unsere Bundestagsabgeordneten es so hinkriegen, dass wir als Kommune entscheiden können, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen gemacht werden, dann wäre das fantastisch.“

Reich konnte ebenfalls nicht die Verwirrung der Stadtverwaltung nachvollziehen: „Wir zeigen ja nur nach außen, wir finden die Idee gut.“

So wundert es dann auch nicht, dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung, den Antrag der Bürgeraktion abzulehnen, bei der Abstimmung krachend scheiterte. Nur vier Gemeinderäte stimmten für den Vorschlag der Stadt. Die Mehrheit stimmte dagegen. Vier Stadträte enthielten sich. Damit steht es fest: Freudenstadt schließt sich der Initiative an.