Das Stadtplanungsamt habe mit Projekten wie zuletzt etwa der Kita Dreyspringstraße (Foto) bereits alle Hände voll zu tun, heißt es von der Lahrer Verwaltung. Foto:  

Weshalb müssen Bauherren in Lahr bisweilen länger auf die Bearbeitung ihres Projekts durch das Stadtplanungsamt warten, als ihnen lieb ist? Diese Frage hat unsere Redaktion aus aktuellem Anlass der Verwaltung gestellt. Die Antwort: Es liegt an der Arbeitsbelastung – aber nicht nur.

843 Wohnungen hat die Deutsche Bauwert seit 2009 in Lahr gebaut – weitere werden nicht hinzukommen, da das Immobilienunternehmen aus Baden-Baden einen Schlussstrich unter sein Engagement in Lahr gezogen hat. Denn Investor Uwe Birk ist enttäuscht, dass es mit seinem Bauprojekt auf dem Singler-Areal nicht schneller vorangeht. Kein Einzelfall, auch andere Investoren wünschen sich, wie berichtet, eine zügigere Bearbeitung im Stadtplanungsamt. Doch das Amt arbeitet eine Prioritätenliste ab, auf der städtische Projekte oben stehen. Kommen private Bauherren zu kurz? Diese Frage hat unsere Redaktion der Stadt gestellt, die daraufhin in Person von Pressesprecher Nicolas Scherger eine Stellungnahme abgegeben hat.

 

Was hat es mit der Prioritätenliste auf sich?

Diese Liste – die Verwaltung spricht auch von einem Arbeitsprogramm – gibt es beim Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung seit etlichen Jahren, so Scherger. Zuletzt habe der Gemeinderat 2022 die Priorisierung von mehr als 50 Vorhaben beschlossen. Danach seien für Lahr allerdings „elementar zukunftsweisende Projekte“ hinzugekommen, die eine Menge Arbeit verursachten und auf der Liste nach vorn gerückt seien.

Scherger nennt die Beispiele Klinikum-Neubau, Kreisstraße, Kita Dreyspringstraße, die schwimmende Photovoltaik-Anlage auf dem Waldmattensee, die Windenergieanlage Detschel/Regionalplan, das Sanierungsgebiet Innenstadt-Marktstraße, die Breitmattenschule und den Surfpark.

Auch das Vorhaben auf dem Singler-Areal sei nachträglich hinzugekommen. Allerdings habe man gegenüber der Deutschen Bauwert von Anfang an betont, dass der dafür nötige Bebauungsplan in der Priorisierung nicht vorne stehen könne, betont Scherger.

Warum stellt man nicht zusätzliches Personal ein?

Hier verweist die Stadt auf die „sehr angespannte Haushaltslage“, wegen der mehr Stellen nur schwer zu rechtfertigen seien. Ohnehin sei es gar nicht so leicht, geeignete Leute zu finden. Denn der Stellenmarkt sei schwierig, Neubesetzungen könnten deshalb eine gewisse Zeit dauern.

Zugleich betont Scherger die Belastung des Teams im Stadtplanungsamt: Im vergangenen Jahr sei es wegen Personalwechseln und Elternzeiten „faktisch halbiert“ gewesen. Dabei sehe der Stellenplan für die Stadtplanung insgesamt 6,0 Ingenieursstellen in Vollzeit vor. Da eine Neueinstellung und eine Aufstockung bevorstehen, werde man absehbar 5,0 Stellen besetzen können, so Scherger.

Warum werden Bebauungspläne nicht extern vergeben, wenn das Stadtplanungsamt so belastet ist?

Karl-Rainer Kopf von der Kopf-Gruppe in Schwanau, die in Kippenheimweiler einen Penny-Markt entwickeln will, monierte in einem Gespräch mit unserer Redaktion, im Lahrer Stadtplanungsamt meine man, alles selber machen zu müssen. Mit dem Ergebnis, dass Investoren (zu) lange warten müssten. Denn auch der geplante Lebensmittel-Discounter in Wylert befindet sich auf unabsehbare Zeit in der Warteschleife.

Darauf erwidert die Stadt, dass man längst zahlreiche Bebauungspläne extern bearbeiten lasse. Vor allem Planungen, deren Finanzierung ein Investor übernimmt, sollen künftig extern vergeben werden, betont Scherger. Doch ein Allheilmittel sei das nicht: „Erfahrungsgemäß führt die externe Vergabe nur teilweise zu einer Entlastung der Verwaltung und trägt nicht erheblich zur Beschleunigung von Verfahren bei“. Denn als gesetzlich definierte Trägerin der Planungshoheit bleibe die Stadt in der vollen Verantwortung für die Inhalte der Bebauungspläne – „wir müssen alle Unterlagen prüfen“, verdeutlicht Scherger.

Es sei aber auch gar nicht das Ziel von Stadt und Gemeinderat, die bauliche Gestaltung ihres Gebiets ohne Mitsprache an Investoren abzugeben. „Die Grundlage für das Verwaltungshandeln sind und bleiben Gremienentscheidungen“, hebt Scherger hervor. Gerade bei größeren Projekten bestehe außerdem häufig Abstimmungsbedarf mit anderen Fachbehörden oder der Bürgerschaft, der ebenfalls nicht outgesourct werden könne.

Besteht nicht die Gefahr, dass private Bauherren mit ihren Vorhaben „auf der Strecke bleiben“ – einfach zu lange warten müssen?

Uwe Birk verdeutlichte im Gespräch mit unserer Redaktion, wie das Zeitfenster für sein Bauprojekt mit 90 geplanten Wohnungen auf dem Singler-Areal ausgesehen hätte, wenn es nach der Stadt gegangen hätte. Demnach habe ihm Baubürgermeister Tilman Petters mitgeteilt, dass der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan erst 2027 möglich sei – für ein Gelände, das Birk im Mai 2022 gekauft hatte. „Es hätte bis 2028 oder 2029 gedauert, bis überhaupt Baurecht hergestellt ist“, so Birk – für ihn nicht hinnehmbar.

Nun ist Birk ein Groß-Investor – welche Probleme haben dann erst Bauherren mit kleineren Vorhaben? Hier gibt die Stadt Entwarnung: Private Bauherren könnten auf ihrem Grundstück im Rahmen des Rechts jederzeit bauen. Denn grundsätzlich bestehe im Bebauungszusammenhang einer Stadt bereits Baurecht. Deshalb sei es auch unüblich, für einen einzelnen Bürger, der womöglich lediglich ein Einfamilienhaus plant, einen Bebauungsplan aufzustellen. Wegen der fälligen Fachgutachten wäre so ein Vorgehen auch eher unverhältnismäßig, so Scherger.

Wird durch die Überlastung des Planungsamts die Stadtentwicklung gebremst?

Auf diese Frage kommt von Scherger ein klares Nein: Angesichts von „großen wohnbaulichen Entwicklungen“ könne von einer langsamen Stadtentwicklung keine Rede sein. Vielmehr treffe „der Nachholbedarf anderer Sektoren auf eine weiterhin hohe Nachfrage von Investoren nach Wohnbauprojekten“. Bei einigen Vorhaben – wie der Errichtung neuer Kitas – stehe man auch gesetzlich in der Pflicht.

Insgesamt habe sich Lahr so schnell entwickelt, „dass die soziale Infrastruktur zwingend nachziehen muss“,so Scherger. Neben der Wohnraumschaffung müsse die Verwaltung Vorhaben aber auch nach Kriterien wie Verkehrsfluss, Umwelt- und Artenschutz sowie soziales Wohnumfeld beurteilen. Gerade diese Anforderungen bedürften einer ausgewogenen Gesamtbetrachtung.

„Dies erfordert finanzielle und personelle Ressourcen beim Investor und der Verwaltung und ist auch ein Zeitfaktor“, so Scherger