Auf einer Abenteuer-Tour in australischem Wildwasser wird ein Kajakfahrer eingeklemmt. Nach Stunden glückt seine Rettung – jedoch zu einem hohen Preis. Der Fall erinnert an eine dramatische Rettung in der Wildnis.
Das Bein ist verloren, aber sein Leben erst einmal gerettet: Auf der australischen Insel Tasmanien ist nach stundenlangem Einsatz ein verunglückter Kajakfahrer aus einem Fluss befreit worden. Sein Zustand ist aber auch nach erfolgreicher Rettung laut der Polizei in Tasmanien weiter kritisch.
Demnach war der aus Litauen stammende Mann am Freitagnachmittag (22. November) in einem Fluss im Franklin-Gordon Wild Rivers National Park in Südwesten der Insel zwischen Felsen eingeklemmt worden. Erst nach mehr als 20 Stunden Einsatz gelang es laut Polizei, den Mann zu befreien – nach dem „schwierigen Entschluss“, sein Bein zu amputieren, wie sie auf ihrer Facebook-Seite erklärte.
Abenteuertour nimmt tragische Wendung
Den Behörden zufolge gehörte der 65-Jährige zu einer elfköpfigen Gruppe – allesamt aus Litauen – die auf einer mehrtägigen Kajak-Tour durch den Nationalpark unterwegs war. Die Polizei beschrieb die Gruppe als gut vorbereitete und erfahrene „Abenteuer-Touristen“. Auf ihrer globalen Rafting-Tour sei Australien die fünfte und letzte Station gewesen.
Die Rettungskräfte, die ein per Smartwatch abgesetzter Notruf des Mannes erreicht hatte, wurden in dem abgelegenen Gebiet mit einem „extrem herausfordernden und technischen“ Einsatz konfrontiert, wie Einsatzleiter Doug Oosterloo dem Sender ABC News schilderte.
Rettungsversuche scheitern
Mehrere Versuche, den teils unter Wasser und in starker Strömung befindlichen Mann zwischen den Felsen herauszubekommen, seien auch unter Gebrauch von Spezialgeräten am Freitagabend und auch noch am frühen Samstag (23. November) gescheitert.
ABC News zufolge hatte sich der Mann vermutlich das linke Bein eingeklemmt, als er versucht hatte, zu Fuß den Flussverlauf für die Kajakfahrt zu erkunden.
Entscheidung zwischen Leben und Tod
Der Mann sei zwar grundsätzlich gut für die Wildwassertour ausgerüstet gewesen und habe auch einen Schwimmanzug getragen. „Aber selbst wenn du gut vorbereitet bist, selbst wenn du alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifst, kann etwas schiefgehen“, erklärten Einsatzkräfte.
Einzelne Rettungskräfte harrten selbst mehrere Stunden an seiner Seite im Wasser aus, während die Reisegruppe den Mann mit warmem Essen und Getränken versorgte, um eine Unterkühlung zu verhindern. Der Litauer sei dabei die ganze Nacht über „positiv“ geblieben, dass er seiner Notlage letztlich entkommen werde.
Letztlich musste angesichts der gescheiterten Rettungsversuche und der Verschlechterung seines Zustandes „eine Entscheidung zwischen Leben oder Tod“ getroffen werden, betonte Oosterloo.
Abwägung der Rettungskräfte
Weil der Betroffene selbst nur wenig Englisch sprach, habe einer seiner Mitreisenden – praktischerweise ein Arzt – die Abwägung der Rettungskräfte ins Litauische übersetzen können, berichteten Rettungskräfte. Ärzte nahmen ihm schließlich mit Spezialausrüstung vor Ort das Bein ab.
Anschließend wurde der 65-Jährige ins Krankenhaus in Tasmaniens Hauptstadt Hobart ausgeflogen. Auch die anderen restlichen Tour-Mitglieder wurden mitsamt ihrer Ausrüstung nach Angaben der Polizei auf dem Luftweg aus dem Flussgebiet gebracht.
Wenn das Freizeitabenteuer blutig endet
Der Fall erinnert an Aron Ralstons Geschichte. Auch sie ist extrem. 127 Stunden war der Kletterer im Jahr 2003 in einer engen Schlucht im entlegenen Blue John Canyon im US-Staat Utah eingeklemmt. Für Aron Ralston wurde eine harmlose Klettertour durch einen falschen Schritt zum blutigen Abenteuer.
Der Film „127 Hours“ von Regisseur Danny Boyle mit Jess Franco in der Hauptrolle aus dem Jahr 2011 schildert den Überlebenskampf des Amerikaners. Es ist eine von unzähligen Survival-Storys. Andere Menschen bezahlen ihre Abenteuerlust mit dem Leben.
Ralston war alleine unterwegs, als ein schwerer Felsbrocken seinen rechten Arm zerschmetterte. Am sechsten Tag sah er nur noch einen Ausweg, um sich aus der Falle zu befreien. Mit einem stumpfen Taschenmesser trennte der damals 27-Jährige seinen Unterarm ab. Er war frei, aber noch nicht gerettet. Mit dem blutigen Stumpf musste er sich abseilen und kilometerweit laufen, bis er auf Hilfe traf.
Tödlicher Trip in die Einsamkeit
Ralstons Survival-Story hätte leicht tödlich enden können. Wie die des 22-jährigen Amerikaners Christopher McCandless, der sich im Frühjahr 1992 in die Wildnis von Alaska aufmachte. Sein Leben wurde im Jahr 2007 unter dem Titel „Into The Wild“ nach der gleichnamigen Reportage des US-Journalisten Jon Krakauer verfilmt.
Der junge Mann entschied sich Anfang der 1990er Jahre für ein Leben in der Wildnis. Bei ihm nahm das Abenteuer ein tragisches Ende: McCandless war der Rückweg über einen nach der Schneeschmelze angeschwollenen Fluss versperrt, so dass er letztlich nach zwei Jahren in der Wildnis, in einem ausrangierten Bus abgemagert, einsam und entkräftet verhungerte. Sein Leichnam wurde im August 1992 von Elchjägern auf dem Weg entlang des Stampede Trail unweit des Denali National Parks in Alaska gefunden.