Flüchtlinge gehen über das Gelände der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Hamburg Wilhelmsburg. Foto: dpa

Der Streit über die gerechte Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Länder schwelt seit Monaten. Eine Einigung scheint schwierig.

Luxemburg - Im Streit um die Verteilung von insgesamt 60.000 Flüchtlingen schaffen die EU-Länder ihr Ziel vorerst nicht. „Für die Umsiedlung sind wir noch nicht am Ziel“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen am Donnerstag in Luxemburg. „Einige Staaten wollen sich erst in den nächsten Tagen festlegen, mit anderen Staaten werden wir sicher noch Gespräche führen.“

Der für Immigration zuständige luxemburgische Minister Jean Asselborn sagte, die Minister müssten einen zweiten Anlauf für eine Lösung machen. Dies werde am 20. Juli bei einem Sondertreffen erfolgen. Asselborn betonte: „Wir sind nicht weit vom Ziel entfernt.“ Die Diskussion sei „schwierig und sehr heikel“ gewesen. Luxemburg leitet derzeit die Treffen.

Innerhalb von zwei Jahren sollen 40.000 Asylberechtigte, also etwa syrische Kriegsflüchtlinge und Opfer der Militärdiktatur in Eritrea, innerhalb der EU umverteilt werden. Dies soll die Mittelmeerländer Italien und Griechenland von Bootsflüchtlingen entlasten.

Großbritannien will nicht teilnehmen

Deutschland wird von den 40.000 Flüchtlingen 9000 aufnehmen, sagte de Maizière. Dies ist mehr als zunächst angeboten und auch als die EU-Kommission mit 8763 Migranten vorgeschlagen hatte. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve kündigte an, 6752 Flüchtlinge zu nehmen - exakt die Zahl des Kommissionsvorschlags. „Solidarität bedeutet auch, dass wir gemeinsam in der Verantwortung stehen“, sagte Cazeneuve.

Außerdem sollen weitere 20.000 Menschen aus Lagern nahe der syrischen Grenze in der EU neu angesiedelt werden. Nach Worten Asselborns haben die EU-Staaten in diesem Punkt das Ziel bereits übertroffen. Minister de Maizière kündigte an, dass Deutschland 3100 dieser Flüchtlinge aufnimmt.

Nach Angaben von Diplomaten haben von 28 Staaten nicht alle Zusagen gemacht; Großbritannien etwa will nicht teilnehmen.

Tschechien, das sich vehement gegen verbindliche Quoten gestellt hatte, versprach die Aufnahme von 1500 Flüchtlingen, wie ein Regierungssprecher in Prag ankündigte. Es handele sich um eine „einmalige Solidaritätsaktion“, sagte demnach Ministerpräsident Bohuslav Sobotka. Gegen eine Quote waren vor allem osteuropäische und baltische Staaten, die selten das Ziel von Migranten sind.

„Historische Herausforderung“

Das Thema ist seit Monaten umstritten. Beim EU-Gipfel Ende Juni hatten die EU-Staaten die von der EU-Kommission vorgeschlagene feste Quote für jedes Land blockiert. Stattdessen vereinbarten sie, auf freiwilliger Basis Migranten aufzunehmen. De Maizière mahnte: „Das Thema Flüchtlinge ist für Europa eine historische Herausforderung.“

Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, forderte in Luxemburg mehr Einsatz von der EU. „Wir bedauern den freiwilligen Charakter des Umverteilungsprogramms“, sagte Guterres. „Europa wird in den kommenden Monaten einer Situation gegenüberstehen, in der es gefragt sein wird, sehr viel mehr zu tun.“ Laut Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ist die Zahl der syrischen Kriegsflüchtlinge im Ausland auf mehr als vier Millionen und damit auf einen neuen Höchststand gestiegen.

Hintergrund ist, dass nach dem Dublin-Abkommen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen müssen, wo sie erstmals europäischen Boden betreten haben. Laut EU-Diplomaten kann die Verteilung frühestens im Spätsommer beginnen.