Der Zollernalbkreis ist hinsichtlich der Hausarztsitze, die die KVBW vorsieht, bereits heute unterversorgt. Dazu kommt, dass einige Hausärzte in den kommenden Jahren wohl in den Ruhestand gehen. Foto: rogerphoto - stock.adobe.com

Der Zollernalbkreis ist hinsichtlich Hausärzten schon heute unterversorgt. Wie aktuelle Zahlen zeigen, sind etwa 35 Prozent aller Hausärzte im Kreisgebiet über 65 Jahre alt.

Im Jahr 2024 waren nach Daten der Bundesärztekammer deutschlandweit rund 27 000 oder 40,8 Prozent aller Hausärztinnen und Hausärzte 60 Jahre oder älter – knapp jede oder jeder fünfte (18,5 Prozent) war älter als 65 Jahre.

 

Bedeutet: Zahlreiche Hausärzte gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, ohne Nachfolge. Dieses Schicksal drohe auch dem Zollernalbkreis, wie Ullrich Mohr, Vorsitzender der Kreisärzteschaft Zollernalb, auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt.

Zum Stichtag 30. Juni 2025 gab es im Zollernalbkreis 109 Hausärzte, die sich auf die einzelnen Mittelbereiche des Landkreises – Albstadt, Balingen, Hechingen – verteilen. Mohr beruft sich auf Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die Vertretung der niedergelassenen Ärzte, welche sich mit jenen der Ärztekammer weitgehend decken.

Unterversorgung gegeben

Aufgeschlüsselt auf die Mittelzentren sind derzeit 21 Praxen im Bereich Albstadt, 14 Praxen im Bereich Balingen und 19 Praxen im Bereich Hechingen zu verzeichnen. Wobei diese Aufteilung, so betont Ullrich Mohr, immer etwas schwierig sei. Warum? Weil in diesen Bezirken mehrere sogenannte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) angesiedelt seien; die Zahl der dort untergebrachten Praxen und vor allem die Zahl der dort arbeitenden Ärzte und Ärztinnen sei nur schwer genau zu erfassen.

Die genannten Zahlen weisen auch darauf hin, dass alle drei Mittelbereiche hinsichtlich der Verfügbarkeit von Hausärzten unterversorgt sind. In Balingen betrage der Versorgungsgrad 75 Prozent, in Hechingen 82 Prozent und in Albstadt 86 Prozent.

Und: Mit Blick auf die Altersstruktur der Hausärzte im Kreis droht eine weitere Verschlechterung der Versorgungsquote. Wie Mohr nämlich mitteilt, haben von diesen 109 Hausärzten bereits 38 ihren 65. Geburtstag gefeiert. Das sind etwa 35 Prozent. 15 Hausärzte im Zollernalbkreis befinden sich zudem in der Altersspanne zwischen 60 und 64 Jahren. 50 bis 59 Jahre alt sind derzeit 26 Ärzte. Nur 30 Ärzte sind jünger als 50 Jahre.

Nachfolgesuche schwierig

Mohr sagt daher: „Wenn man nun davon ausgeht, dass von den 35 Ärzten, die älter als 65 Jahre sind, in den nächsten zwei bis drei Jahren etwa die Hälfte in Ruhestand geht und teilweise keine Nachfolger findet – wovon auszugehen ist –, verschärft sich das Problem der hausärztlichen Versorgung im Zollernalbkreis noch weiter .“

Schon derzeit bestehen laut KVBW im Zollernalbkreis 35 freie Arztsitze für Hausärzte. Nach Mohrs Rechnung würden zu diesen dann weitere 15 bis 20 Hausarztsitze dazu kommen.

Nachwuchs nicht in Sicht

Und es fehlt an Nachwuchs. Momentan arbeiten im Kreisgebiet nur 18 Weiterzubildende im Fach Allgemeinmedizin, was für die spätere Arbeit als Hausarzt qualifiziert. „Ob diese nach Abschluss ihrer Weiterbildung jedoch als Hausärzte arbeiten und sich im Zollernalbkreis niederlassen wollen, ist nicht absehbar“, heißt es vom Vorsitzenden der Kreisärzteschaft weiter.

Denn: Auch die MVZ’s hätten Probleme bei der Nachbesetzung von Hausarztstellen, obwohl den dort arbeitenden Ärzten ein Großteil der Bürokratie, der Verwaltungsarbeit und des unternehmerischen Risikos abgenommen werden.

Bürokratie hemmt

Um die hausärztliche Versorgung sicherzustellen, fordert Mohr daher an erster Stelle einen Abbau der Bürokratie im Gesundheitswesen: Dokumentationen, justiziable Leistungsnachweise oder Abrechnungen raubten Zeit. Diese fehle den Ärzten bei der Behandlung und Betreuung ihrer Patienten. Das sei aber eine Sache des Bundes, der Zollernalbkreis könne hier nur marginalen Einfluss nehmen.

Kreis hat nur wenig Einfluss

Dazu komme, dass das unternehmerische und betriebswirtschaftliche Risiko in ambulanten Versorgungsbetrieben für ärztliche Unternehmer unter den derzeitigen Bedingungen zu groß und risikoreich sei. Die Folge: „Im derzeitigen Gesundheitssystem sind die Erfüllung der politischen Forderungen und Versprechungen an die Bürger nur mit einem mehr oder weniger deutlichem Ausmaß an Selbstausbeutung zu leisten, wie es Ärztinnen und Ärzte der bisherigen Generationen häufig noch gemacht haben“, erklärt Ullrich Mohr.

Er moniert zudem, dass die Eigenverantwortlichkeit der Bürger für ihre Gesundheit von politischer Seite ebenfalls zu wenig eingefordert werde. Sein Fazit: „Bei der Lösung respektive Bearbeitung all dieser Dinge hat unser Zollernalbkreis nur wenig Einfluss.“