Die Luitgardspiele wurden auf dem Lindenplatz aufgeführt. Foto: Repro Haas

Wer hat wohl die weitläufige Gemeinde Oberwolfach in besonderer und herausragender Weise durch seine heuer schon 750 Jahre währende Geschichte begleitet? Konkrete Spuren solcher Nachforschungen verlieren sich im Dunkel des Mittelalters.

Die Herrschenden innerhalb der damaligen Machtstrukturen waren diejenigen, die sich den Ansiedlungen der Menschen vor allem aus wirtschaftlichen Aspekten zuwandten. Man wird sich zum Schutz vor äußeren Feinden, aber auch gegen Seuchen und die Unbilden der Natur, wie Überschwemmungen, Trockenheit und bei Missernten zusammengetan haben.

 

Erst in den vergangenen drei bis vier Jahrhunderten sind einige fundierte Überlieferungen vorhanden, wie etwa von Kriegen, durchziehenden Truppen oder Auswanderungswellen bei Hungersnöten.

Sogenannte Urbarien geben Aufschluss über Grundbesitz und Ertrag

Richtig ins Detail und die Oberwolfacher beim Namen nennend gehen dann die so genannten Urbarien mit den Auflistungen von Grundbesitzen mit den Bewirtschaftern. Dabei ging es um die den Grundstücken, Güter genannt, anhaftenden Rechte und Erträge und die darauf basierenden Abgaben und Steuern.

Man stößt bereits im 14. und 15. Jahrhundert auf Familiennamen, die sich bis in die Gegenwart gehalten haben, wie beispielsweise Armbruster, Bechlin, Bodnat (Bonath), Bruder, Brüstlin, Feist, Fritsch, Groß, Haitzmann, Harter, Meyer, Nock, Ra(u)ber, Schnieder, Spynner und Weiß, um nur einige zu nennen.

Sehr konkret wird dann über den Besitz der Grundstücke im Feuerversicherungsbuch von 1840 berichtet. Auf eine wahre Fundgrube für alle ortshistorisch Interessierten stößt man auf den Seiten 18 bis 24 in der Gemeindechronik von Kurt Erich Maier von 1958.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 sind es vor allem die Pfarrer und Vikare der Gemeinde, die durch regelmäßige Kontakte aus Anlass von Geburt, Heirat und Tod mit den Oberwolfachern auch als Gemeinschaft besonders verbunden waren und zugleich sorgsam als erste in der Art eines gegenwärtigen Einwohnermeldeamtes Buch führten.

Wer sich tiefer mit diesen Dokumenten befasst, kann sich ein Bild von der Persönlichkeit des jeweiligen Pfarrherrn machen. Man wird so mancher örtlicher Gepflogenheit gewahr, so auch, dass die im August geborenen Knaben über Jahrhunderte hinweg den Namen des in diesem Monat gefeierten Kirchenpatrons Bartholomäus „verpasst“ bekamen.

Wer im August geboren wurde, bekam den Namen Bartholomäus

Bis zu acht „Bartholomäusse“ konnten so hintereinander von Juli bis September vom Taufbecken hinweg in ihr Leben hinaus getragen worden sein.

Im vorigen Jahrhundert gibt es über die Pfarrer, Bürgermeister sowie Gemeinderäte hinaus etliche, die sich als Chronisten mit der Historie und der Gemeinde in ihrer Gesamtheit befassten. So widmete der Maurer und Tagelöhner Martin Herrmann vom Grünach, „Murermarti“ genannt, 1930 eine mit Bleistift von Hand geschriebene „Kleine Chronik des Ortsteils Grünach“ nicht nur den Grünachern, sondern eigentlich allen Oberwolfachern.

Um mit fortgeschrittener Drucktechnik vermehrt Bilddokumente mit einfügen und den historischen Rückblick zu beleben, wurde zum 700-jährigen Gemeindejubiläums 1975 mit Texten von Hermann Schneider-Strittmatter und Alois Schoch und grafisch von Gernot Bonath gestaltet ein Bildbändchen herausgegeben.

Bildband und Kirchenführer sind erhältlich

Die Gemeinde veröffentlichte vor 24 Jahren einen Bildband unter dem Titel „Heimat im Wolftal“, von dem noch Exemplare bei der Gemeinde erworben werden können. Darin haben 13 Autoren für ein lebendiges Bild Oberwolfachs in Historie und Gegenwart zusammengearbeitet und der gebürtige Oberwolfacher Gernot Bonath hat das Werk in einen grafischen Rahmen gefasst.

Ebenso kann der vom ehemaligen Lehrer und Kirchenchordirigenten an der Walke, Hermann Brommer, verfasste Kirchenführer für Sankt Bartholomäus erstanden werden. Kurz vor seinem Tod 2012 stellte er die Broschüre noch fertig. Nicht vergessen werden soll das Engagement von Malermeister Adolf Schrempp um das Einüben, Regieführen und die Präsentation des Luitgardspiels auf dem Lindenplatz in mehreren Vorführungen vom Juni bis August 1949 mit unter anderem dem Besuch durch den damaligen badischen Staatspräsidenten Leo Wohleb und politischen Vertretern Frankreichs.

Ähnliche Ehre kam den Oberwolfachern erst wieder 1975 zuteil, als Erwin Teufel, damals als Mitglied des Landtags und Staatssekretär, mit Bürgermeister Willi Rauber innerhalb des großen 700-Jahre-Festumzuges vor geschätzt 10 000 Besuchern mitkutschierte. Mehrfach weist Dieter Hund in seinen beiden Bändchen über die Flößerei und zum Brauchtum auch auf Oberwolfacher Besonderheiten hin. Solche speziellen Einblicke in die Oberwolfacher Historie bieten ebenfalls mehrere Broschüren des MFO, das Büchlein des Schwarzwaldvereins zur Mundart mit dem Titel „Durchs Johr“ sowie die Hirschenchronik zum 400-jährigen Bestehen des renommierten Gasthauses/Hotels vor 16 Jahren.

Auch die Fotografen und Künstler seien genannt, die besonders herausragende und auch ganz alltägliche Geschehnisse im Dorf für die Nachwelt festhielten, sei es Kunstmaler Eduard Trautwein, „Löns“ Gebhard Bächle oder viele Ansichtskarten- und Bildband-Fotografen, die sich seit mehr als einem Jahrhundert der einzigartigen Landschaft, den stolzen Bauernhöfen oder auch den malerischen Taglöhnerhäuschen, Speichern und Mühlen zugewandt haben.

Vereine

Über alle Quellen und Dokumente hinaus sind es örtliche Gemeinschaften und Vereine, die nicht nur die Historie pflegen und bewahren. Um den Erhalt historischer Zeugnisse ist man beim Schwarzwaldverein befasst, so mit der Pflege der Ruine Walkenstein, dem Herrichten der Hofmühle im Rankach und dem Erforschen der Hof- und Siedlungsgeschichte, dem Kümmern um die Kleindenkmäler und ihren Erhalt. Oft sind es aus Vereinen heraus persönliche Initiativen, die historisches Bewusstsein vertiefen helfen, wie etwa das Herrichten des Stolleneingangs zur Grube Johannes am Eingang zum Rankachtal durch Erich Holzer und seine Helfer.