Dieses Foto aus einer Wildkamera zeigt den vermissten und geretteten Jungen und brachte die Helfer auf seine Spur. Foto: privat

Die große Suchaktion nach dem jungen Anton am 18. März in Hornberg-Niederwasser ließ niemanden unberührt. Er wurde unversehrt aufgefunden. Nun bedankt sich die Familie bei den vielen Helfern.

Es war jener Abend im März, an dem die Welt stillzustehen schien und die Menschen über mehrere Stunden lang in emotionaler Verbundenheit den Atem anhielten. Solange, bis die erlösende Nachricht kam, dass der kleine Anton unversehrt gefunden worden ist.

 

Der tapfere kleine Kerl strahlt beim Besuch in dieser Woche, sitzt mit seinem sechsjährigen Bruder am Tisch, die beiden plappern fröhlich vor sich hin, spielen mit der Oma und löchern ohne jegliche Scheu mit Fragen.

Nach all dem Schrecken und den darauffolgenden turbulenten Tagen ist es der Familie Dold heute ein großes Anliegen, allen, die sich in irgendeiner Weise beteiligt haben, ein großes Dankeschön zu sagen. Sie bitten um Verständnis darum, dass sie auf keinem aktuellen Foto zu sehen sind. Und sie danken auch dafür, dass es keinerlei Tourismus zu ihrem Hof und andere Unannehmlichkeiten seit der Rettungsaktion gegeben habe.

Die Familie hat viel ehrliche Anteilnahme in bangen Stunden erfahren

Sie hätten einige Zeit überlegt, wie sie sich bedanken wollen. Um wirklich alle Helfer und die verschiedensten Rettungsorganisationen zu erreichen und um niemanden zu vergessen, haben sie sich bewusst für den öffentlichen Weg über die Zeitung entschieden. Und weil ihnen so viel ehrliche Anteilnahme entgegengebracht wurde, wollen auch sie einen Einblick in die bangen Stunden gewähren.

Die Familie brauchte erst einmal ein paar Tage für sich. „Zeit einfach nur zu viert“, erzählen sie. Noch hallt bei allen das Ereignis nach – mit einem „ständigen Kopfkino“.

Aber das Zusammenrücken der Menschen, die Organisation und die Gewissheit, „wie die Dinge in unserem Land eben doch noch funktionieren, wenn es drauf ankommt“, das hat die Familie ständig vor Augen.

„Beeindruckend“, sagt der Vater dazu, wie sich die Suche in kürzester Zeit mit den Rettungskräften und Hunderten von freiwilligen Helfern in Gang setzte. Die Anzahl sei unglaublich gewesen, die Straßen überall vollgeparkt.

Die in Deutschland zur Verfügung stehende Technik, die Abläufe dahinter und nicht zuletzt das erschlossene Waldwegenetz mit den gut befahrbaren Wegen im steilen Gelände – es ließe sich immer über etwas zweifeln oder über Kosten diskutieren – doch das alles rette eben auch Leben.

Zunächst habe die Familie im ganzen Haus und in der nahen Umgebung nach dem Zweieinhalbjährigen gesucht. Auf dem großen Hof leben vier Generationen unter einem Dach und irgendwo müsse er ja stecken, so die ersten Überlegungen.

Dann sei aber recht schnell klar geworden, dass hier etwas nicht stimme und die Familie alarmierte die Polizei. Der engste Familien- und Freundeskreis habe alles stehen- und liegengelassen und eilte sofort zum Helfen herbei.

Dass die Nacht komme, sei ihnen anfangs gar nicht so bewusst gewesen. „Ich wusste, dass mein Sohn gut angezogen war und selbstgestrickte Socken von unserer Uroma trug“, bemerkt die Mutter.

Der Junge hat einen unfassbar weiten Weg zurückgelegt

Die Uroma feiert ihren 99. Geburtstag – strickt immer noch und ist so lebensbejahend wie der Kleine. Unfassbar für alle ist, welchen Weg er über mehr als einen Kilometer zurückgelegt hat. „Vielleicht waren wir manchmal gar nicht so weit weg, doch da bog er schon um die nächste Ecke“, vermutet der Vater. Seine Vermutung ist auch, dass Anton beim Spielen draußen im Sandkasten Motorsägen hörte, nach Papa und Opa Ausschau halten wollte, und deshalb das Hofgelände verließ. Ihr sei aber schon der Gedanke gekommen, dass Anton vielleicht von jemandem mitgenommen wurde, berichtet die Mutter. Auch die Bahngleise in einiger Entfernung fielen den Eltern ein. Die Polizei habe sofort reagiert.

Während ihr Mann draußen mit unterwegs war, war sie gebeten worden, mit Polizeibeamten in der Wohnung zu bleiben. Notfallseelsorger seien ebenfalls vor Ort gewesen. Eine Freundin, die unerschütterlich an sein Auffinden glaubte, sei eine riesige Hilfe gewesen.

Familienmitglieder kümmerten sich in einem anderen Stockwerk um den Großen und unternahmen alle möglichen Dinge mit ihm, weil er bewusst vom Trubel nicht viel mitbekommen sollte. Sie selber hätte gar nicht richtig registriert, wie oberhalb des Hofs eine Art Einsatzzentrale eingerichtet wurde, so die Mutter. „Überall im Wald waren Lichter“, ergänzt der Vater.

Antons Gießkännle wurde unterwegs gefunden und dann kam das Foto, „dieses eine Foto“ auf der Kamera des Jägers, das ihn marschierend zeigte. Es wies die Richtung und sorgte für eine erste gewisse Erleichterung. Die Hubschrauber-Besatzung konnte die Wärmebildkamera nun zielgerichtet einsetzen, und Polizeibeamte fanden ihn schließlich sitzend am Wegesrand.

Er habe einfach nur funktioniert, erzählt der Vater. Als alles vorbei war, habe sich nach dem unermüdlichen Tun eine emotionale Leere eingestellt – und in den Tagen danach ein heftiger Muskelkater. Seine Vermutung, dass Anton nicht in Richtung des Weihers gelaufen ist, erwies sich als richtig.

Dort weiden die Rinder, und so tapfer wie er dieses Abenteuer überstanden habe, so wenig mutig sei er bei den Rindern. „Vor denen hat er nämlich großen Respekt“, schmunzelt der Vater.

Der Mutter ist noch ganz besonders im Gedächtnis, wie lange sie die Zeit empfunden habe von der Nachricht des Auffindens bis sie Anton endlich in die Arme schließen konnte. Immer wieder habe das Auto, das sie am Tisch sitzend mit einem Polizeibeamten über GPS verfolgte, im Wald gestoppt.

Da drückte Anton selber schon fest den Plüschhund in der Hand, den er von einer Hundeführerin geschenkt bekommen hatte, denn die Hundestaffel war kurz davor, den Kleinen zu finden. Und er habe über die vielen „Tütas“ in der Umgebung gestaunt.

Die erste Untersuchung fand im extra aufgeheizten Rettungswagen statt. Dort habe er schon wieder die ersten Späße mit einer Sanitäterin gemacht. Danach haben Mutter und Sohn nach ein paar weiteren Untersuchungen die Nacht vorsorglich im Krankenhaus verbracht.

Anton hat alles ohne jegliche Blessuren und Kratzer überstanden

Irgendwann in den Morgenstunden sei auch sie eingeschlafen. Seine Kinderärztin aus Schonach sei am nächsten Tag vorbeigekommen und habe ebenso bestätigt, dass es Anton gut gehe. Er hat alles ohne jegliche Blessuren und ohne einen einzigen Kratzer überstanden, war weder verängstigt noch durchgefroren.

Aber das Ereignis habe schon Spuren hinterlassen. So steige gleich ein beklemmendes Gefühl auf, wenn sie mit den Kindern unterwegs sei und einen der Jungen nicht mehr sofort im Auge habe, bemerkt die Mutter.

Spende an die Bärenkinder

„Unserem Anton geht es gut. Wir haben ihn gesund wiederbekommen. Deshalb werden wir den Bärenkindern und damit Kindern, denen es nicht so gut geht, eine Spende überreichen“, gibt die Familie Dold bekannt. Für sie und die ganze Umgebung ist das Geschehen mit den vielen glücklichen Umständen schlicht ein Wunder.