Kommt im Hammergraben durch den Lärmaktionsplan Tempo 30? Die Entscheidung darüber rückt näher. Foto: Riesterer

Seit Kurzem geht es im Lehengericht nur noch mit 30 Stundenkilometern (km/h) vorwärts – bekanntlich eine Folge des Schiltacher Lärmaktionsplans. Nun steht das auch Planwerk für Schramberg wieder auf der Tagesordnung im Technikausschuss. Der Fokus liegt dort ebenfalls auf der B 462.

Schramberg - Der von einem Freiburger Ingenieurbüro erstellte Musterentwurf hat sich seit dem Beschluss zur Offenlage im März vor allem im Punkt der angedachten Maßnahmen geändert.

Zunächst fällt ins Auge, dass die Talumfahrung nun Erwähnung findet – das hatte Clemens Maurer (CDU) moniert: Mittelfristig sei in Schramberg mit deren Realisierung zu rechnen, ist nun zu lesen. Diese würde zwar zu einer deutlichen Entlastung der stark befahrenen Trasse durch die Talstadt führen, stelle aber "keine direkte Maßnahme dar", um eine Lärmreduktion entlang der B 462 herbeizuführen. Vielmehr führe sie zu einer räumlichen Verlagerung der Lärmsituation. "Das Aufführen der Talstadtumfahrung an dieser Stelle ist deshalb als Hinweis und nicht als direkte Lärmminderungsmaßnahme aufzufassen", heißt es weiter.

Einwände von Kommunen

14 Träger öffentlicher Belange haben eine Stellungnahme zum Lärmaktionsplan abgegeben, heißt es in der Beschlussvorlage für den kommenden Donnerstag. Darunter sind auch die Kommunen Aichhalden und Schiltach. Bekanntlich steht Tempo 30 in Schramberg beiderorts in der Kritik, weil durch die dann längere Fahrt durch die Stadt Ausweichverkehr im Aichhalder Loch befürchtet wird. Konkret bittet Schiltach "wohlwollend zu prüfen", zumindest tagsüber 40 km/h zuzulassen – Aichhalden hingegen fordert, jegliche Temporeduktion zu streichen.

Die Antwort an die Kommunen ist dieselbe: Bei den aufgeführten Maßnahmen im Lärmaktionsplan handele es sich lediglich um "mögliche durchführbare" Maßnahmen. "Eine Temporeduzierung wird mit dem Beschluss des Lärmaktionsplanes nicht automatisch mitbeschlossen."

Geplant oder doch nur möglicherweise?

Der Einwand der Kommunen ist vor diesem Hintergrund durchaus nachvollziehbar: Im Musterentwurf steht wörtlich nach wie vor unter "Geplante Maßnahmen zur Lärmminderung für die nächsten fünf Jahre": "Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 oder 40 km/h ganztägig oder 30 km/h nachts auf der Bundesstraße 462 ab dem Ortseingang und bis zur Einmündung der Straße ›Gewerbepark H.A.U.‹ sowie ab der Einmündung der Tiersteinstraße bis etwa auf Höhe der Zimmerei Lauble."

20 für die Fledermäuse?

Die untere Naturschutzbehörde, ist ebenso zu lesen, würde ein nächtliches Tempolimit von 20 km/h vor dem Hintergrund einer Reihe bekannter und vermutlich unbekannter Fledermausquartiere, vor allem einem "sehr großen" Vorkommen der Zwergfledermaus im Junghansstollen, begrüßen. Ein solches Tempolimit hält die Verwaltung nicht für nötig.

Keine Schallschutzmauer mehr

Keine Änderungen stehen im Musterbericht zu Schallschutzfenstern (freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch, Förderung muss beantragt werden, die Stadt hilft und informiert hierzu) oder Flüsterasphalt, der im Bereich des "Haldenhofs" und "ab der Oberndorfer Straße in Richtung Westen bis etwa auf Höhe der Zimmerei Lauble" möglich wäre. Aus dem Planwerk herausgeflogen ist dafür die drei Meter hohe Schallschutzwand am "Haldenhof".

Künftig muss es aufwändiger sein

Der Lärmaktionsplan in Form eines Musterberichts kann, heißt es weiter, am Donnerstag verabschiedet werden. Für die Große Kreisstadt sei diese Form allerdings zukünftig nicht mehr ausreichend. "Ein qualifizierter Lärmaktionsplan soll deshalb den Musterbericht ergänzen und die Lärmsituation im Stadtgebiet detaillierter betrachten." Zum Erstellen eines qualifizierten Lärmaktionsplans seien Angebote von fünf Ingenieurbüros eingeholt worden, wobei das Ingenieurbüro Koehler & Leutwein aus Karlsruhe das beste einreichte. Es soll in etwa 35 000 Euro kosten – die Kosten für den bisherigen Musterbericht liegen bei rund 5000 Euro.

Dadurch würden die in den vergangenen Jahren bei der Verwaltung eingereichten "Beschwerden und Hinweise aus der Bevölkerung zur Lärmbelastung an den Durchfahrtsstraßen beziehungsweise regionalen und überregionalen Verbindungsstraßen in das Verfahren aufgenommen und fachkundig bearbeitet", so die Verwaltung. Auch weiterhin gelte bei Straßen für die Aufnahme in den Lärmaktionsplan der Grenzwert von 8200 Fahrzeugen pro Tag.

Vergessliches Regierungspräsidium?

Etwas seltsam muten die Stellungnahme des Regierungspräsidiums Freiburg (RP) und die Reaktion der Stadt an. Das RP weist darauf hin, dass ein Musterbericht eben nicht zur Beurteilung der Situation reiche und fordert die von Schramberg ab dem nächsten Planwerk angestrebten genaueren Untersuchungen bereits jetzt ein. "Das RP Freiburg gibt erst Stellungnahmen ab, sobald ein ausführlicher Lärmaktionsplan ausgearbeitet wurde", heißt es. Diese Stellungnahme sei am 8. Juni in Schramberg eingegangen.

Nur eineinhalb Monate vorher, am 27. April, sei in Schramberg während eines Ortstermins mit Vertretern des RP aber eben jenes Vorgehen mit dem Musterbericht vereinbart worden, so die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme. Daran werde festgehalten.

Info: Darum geht’s

Das Aufstellen eines Lärmaktionsplans ist gesetzlich verbindlich geregelt. Der Ursprung liegt in einer EU-Richtlinie – Kommunen müssen sich darin primär mit den Lärmimmissionen aus den Bereichen Straßen-, Schienen- und Flugverkehr auseinandersetzen. Als Datenbasis stellt die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) Erhebungen wie Lärmkarten zur Verfügung, die regelmäßig aktualisiert werden müssen. Der Grenzwert für Straßen liegt bei 8200 Fahrzeugen täglich – Schramberg muss sich offiziell laut diesen Karten also nur um die B 462 kümmern. Das Ziel des Lärmaktionsplans ist leicht zusammenzufassen: Es gilt, die vorherrschende Lärmbelastung der Bevölkerung in den ausgemachten Bereichen zu mindern. Aufgebaut ist das Verfahren ähnlich jenen, die von Bebauungsplänen bekannt sind: So ist beispielsweise eine Entwurfs-Aufstellung, eine öffentliche Auslegung inklusive dem Einarbeiten der daraufhin eingereichten Anregungen der Träger öffentlicher Belange oder die typische Beschluss-Reihenfolge in den kommunalen Gremien nötig. Der Aufstellungsbeschluss durch den Schramberger Gemeinderat erfolgte im März vergangenen Jahres, die öffentliche Auslegung dann im Frühsommer 2021.