Im Bereich der Waldtorstraße/Flöttlinstorstraße verteilt sich der Verkehr ebenfalls neu – und eine Durchfahrt gegen die Einbahnstraße ist für Radfahrer dann nicht mehr möglich. Foto: Patrick Nädele

Rottweil ist in in Experimentierlaune. Der große Verkehrsversuch, der am 1. Juli starten wird, ist weiter Top-Thema. Wohin wird sich der Verkehr verlagern, wenn’s am Friedrichsplatz nur in eine Richtung geht? Und gibt es den ÖPNV in der Zeit womöglich umsonst?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wenig Skepsis und viel gespannte Vorfreude – das ist die Grundstimmung im Gemeinderat am Mittwochabend beim Thema Verkehrsversuch. Was spielt sich ab 1. Juli in der Stadt ab? Die einseitige Sperrung des Friedrichsplatzes und der Waldtorstraße wird die Verkehrsströme gehörig durcheinander bringen. Wichtige Botschaft des OB: Alles wird vom ersten Tag an genau begutachtet, um gegebenfalls nachjustieren zu können.

Auch das ist Inhalt des Beschlusses, den der Gemeinderat jetzt offiziell bei zwei Nein-Stimmen gefasst hat. Der Versuch läuft von 1. Juli bis 15. Oktober. Gabriele Schneider (Grüne) hatte darauf hingewiesen, dass man diesen 15. noch mitnehmen sollte – schließlich ist da verkaufsoffener Sonntag und Volksbanklauf. Und auch sonst soll der Verkehrsversuch Gelegenheit geben, die Innenstadt „neu zu bespielen“, wie Oberbürgermeister Christian Ruf es ausdrückte. Es wird eine begleitende Marketingkampagne geben und Vereine und Kunstschaffende sollen ins Boot geholt werden, um in Rottweil in dieser Zeit etwas Besonderes bieten zu können.

Offenheit bei den Bürgern

„Wir wollen keine rechnerische Lösung, wir wollen es probieren“, so Ruf. Dass es auch bei den Bürgern eine Offenheit für das Experiment gibt, habe die Bürgerinfoveranstaltung gezeigt, so der OB. Nicht nur er zieht ein überaus positives Fazit aus der Veranstaltung. Die Fraktionen sind durchweg voll des Lobes für die Stadtverwaltung. Die Bürger würden auf Augenhöhe mitgenommen.

„Die Fragenden wurden Ernst genommen“, freute sich Frank Sucker über die lockere Atmosphäre – zu der auch das „Outfit des OB“ beigetragen habe. Die Gewichtung des Klimaschutzes vermisst der Grünen-Stadtrat allerdings. Dank gab’s auch von Harald Sailer von der FDP („Hervorragend“) und Peter Schellenberg von den Freien Wählern. Man habe „verlorenes Vertrauen zurückgewonnen“. „Ich hoffe, dass die Bürger wieder Lust kriegen auf Veränderung“.

ÖPNV vielleicht kostenlos?

Einen guten Prozess sieht auch Monika Hugger. Die CDU freue sich auf den Versuch und sei gespannt auf das Ergebnis. Für Reiner Hils (SPD+FFR) ist klar, dass der Versuch „nicht allen gefallen wird“. Dennoch sei er völlig optimistisch, dass das die Stadt voranbringt. „Wer sich nicht verändern will, bleibt stehen – und irgendwann ist der Zug abgefahren.“

Auf Nachfragen von Elke Reichenbach (SPD+FFR) und Hermann Breucha (FWV) zu einem möglichen 1-Euro- oder 9-Euro-Ticket für den ÖPNV in der Zeit machte OB Ruf Hoffnung: Ja, er habe bereits einen Prüfauftrag in der Sache auf den Weg gebracht – auch mit der Zielrichtung „ÖPNV kostenfrei“. Man müsse aber zunächst wissen, was das wiederum die Stadt kostet. Das Ganze auf Rottweil zu reduzieren sei – auch mit Blick auf den Schülerverkehr und die weit verzweigten Linien – nicht ganz einfach.

Verkehr muss sich reduzieren

Was das „Monitoring“ während des Versuchs angeht, so bat Monika Hugger darum, einen besonderen Blick auf die Frequenz vorher und nachher im Handel zu werfen. Für Jürgen Mehl (SPD+FFR) ist der Verkehrsversuch jedenfalls nur der erste Schritt. Es gehe nicht darum, den Verkehr zu verlagern, er werde und müsse sich auch reduzieren. Nicht jede Fahrt durch die Stadt müsse mit dem Auto stattfinden.

Kleiner Wermutstropfen: Fahrradfahrer erleben in der Flöttlinstorstraße einen Rückschritt: Die Fahrt entgegen der Einbahnstraße kann während des Verkehrsversuchs nicht erlaubt werden, so Christian Ruf auf Nachfrage von Ingeborg Gekle-Maier (Grüne). Da gehe Sicherheit vor. Man wolle nicht, dass der Verkehrsversuch gleich mit einem Unfall beginne.

Das schwarze Schaf

Wohlwissend, dass er das „schwarze Schaf“ sei, outete sich Ewald Grimm (CDU) als Gegner des Projekts. Er stimmte ebenso wie Margrit Pfrieder (AfD) mit Nein. Dass sich der Verkehr in die Wohnbereiche verlagere, könne er nicht gutheißen. Ira Hugger (Grüne) entgegnete: „Auch in der Innenstadt wohnen Menschen.“ Diese hätten nun lange den Großteils des Verkehrs vor der Tür gehabt.

Änderung in Schramberger Straße

OB Ruf hofft auf eine möglichst gleichmäßige Umverteilung des Verkehrs. Dass dieser sich nicht in Luft auflöse, sei klar. Und er kündigte noch eine Neuerung an. In den unteren Schramberger Straße stehe Tempo 50, das von Anwohnern moniert wurde, auf dem Prüfstand. Tempo 30 soll kommen – nicht aus Gründen des Lärmschutzes, sondern weil es dort Sinn macht.

Blaulichttag am 2. Juli

Es bewegt sich was in Sachen Verkehr in Rottweil. Am 2. Juli gibt es kurz nach dem Start des Experiments übrigens gleich eine Vollsperrung des Friedrichsplatzes. Dann ist ein großer „Blaulichttag“.