Das Arrangement aus Baum, Sandkasten und Segelboot sorgt für eine zusätzliche Parkplatzknappheit im Johannserort. Das ärgert nicht nur Anwohner Günther König. Foto: Alexandra Alt

Wohnen in der Innenstadt hat seinen besonderen Reiz – wenn da nur nicht das leidige Thema Parken wäre. Seit Ottmar Hörls Segelschiff im Johannserort vor Anker gegangen ist, geht es dort besonders knapp zu. Und das sorgt für Ärger

Rottweil - Weniger Blech – mehr Lebensqualität, so wirbt die Stadt zusammen mit dem Forum Kunst für eine lebendige und weniger dem Auto unterjochte Innenstadt. Dass dies mitunter zu Lasten der Anwohner geht, scheint ein Umstand zu sein, den die Stadt in Kauf nimmt.

Günther König wohnt in der Badgasse. Er ist in Rottweil aufgewachsen, weiß, wie sich die Innenstadt über die Jahre und Jahrzehnte verändert hat. Nicht immer zum Guten, wie er findet. Und das hat vor allem mit dem Thema Parken zu tun.

In der Vergangenheit seien im Johannserort peu à peu Anwohnerparkplätze weggefallen. Mal, damit die Feuerwehr besser durchkommt, mal wurde ein Poller versetzt. Auch mit der Vergrößerung des Johanniterbads seien Anwohnerparkplätze weggefallen. Dass nun am "SoLuna" sechs Stellplätze von einem Segelschiff, einem Sandkasten und einer Bank besetzt werden, empfindet er als Affront. "Als Anwohner bekommt man immer nur Prügel in den Weg geworfen", sagt König. Ärger schwingt in seiner Stimme mit. Mittlerweile fühle er sich als Anwohner von der Stadt nur geduldet. "Ich will auch weniger Autos in der Stadt", sagt er, "aber auf mein Auto will ich nicht verzichten."

Durchgangsverkehr ist das Problem

Das Problem in der Innenstadt sei der Durchgangsverkehr. Wer eine lebendige Innenstadt wolle, in der man gut leben kann, der müsse die Autos der Anwohner akzeptieren. Und das können je Stadthaus schon ein paar sein. Viele Häuser haben mehrere Wohneinheiten. Hinzu kommt, dass auch Geflüchtete aus der Ukraine, die im Spital wohnen, mit ihren Autos die Parkplätze nutzen. Drei haben laut Stadtverwaltung einen Anwohnerausweis erhalten.

Und weitere Fahrzeuge werden hinzu kommen. Bisherige Leerstände, darunter die ehemalige Synagoge, die nach dem Tod des Besitzers, dem Fahrlehrer Hartmut Benk, verkauft wurde, werden umgebaut. Zusätzlicher Wohnraum entsteht, auch potenzielle Ladenflächen. "Ich finde das toll", sagt König anerkennend. Doch wo Menschen einziehen, da ist das Auto meist nicht weit und der Ärger vorprogrammiert, denn schon jetzt gibt es weit mehr Anwohnerparkausweise als Anwohnerparkplätze.

Die Stadt liefert Zahlen: 220 Anwohnerstellplätze stehen insgesamt in der Innenstadt zur Verfügung. 400 Anwohnerparkausweise hat die Stadt aktuell ausgegeben. Jeder Anwohner hat einen Anspruch auf einen solchen, nicht aber auf einen Stellplatz.

Wie praktikabel ist das Angebot der Stadt?

Dem daraus resultierenden Suchverkehr begegnet die Stadt mit ihrer Neuregelung, die vorsieht, dass Anwohner mit ihren Parkausweisen auch die innenstadtnahen angrenzenden Parkflächen nutzen können. Vorher gab es dafür ein Knöllchen.

Doch das Angebot der Stadt an die Bewohner der Innenstadt, ihr Auto auf den öffentlichen Stellplätzen etwa auf der Groß’schen Wiese, dem Norma-Parkplatz oder dem Eisplatz parken zu können, ist kein Ersatz, findet König. "Die öffentlichen Parkplätze sind gut und recht, aber weit weg. Ich finde, die Bedingungen müssen schon einigermaßen sein", sagt König. Mit Bedingungen meint König auch die Informationspolitik aus dem Rathaus. Dass er sein Auto auf öffentlichen Parkflächen abstellen dürfe, wisse er nur aus der Zeitung. Die Stadt habe ihn als Anwohner darüber nicht informiert.

Im Gegenteil – dass er den Parkplatz an der Bahnhofstraße nicht nutzen dürfe, habe er nur auf Nachfrage bei der Stadt erfahren. In der Zwischenzeit hat die Stadtverwaltung hier nochmals nachgedacht. Bürgermeister Christian Ruf gab am Mittwoch in der Gemeinderatssitzung bekannt, dass diese Stellplätze künftig zusätzlich den Anwohnern des Johannserortes zur Verfügung gestellt werden.

1055 öffentliche Parkplätze in Innenstadtnähe

Insgesamt gibt es in Rottweil innenstadtnah übrigens 1055 Parkplätze – die Anwohnerparkplätze nicht mit eingerechnet. 646 davon befinden sich entlang der Straßen bis hinaus in die gebührenfreien Wohngebiete wie Hinterprediger oder Schramberger Straße. Auch dort nimmt der Parkdruck zu, berichten Anwohner gegenüber unserer Zeitung. 409 Stellplätze bieten die Parkierungsanlagen wie Kriegsdamm, Parkplatz Zentrum oder Kapuziner.

"Die Zahl der öffentlichen Stellplätze in Parkierungsanlagen wird sich erhöhen durch den Bau des neuen Parkhaus Zentrum", schreibt die Stadtverwaltung. Dort soll es dann 320 Stellplätze geben – ein Plus von 134.

Ob damit auch den Anwohnern geholfen ist, ist fraglich. Dennoch reagiert die Stadt jetzt auf die Kritik der Anwohner des Johannserorts. Das Segelschiff soll winterfest gemacht, der Sandkasten versetzt werden. Drei der sechs Parkplätze können dann wieder von den Anwohnern genutzt werden, wie Bürgermeister Christian Ruf am Mittwochabend dem Gemeinderat mitgeteilt hat.