Der Autobauer Daimler hat seine verbliebenen Anteile an der Airbus-Mutter EADS verkauft und damit rund 2,2 Milliarden Euro erlöst. Foto: dpa

Der Autobauer Daimler hat seine verbliebenen Anteile an der Airbus-Mutter EADS verkauft und damit rund 2,2 Milliarden Euro erlöst. Der Platzierungspreis für die 61,1 Millionen Aktien lag bei 37,00 Euro je Anteilsschein.

Stuttgart - Es ist der letzte Meilenstein von Daimlers Rückzug aus der Luftfahrtbranche: Der Autobauer hat seine verbliebenen Anteile am Luftfahrtriesen EADS abgegeben. Die Schwaben schließen damit ein Kapitel, das für den Konzern lange alles andere als rühmlich war. Es erzählt die Geschichte eines Autobauers, der von Flugzeugen träumte - und eine Bruchlandung erlebte.

„Der Verkauf war ein notwendiger und richtiger Schritt“, sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Synergien hätten die Schwaben, die zeitweise sogar einen breit angelegten Technologiekonzern schmieden wollten, mit dem unliebsamen Geschäftsbereich nicht heben können. „Was man sehen kann, ist, dass Daimler sich stärker auf das Kerngeschäft mit Autos konzentriert.“

Genau das hatte Konzernchef Dieter Zetsche schon seit längerer Zeit angekündigt. Die Beteiligung an dem Airbus-Mutterkonzern war dabei allerdings zunehmend zur Belastung geworden. Der lang angestrebte Verkauf der EADS-Anteile spülte nun rund 2,2 Milliarden Euro in die Kasse. Geld, dass Daimler ins Automobilgeschäft stecken kann.

Die Transaktion sei in diesem Zusammenhang „ein wichtiger Schritt“, hatte Finanzchef Bodo Uebber am Vortag erklärt, als der Autobauer die EADS-Anteile auf den Markt geworfen hatte. „Daimler ist ein Gründungsmitglied von EADS. Daher freuen wir uns, dass das Unternehmen gut für die Zukunft aufgestellt ist“, hatte er gesagt. In der Tat hat EADS zuletzt dank seiner Tochter Airbus Milliardengewinne eingefahren, auch wenn es noch etliche Baustellen wie im Rüstungsbereich gibt.

Die Rückkehr zu den Wurzeln sieht Uebber als folgerichtig: „Abgesehen davon liegt der Fokus unserer Unternehmensstrategie ganz klar auf Produkten und Dienstleistungen im Automobilbereich - ein Prinzip, das wir auch bei unseren Beteiligungen an anderen Unternehmen verfolgen.“

Das war lange anders: Zwar ist Daimler vor allem für seine Autos bekannt. Es gab aber Zeiten, da hatte der Konzern eine unternehmenseigene Luft- und Raumfahrttochter. Der frühere Konzernchef Edzard Reuter hatte damals die Vision, aus Daimler einen breit angelegten Technologiekonzern zu machen. In dem Zuge entstand 1989 aus dem Traditionsunternehmen Messerschmitt-Bölkow-Blohm die DASA - sie wurde zum größten deutschen Luft- und Raumfahrtkonzern.

"Das Geld tut sicherlich gut"

Der Grundstein für EADS war gelegt - denn aus der Luftfahrttochter entstand 2000 der Luftfahrtriese in der Ära von Reuters Nachfolger Jürgen Schrempp. Konkret ging der neue europäische Gigant aus der Fusion der DASA mit Frankreichs größtem Luft- und Raumfahrtkonzern Aerospatiale Matra und dem spanischen Branchenführer Casa hervor.

Aus dieser Zeit stammen auch die EADS-Anteile, die Daimler nun so dringend loswerden wollte - nicht nur, weil die Beteiligung an einem Rüstungskonzern den Schwaben häufig Kritik einhandelte. Vor allem finanziell machten die Flugzeuge ihnen nicht immer Freude: Die DASA belastete den Konzern Mitte der 1990er Jahre mit einem Milliardenverlust. Der frühere Chef Reuter wurde von Kritikern zeitweise gar „größter Kapitalvernichter aller Zeiten“ beschimpft.

„Cash cow“ blieb die Autosparte, die der Flugzeug-Schwester sogar mit ihrem Gewinn unter die Arme greifen musste. Zur wirtschaftlichen Katastrophe wurde schließlich der Einstieg beim niederländischen Regionalflugzeugbauer Fokker, der 1996 in den Konkurs stürzte.

Heute - mehr als zwei Jahrzehnte später - verschafft sich Daimler mit dem Geld aus den Resten des Luftfahrt-Abenteuers immerhin etwas Luft: Im vergangenen Jahr floss dem Konzern aus dem Industriegeschäft unter dem Strich nur deswegen Bargeld zu, weil die Stuttgarter zuvor ein erstes milliardenschweres EADS-Aktienpaket losgeschlagen hatten.

Auch aktuell kommt ihnen frisches Geld sehr gelegen: Erst in der vergangenen Woche hatte Daimler angekündigt, wegen der Absatzkrise in Europa seine Gewinnziele für das laufende Jahr auf den Prüfstand stellen zu müssen.

„Das Geld tut sicherlich gut“, sagt Branchenkenner Bratzel. „Man kann es für weitere technologische Sprünge einsetzen.“ Die Schwaben wollen bis 2020 an den Oberklasse-Rivalen Audi und BMW vorbeiziehen - derzeit sehen sie dabei aber allerdings nur deren Rücklichter.