Verfassungsschutz-Präsidentin Beate Bube über die Gefahr von rechts in Baden-Württemberg.
Stuttgart - Verfassungsschutz-Präsidentin Beate Bube über die Gefahr von rechts in Baden-Württemberg.
Frau Bube, ganz Deutschland schaut fassungslos auf die Blutspur, die die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund bundesweit hinterlassen hat. Haben wir es mit einer neuen Dimension des Terrors zu tun?
Ich will und kann aufgrund der aktuellen Ermittlungen nichts zu den Entwicklungen in Thüringen sagen. Aber die ersten Hinweise deuten durchaus darauf hin, dass man von einem Rechtsterrorismus sprechen muss. In diese Richtung ermittelt ja derzeit auch der Generalbundesanwalt.
Gibt es Erkenntnisse, dass die Gruppe aus Thüringen auch in Baden-Württemberg aktiv war?
Wir haben bislang keine Hinweise auf entsprechende Aktivitäten. Im Gegenteil: Wir haben für Baden-Württemberg bisher immer gesagt, dass bei uns keine rechtsterroristischen Strukturen bekannt sind.
Angesichts der bundesweiten Mordserie gibt es bereits Stimmen, die Parallelen zur RAF ziehen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ich denke, man sollte sehr vorsichtig und zurückhaltend mit Beurteilungen sein und zunächst die weiteren Ermittlungen abwarten. Vergleiche sind immer hoch problematisch.
Wie konnte es sein, dass über Jahre hinweg die Serie der Dönermorde und letztendlich auch der Mord an der Polizistin in Heilbronn von derselben Tätergruppe verübt werden konnten, ohne dass die Ermittler auf die Zusammenhänge gekommen sind?
Das ist eine schwierige Frage. Unser Fokus bezieht sich auf Baden-Württemberg. Weder nach dem Heilbronner Polizistenmord im April 2007 noch derzeit gibt es Erkenntnisse, dass es Bezüge in die rechtsextreme Szene in Baden-Württemberg gibt oder gab. Insofern konnten wir auch keine Zusammenhänge zu anderen Taten feststellen.
Wie steht es um die rechtsextreme Szene im Südwesten?
Wir wiesen seit Jahren darauf hin und haben entsprechende Warnungen herausgegeben, dass es auch in Baden-Württemberg weiterhin Rechtsextremismus gibt. Die Neonazi-Szene hat sich in den vergangenen Jahren nahezu verdoppelt. Insofern ist die Beobachtung des Rechtsextremismus weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Wir müssen ihn intensiv im Blick behalten.
Worauf ist der Anstieg zurückzuführen?
Maßgeblich auf die neue Gruppierung Autonome Nationalisten, die man dem gewaltbereiten Spektrum zurechnen muss. Das ist eine Gruppierung, die in Baden-Württemberg 2005 zum ersten Mal festgestellt wurde und deren Mitgliederzahl zuletzt auf 140 weiter zugenommen hat.
Gibt es Kontakte der Autonomen Nationalisten mit der Gruppe in Thüringen?
Bisher sind uns keine bekannt.
Nun gibt es seit dem Wochenende immer mehr Stimmen, die angesichts des Rechtsterrors über ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren nachdenken. Wäre es richtig?
Das Land hat entschieden, sich an der erneuten Prüfung eines NPD-Verbotsverfahrens zu beteiligen. Das sollte man abwarten, denn letztendlich müssen die Verfahrensrisiken genau abgewogen werden.
Die Vorfälle in Thüringen haben doch aber zumindest gezeigt, dass die Länder im Kampf gegen rechts enger zusammenarbeiten müssen - trotz des Föderalismusgedankens.
Die Zusammenarbeit im Verbund der Verfassungsschutzämter, aber auch mit der Polizei ist aus baden-württembergischer Sicht seit Jahren gut und intensiv. Wir haben es bei diesen Fällen aber mit einer sehr komplexen Sachlage zu tun. Inwieweit man Erkenntnisse früher hätte zusammenführen können oder müssen, kann man zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlungen noch nicht beurteilen. Möglicherweise wird es später einen Korrekturbedarf geben.
Wo gäbe es Ansätze?
Ich sehe bei uns keine Defizite, wo wir Dinge hätten früher erkennen müssen.