Nach acht Jahren Leerstand der Villa Berg ist für eine Pressekonferenz eine Tür wieder für ein paar Stunden geöffnet. Foto: Leif Piechowski

Im Ringen um die Nutzung der historischen Villa Berg und den Bau von Wohnungen im Park versucht der Investor PDI wieder in die Offensive zu kommen. Die Denkmalbehörde gewinnt dem geplanten Eingriff in der Villa Positives ab. Im Gemeinderat ist die Entscheidung offen.

Stuttgart - Acht Jahre Leerstand des ehemaligen Kronprinzen-Wohnhauses sind viel zu viel. Was viele Bürger denken, hat sich jetzt auch die Käuferin der Villa Berg und der benachbarten Fernsehsendestudios frisch auf ihre Fahnen geschrieben – und damit die Forderung begründet, dass die Stadt den Weg frei macht für die Property Development Investors (PDI).

Ihr Chef Mathias Düsterdick hält an der Absicht fest, in der Villa das deutschlandweit siebte Varietétheater der GOP-Gruppe einzurichten. Erstmals erläuterten er und sein Projektsteuerer Markus Pärssinen die Folgen für die Villa: In den ehemaligen Sendesaal, der für den Süddeutschen Rundfunk nach einem Entwurf von Egon Eiermann eingebaut wurde, soll eine Empore gestellt werden. Die Bühne, ursprünglich für ein Sinfonieorchester konzipiert, würde bei fast gleichbleibender Optik verkürzt. Dadurch will man die mögliche Sitzplatzzahl im Saal um 100 auf rund 300 steigern. Eine tragfähige Küchenlösung, für den Varietébetrieb unabdingbar, will das Büro HPP Architekten um Volker Biermann mit zwei eingeschossigen Anbauten an das Sockelgeschoss sicherstellen. Dazwischen plant es einen Wintergarten. Im Übrigen kündigte PDI einen pfleglichen Umgang mit dem Kulturdenkmal an. Speziell im Sendesaal wolle man im Grunde nur mobile Bauelemente einbringen.

Stoppe man nicht bald den Wassereintritt in Mauern und Dach, sagten Düsterdick und Pärssinen, verschärfe sich der Verfall der Villa in einem zunehmend verwilderten Park. Ein Varieté mit Restaurant, Café und Außenlokal ermögliche einen zuschussfreien Betrieb. Da zuletzt oft ein Medien- und Filmhaus gefordert wurde, sogar tags zuvor bei einer Pressekonferenz von Bezirksvorsteher Martin Körner, zeigte Düsterdick sich offen für diesbezügliche Gespräche. Ein Filmhaus brauche aber Zuschüsse. Zudem werde das Problem der geringen Nebenflächen unterschätzt.

PDI: „10.000 Quadratmeter zusätzliches Grün – das geht auf keinen Fall“

Zur Finanzierung der „grob geschätzt fünf bis acht Millionen Euro teuren Sanierung“ der Villa pocht PDI weiter auf die Genehmigung für Wohnungsbau, wenn die Fernsehstudios erst einmal ausgebeint sind. Man sichere zu, nur Mietwohnungen anzustreben: etwa 145 unterschiedlich große.

Die PDI versucht besonders, die „Renaturierung“ der Sendestudios zu entzaubern: „10.000 Quadratmeter zusätzliches Grün – das geht auf keinen Fall“, sagte Düsterdick. Wer die Sendestudios aus dem Hang ausgrabe, ergänzte Pärssinen, müsse diesen sichern und das auf dem Hang stehende, von Rolf Gutbrod geplante Funkhaus vor dem Einsturz bewahren. Das könne fünf bis acht Millionen Euro kosten. Das denkmalgeschützte Funkhaus werde es noch viele Jahre geben – ohne seinen Abriss rentiere sich die Renaturierung ökologisch und optisch nicht.

Beim Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium und auch bei der unteren Denkmalbehörde im Rathaus hat PDI, wie jetzt bekannt wurde, schon im August 2012 gepunktet: Das Amt begrüßte die weitere Ausarbeitung der PDI-Konzeption – weil angesichts der zunehmenden sichtbaren Schäden die Umsetzung eines „denkmalgerechten Nutzungs- und Instandsetzungskonzepts dringend erforderlich ist“.

Alle Alternativen diskutieren

Ob PDI auch im Rathaus so punkten kann, ist offen. Bis vor wenigen Monaten gab es eine Mehrheit gegen diesen Wohnungsbau. Inzwischen sind die Grünen, so Fraktionschef Peter Pätzold, in dieser Frage „offen“. Wichtig sei, alle Alternativen zu diskutieren. Dadurch könnte sich doch noch eine Mehrheit für PDI ergeben. Die SPD will hart bleiben. Nach ihrer Kenntnis hat sich auch OB Fritz Kuhn (Grüne) für Renaturierung statt Wohnungen ausgesprochen. Eine Bestätigung dafür gibt es bisher nicht. Die Bürgermeister Michael Föll (Finanzen) und Matthias Hahn (Städtebau) legten vor einem Jahr bei einer „Mittendrin“-Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten ihre Strategie offen: Sie warten darauf, dass PDI mangels Baugenehmigung die gekauften Grundstücke an die Insolvenzverwalter der Häussler-Gruppe zurück gibt und die Stadt die Villa für wenig Geld erhält. PDI habe jetzt viele vermeintliche Sachzwänge aufgeführt, sagte Hahn auf Anfrage. Die Villa sei aber für Varieté zu klein. Diese Frage und das Positive, das die Denkmalpflege erfreut, sind für Hahn aber gar nicht relevant. Die Linie der Verwaltung und bisher auch einer Gemeinderatsmehrheit sei: „Die Bürger erhalten den Park zurück. Ein Fremdkörper, der nur für den öffentlich-rechtlichen Funk erlaubt wurde, wird beseitigt.“ Man könne die Villa in die Hand bekommen, bevor das Denkmal unrettbar kaputt sei. „Jetzt haben die Grünen große Verantwortung“, sagte Hahn – wohl noch vor den Sommerferien wolle man vom Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss.