Aus glücklicheren Tagen der Narrenzunft Wellendingen. In der Bildmitte: Zunftmeister Robert Baier. Foto: Riedlinger

Eigentlich würde jetzt und in den kommenden Wochen und Monaten die Hochzeit der Jahresversammlungen zahlreicher Vereine sein. Treffpunkt der Mitglieder, Ziehen der Jahresbilanz und Kundtun der kommenden Projekte. Doch seit nahezu zwei Jahren ist wegen der Pandemie Ebbe.

Wellendingen - Das Vereinsleben geriet in Mitleidenschaft – teils mehr, teils weniger. Ein Blick auf einzelne Vereine soll aufzeigen, wie es um dieses Rückgrat der dörflichen Kultur steht. Den Anfang macht Robert Baier, Zunftmeister der Narrenzunft Wellendingen.

Wie sieht die Lage in Ihrem Verein aus?

Einen Mitgliederschwund können wir zum Glück noch nicht feststellen.

Finanziell haben wir 2021 einen Verlust von gut 4000 Euro, trotz finanzieller Unterstützung der Bundesregierung, eingefahren. Es sind so gut wie alle Veranstaltungen ausgefallen oder wurden virtuell abgehalten. Unser Kontostand hat jedoch einen positiven Stand, da ist diese Tatsache noch nicht weiter tragisch. Wenn sich die Situation jedoch noch über zwei, drei Jahre ziehen würde, wäre die Aussage ein komplett andere.

Es fehlt uns die Geselligkeit im Verein und die Pflege des Brauchtums, da sehr viele Veranstaltungen, inklusive der Narrenratssitzungen, virtuell abgehalten wurden und werden oder gänzlich ausgefallen sind.

Was hat sich seit Februar 2020 am Vereinsleben geändert?

Die komplette Umstellung des Vereinslebens auf virtuelle Veranstaltungen, sofern dies möglich war. Sehr viele Aktivitäten sind auch ersatzlos ausgefallen.

Was für Möglichkeiten haben Sie derzeit, um die Vereinssatzung mit Leben zu erfüllen?

Wir planen derzeit eine mögliche Fasnacht, mit dem Wissen, nicht viel zu wissen. Die Politiker würden sagen: Wir fahren auf Sicht. Dennoch werden wir so viel wie möglich Aktivitäten, eventuell auch in geänderter Form, planen und abhalten.

Was möglich oder nicht möglich sein wird, wird sich die nächsten Wochen zeigen. Dennoch werden wir den Ort fasnächtlich schmücken und den Christbaum am Schlossplatz zum Narrenbaum umgestalten.

Unsere Generalversammlungen aus 2021 und 2022 sind auf den 8. April 2022 geplant, falls es dort die aktuelle Lage zulässt.

Wie lange geht das Vereinsleben mit der Corona-Pandemie noch gut?

Leider wird das Vereinsleben langsam, aber sicher einschlafen, da sich die Bevölkerung an die Tatsache gewöhnt und man bequem wird. Es muss sich nach der Pandemie zeigen, wer in den Vereinen weiterhin Verantwortung übernehmen möchte.

Steht gar die Existenz ihres Vereins auf dem Spiel?

Derzeit zum Glück noch nicht. Wir denken auch nicht, dass es so weit kommt, da wir unserer Meinung nach gut aufgestellt und gerüstet sind.

Was ist in 2022 geplant?

Das Vereinsleben mit allen Mitteln am "Leben" halten und so viele Aktivitäten wie möglich abhalten und der Bevölkerung zeigen, dass wir "noch am Leben" sind und uns der Verantwortung in dieser Zeit stellen.

Was macht derzeit Mut?

Dass sich das Virus verändert. Zwar immer noch hoch ansteckend ist, aber die Erkrankungen teilweise nicht mehr so schwerwiegend sind. Zudem gibt es immer mehr Geimpfte und Genesene, was die Lage zudem entspannen sollte.

Und: positiv in die Zukunft blicken und aus dem Bisherigen lernen.

Was gab es Erfreuliches seit dem Februar 2020?

2024 beabsichtigen wir, anlässlich unseres 100-jährigen Bestehens ein Narrentreffen abzuhalten. Da wir uns seit geraumer Zeit nicht beziehungsweise sehr eingeschränkt treffen dürfen, verläuft diese Planung komplett virtuell mit den neuesten Online-Methoden. Dies wäre ohne Pandemie vermutlich nie so gekommen, erleichtert uns jedoch die Planung ungemein, da jeder von uns, egal an welchem Standort, auf die aktuellen Themen und Informationen zugreifen und sich somit einbringen kann und zu einem guten Gelingen beiträgt.

Wenn Sie Hellseher wären, wo steht Ihr Verein im Dezember 2022?

Die Pandemie hat uns nicht mehr im Griff und wir könnten das Jahr 2023 beziehungsweise diese Fasnacht wie vor der Pandemie planen und abhalten. Nicht wie jetzt, nicht wissend, was uns die nächste Corona-Verordnung "beschert".

Das Gespräch führte

Andreas Pfannes.