Sprachen über den Wohnungsmarkt (von links): Rainer Wünsch vom Mieterverein Offenburg/Lahr, SPD-Bundestagskandidat Matthias Katsch, Udo Casper, Landesgeschäftsführer des Mieterbunds, Staatssekretärin Rita Hagl-Kehl, SPD-Bundestagsabgeordneter Johannes Fechner und Richard Groß vom Mieterverein. Foto: Achnitz

Soziales: Staatssekretärin aus dem Verbraucherschutz-Ministerium informiert sich in der Ortenau

Offenburg - Der Wohnungsmarkt ist derzeit angespannt – auch in der Ortenau. Darüber informierten sich in Offenburg SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin Rita Hagl-Kehl und Udo Casper, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds.

"Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist auch in der Ortenau angespannt, teilweise sogar sehr angespannt", berichtete Rainer Wünsch, der Vorsitzende des deutschen Mieterbunds Offenburg/Lahr, seinen Gästen im Stadteil- und Familienzentrum Stegermatt am Dienstag. Zu ihnen gehörten auch Richard Groß, der zweite Vorsitzender des Mietervereins, Matthias Katsch und Johannes Fechner, SPD-Kandidaten für den Bundestag in den Wahlkreisen Offenburg respektive Lahr-Emmendingen.

Mieten zwischen elf und zwölf Euro pro Quadratmeter seien inzwischen üblich, sagte Wünsch. In Offenburg gebe es rund 3.700 Einwohner mehr als noch vor 15 Jahren, das sei eine Zunahme von 5,7 Prozent. "Auch die Zahl der Haushalte schnellte in die Höhe", sagte er weiter. Waren es 2006 noch rund 27.700, so sind es im vergangenen Jahr 30. 800 Haushalte gewesen. Zudem halte der Trend zu kleineren Einheiten an. In 73 Prozent aller Offenburger Haushalte leben seinen Angaben zufolge nur ein oder zwei Menschen, in 13 Prozent drei, und nur in weiteren 13 Prozent vier oder mehr Menschen.

Nach jahrelangen Auseinandersetzungen sei es im Oktober 2020 gelungen, wenigstens in Offenburg einen Mietspiegel einzuführen, sagt Wünsch. In den anderen Gemeinden der Ortenau gebe es leider nichts Vergleichbares, auch nicht in Lahr mit seinen fast 48.000 Einwohnern. Dort wachse die Einwohnerzahl im Vergleich mit den anderen Gemeinden des Ortenaukreises prozentual am stärksten, sagte Wünsch. Immer häufiger gebe es Kündigungen wegen Eigenbedarfs.

Die Staatssekretärin betonte, dass ihr Ministerium in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht habe, um Mieter zu schützen und in ihren Rechten zu stärken. Dazu gehöre die Verpflichtung für Kommunen ab 50.000 Einwohnern, einen Mietspiegel erstellen zu lassen. Auch seien der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete auf sechs Jahre und die Regelungen der Mietpreisbremse um weitere fünf Jahre verlängert worden. Zu viel gezahlte Miete könne rückwirkend für einen Zeitraum von 2,5 Jahren nach Vertragsschluss zurückgefordert werden.

Sie wolle durch ein Nachschärfen der Mietpreisbremse die Rechte von Mietern noch weiter stärken und sie besser vor Mietsteigerungen nach Modernisierungen und gezieltem Herausmodernisieren schützen, aber: "Weiterführende Maßnahmen waren mit der Union als Koalitionspartner in dieser Legislaturperiode nicht umsetzbar", sagte Hagl-Kehl.

Johannes Fechner, der als Obmann im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz bei fast allen Gesprächen über weiterführende Regelungen dabei war, bestätigte dies. "Bauen, bauen, bauen" sei das einzige Rezept von CDU und CSU. "Deutschlandweit sollen in den kommenden vier Jahren 400.000 Wohnungen gebaut werden", berichtete er. Bis das alles fertig sei, brauche man ordnungspolitische Maßnahmen, um preiswerten Wohnraum zu schaffen.

Es komme darauf an, wer die benötigten Wohnungen errichtet, argumentierte Matthias Katsch. "Rein marktwirtschaftlich kann das Problem nicht gelöst werden", betonte er. Es brauche einen starken Staat, der dafür sorge, dass nicht länger mit Immobilien spekuliert werden kann. Sinnvoll sei die Förderung gemeinnützigen Wohnungsbaus, zum Beispiel die Stärkung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften.

Auch Udo Casper regte an, etwa 30 bis 50 Prozent des Marktes Bauprojekten vorzubehalten, die nicht von renditeorientierten Unternehmen betrieben werden, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Der eingetragener Verein Deutscher Mieterbund Offenburg/Lahr ist eine Selbsthilfe- und Selbstschutzorganisation. Er berät seine derzeit 2.775 Mitglieder in Miet- und Wohnungsangelegenheiten. Im ersten Halbjahr 2021 wurden vom Verein mehr als 1.000 Rechtsberatungen vorgenommen. Die Beratung erfolgt im Rahmen der Mitgliedschaft kostenlos. Für weitergehende Leistungen, etwa Schriftwechsel, können Kosten anfallen.