Zahlreiche Medizinerinnen, die sich in der Initiative "Die Chirurginnen" engagieren, begrüßen einen auf diesem Wuselbild auf der Internetseite www.chirurginnen.com. Foto: Mertmann

Silke Mertmann ist Oberärztin am Schwarzwald-Baar-Klinikum, Mutter und mit Begeisterung Villingerin. Im Verein "Chirurginnen" engagiert sie sich dafür, dass in der Medizin mehr Frauen Führungspositionen übernehmen. Im Januar gegründet, zählt die Initiative bundesweit bereits 450 Mitglieder.

Villingen-Schwenningen - Die Laufbahn von Silke Mertmann ist eine Erfolgsstory, die aufstrebende Ärztinnen inspirieren kann. "Natürlich gewachsen" sei bei ihr die Begeisterung zunächst für Anatomie und schließlich Chirurgie während ihres Medizin-Studiums, dass sie zusammen mit gleichgesinnten Freundinnen begann – inklusive Wohngemeinschaft.

In der Folge zog es Mertmann, die aus dem Rhein-Main-Gebiet stammt, nach Freiburg, einem beliebten Urlaubsziel mit den Eltern und Sehnsuchtsort. Gemäß dem Prinzip immer weiter zum Kern des Interesses vorzudringen, wechselte Mertmann zum praktischen Jahr in die Urologie zu Alexander Lampel nach Schwenningen, ein Jahr später ging es weiter in der Chirurgie bei Norbert Runkel und Stefan Beckert in Villingen. Heute kann sich die Chirurgin in ihren Fachgebieten Adipositas und Neue Technologien voll einbringen.

Wenige medizinische Führungspositionen sind weiblich besetzt

"Was mich verblüfft hat war, dass Villingen und Schwenningen doch gar nicht so zusammen gewachsen sind, wie man das so landläufig meinen könnte. Ich musste mir für die Fahrten zwischen den Abteilungsstandorten sogar mein erstes Auto anschaffen", beschreibt Mertmann ihre Erfahrungen zu Beginn in VS vor genau 15 Jahren – ein kleines Jubiläumsschreiben erhielt sie erst vor wenigen Tagen. Schließlich lernte die Oberärztin auch ihren Ehemann am Schwarzwald-Baar-Klinikum (SBK) kennen. Die vielen Freundschaften, die Teilnahme an der Fasnet sowie der Genuss der reichhaltigen Naherholungsgebiete sind die großen Vorzüge aus der die Familie Mertmann heute schöpft. Das Heimatgefühl manifestiert sich in der Entscheidung in Villingen ein Eigenheim zu bauen.

Das Klinikum habe laut Mertmann durch den Neubau und die Zusammenlegung stark profitiert. Die Ausrüstung in VS biete hohen Patientenkomfort, die Operationssäle seien modern ausgestattet und durch die Anschaffung von Operationsrobotern seit dem Jahr 2017 habe auch die "Zukunft der Digitalisierung Einzug gehalten". Dies habe Mertmann auch "immer gehalten", wie sie weiter beschreibt. "Das, was man hier vor Ort geboten bekommt, ist hochmodern und umfassend, dafür muss man nicht an ein Riesenhaus oder eine Uni-Klinik gehen. An der FH Furtwangen lehren Kollegen und Kolleginnen des SBK zudem Chirurgie und moderne OP-Techniken, um Schnittstellen zwischen Medizin und Technik aufzuzeigen."

Solche Erfolgsgeschichten und Entfaltungsmöglichkeiten möchte Silke Mertmann nun auch nachkommenden Generationen von Ärztinnen ermöglichen. Denn nach wie vor bewege man sich in der Medizin in einem von Männern geprägten Kanon. Zum Beispiel sind laut der Bundesärztekammer derzeit weniger als zehn Prozent der medizinischen Führungspositionen weiblich besetzt – obwohl zwei Drittel der Studierenden Frauen sind.

Orientierung und Möglichkeit zur Kommunikation bieten

Um dies umzugestalten, betätigt sich Mertmann in dem am 5. Januar diesen Jahres gegründeten Verein "Die Chirurginnen", der bundesweit bereits mehr als 450 Mitglieder zählt. Sie ist Beisitzerin des Vorstands, betreut die Arbeitsgruppe "Kids and Surgery" sowie, zusammen mit ihrer Kollegin Sibel Sen, die Social-Media-Auftritte des Vereins in VS.

"Frauen kommunizieren anders als Männer, Frauen werden schwanger, Frauen tragen noch immer die Hauptlast in der Kinderbetreuung", heißt es auf der Website der "Die Chirurginnen". Konkret würde es, laut Mertmann, weniger an Aufstiegschancen mangeln, als an weiblichen Vorbildern, an denen sich Ärztinnen orientieren und mit denen sie kommunizieren können.

Deshalb bietet der Verein ein Mentoring durch erfahrene Ärztinnen an, welches Mitte April mit bereits 90 Protegés startete, die bundesweiten Hospitationen beginnen voraussichtlich am 1. Juni. Auch werde das Netzwerken bei den "Die Chirurginnen" groß geschrieben, so tausche man sich im eigens für die Vereinsmitglieder angepassten Layout des Messengerdienstes "siilo" aus. Durch den hohen Datenschutzstandard von "siilo" könnten hier neben der regulären Kommunikation in Chatgruppen auch Fallbesprechungen durchgeführt sowie Infos des Vereins abgerufen werden.

Prinzipiell gehe "Die Chirurginnen" auf ein Netzwerk des jetzigen Vorstands Katja Schlosser zurück, dass lose bereits seit 2012 auf den Plattformen Facebook und Xing bestand.

Darüber hinaus organisiert die Initiative monatliche Fortbildungen, die medizinisches Wissen und chirurgisches Handwerk aus den unterschiedlichen Fachbereichen vermitteln. Das Programm, das im März startete, biete bereits für die kommenden zwei Jahre Material. Neben wissenschaftlichen Themen werden auch Kurse zu Kommunikation, Stressbewältigung, Burnout oder Resilienz geboten. "Hier bietet sich ein lockerer Austausch von der Chefärztin bis zur Studentin. Bereits bei der ersten Veranstaltung hatten wir über 60 Teilnehmer", informiert Mertmann und freut sich sichtlich über die Beliebtheit, auf welche die Initiative so kurz nach ihrer Gründung bereits stößt.