In der Führung der rechtsextremen NPD in Baden-Württemberg gibt es keine V-Leute mehr.

Stuttgart - In den Führungsgremien der rechtsextremen NPD in Baden-Württemberg gibt es keine Spitzel des Nachrichtendienstes mehr. Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD) hat die Vertrauensleute (V-Leute) in der NPD-Führung nach eigenen Worten bereits seit längerem abschalten lassen. „Ich bin für ein neues NPD-Verbotsverfahren, wenn die Aussicht auf Erfolg wahrscheinlich ist“, sagte Gall am Freitag in Stuttgart. Baden-Württemberg werde einem erneuten Scheitern eines NPD-Verbots vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass geben.

Gall wollte zur Zahl der früheren Spitzel in der Führung der NPD keine Angaben machen. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) im NPD-Landesverband und den einzelnen Kreisverbänden so gut vertreten war, dass jederzeit eine realistische Einschätzung über politische Entwicklungen und Strukturen möglich war. 2003 scheiterte ein erster Anlauf zum Verbot der NPD an den V-Leuten. Am kommenden Donnerstag (22. März) kommen die Innenminister in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen, um das weitere Vorgehen zu beraten.

Gall: Viel kann Baden-Württemberg nicht beitragen

Die Initialzündung der Diskussion um ein neues NPD-Verbotsverfahrens gab die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle im vergangenen Jahr. In der Folge ergaben sich neue Anhaltspunkte für Verbindungen zwischen NPD und rechten Gewalttätern. „So richtig viel wird Baden-Württemberg für ein neues Verbotsverfahren nicht beitragen können“, betonte Gall. Es sei ziemlich sicher, dass Erkenntnisse aus anderen Bundesländern - wie etwa Mecklenburg-Vorpommern - ertragreicher sein werden, weil die NPD dort eine andere Funktion einehme. Den Einsatz von V-Leuten insgesamt hält Gall aber nach wie vor für richtig und wichtig.

„Mit der Abschaltung der V-Leute ist die Staatsferne bei der NPD gegeben. Jetzt muss geliefert werden für die Gerichte, um zu dokumentieren, dass die NPD in ihrer Gesamtheit verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Das ist nicht leicht“, sagte ein Sicherheitsexperte, der namentlich nicht genannt werden wollte. Und: Wenn die NPD verboten werden sollte, käme auf die Nachrichtendienste eine Schlüsselrolle zu: „Dann schlägt ihre Stunde. Denn es werden sich neue Strukturen entwickeln, die man beobachten muss.“

Die Vorarbeit zur Abschaltung der V-Leute hatte das Stuttgarter Landesamt für Verfassungsschutz im Herbst geliefert. Dortige Rechtsextremismusexperten klopften mit Blick auf ein NPD-Verbotsverfahren alte Akten und Einträge ab. Es sollten eventuelle Verbindungen zur Zwickauer Neonazi-Zelle aufgedeckt und überprüft werden, ob es im Land rechte Extremisten gibt, die für solche Straftaten infrage kämen.

Welche V-Leute in welchen Gremien?

Außerdem überprüfte das LfV nach Angaben des Experten etwas genauer, welche V-Leute genau in welchen Gremien der NPD sitzen. „Beim 1. Verbotsverfahren war dies nicht unbedingt klar. Ein Ergebnis des gescheiterten NPD-Verbotsantrags war es, dass sich die Koordination beim Einsatz von V-Leuten zwischen Bund und Ländern verbessert hat. Das heißt, der Einsatz von V-Leuten war danach abgestimmt.“ Eine moderierende und koordinierende Funktion übernahm dabei das Bundesamt für Verfassungsschutz, ohne dass es ein Weisungsrecht gab.

Die NPD hat in Baden-Württemberg 460 Mitglieder und ist damit ein recht großer Landesverband. Davon sind 110 Mitglieder bei den Jungen Nationaldemokraten (JN). Damit ist ein Viertel aller JN-Mitglieder bundesweit in Baden-Württemberg angesiedelt. In Baden-Württemberg gibt es neben dem NPD-Landesverband mehr als ein Dutzend Kreisverbände.

Der Geheimdienst bezieht seine Informationen meist aus offenen Quellen. Ein kleiner Teil - Verfassungsschützer sprechen von 20 Prozent - sind verdeckte Informationen von V-Leuten. Geht man davon aus, dass in allen wichtigeren vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen V-Leute geführt werden, dürfte auch das baden-württembergische Landesamt einige Hundert eingesetzt haben.