Eine ganz besondere Karte verrät, welche Person aus welchem Ort als bekannteste gilt. Auch im Kreis Calw gibt es einige überraschende Namen zu entdecken.
Nicht immer zeigen Karten nur Orte an. Die Online-Karte des Kartenspezialisten Topi Tjukanov aus Helsinki zeigt an der Stelle des jeweiligen Ortes einen Namen an – und zwar den der bekanntesten oder „bemerkenswertesten“ Person aus diesem Ort. Und das funktioniert auch für den Kreis Calw und sogar noch kleinteiliger auch für Bad Herrenalb oder Dobel – auch wenn es da natürlich nicht ganz so ergiebig ist. Wir haben es ausprobiert.
Es ist faszinierend. Zunächst ist der ganze Globus dargestellt – und Namen wie Cristiano Ronaldo, Pablo Picasso oder Donald Trump sind schon „von weitem“ zu sehen. Wer dann immer weiter hineinzoomt, landet schließlich bei seinem Heimatort – und damit bei dem Namen des bekanntesten Bürgers. Keine Sorge übrigens: Wer geografisch nicht so bewandert ist, kann sich die echten Ortsnamen mit einem Klick anzeigen lassen.
Verschiedene Kategorien
Doch wie wurden die „Promis“ denn überhaupt ermittelt? Die Daten dieser besonderen Karte stammen laut Angaben des Erstellers aus einer sogenannten „kreuzweise verifizierten Datenbank bemerkenswerter Personen“ von Nature.com. Es seien Daten von Personen von 3500 vor Christus bis 2018 nach Christus enthalten – wiederum weitestgehend basierend auf Daten von Wikipedia und Wikidata.
Mit einem Klick auf den Namen wird dann auch noch auf der Karte ein Bekanntheitsgrad ausgewiesen sowie die Info, ob die Person männlich oder weiblich ist und ob sie noch lebt.
Die Karte lässt sich in verschiedenen Kategorien durchsuchen: Kultur, Entdeckung und Wissenschaft, Führung sowie Sport und Spiel(e) – und der bekannteste über all diese Kategorien. Wenn man weit genug in die Karte hineinzoomt, tauchen auch in Bad Herrenalb und Dobel Namen auf.
Der bekannteste Bad Herrenalber ist laut dieser Liste Roderich Cescotti. Die Familie stammt aus Südtirol und übersiedelte nach Deutschland, als Südtirol italienisch wurde. Am 4. Mai 1919 wurde dann Roderich Cescotti in Herrenalb geboren. Cescotti war (laut Wikipedia) im Zweiten Weltkrieg Offizier und Flugzeugführer und in verschiedenen Stabsverwendungen, etwa im Luftflottenkommando 5 in Oslo. Am Kriegsende führte er als Hauptmann eine Gruppe des Jagdgeschwaders 301. Cescotti geriet in britische Kriegsgefangenschaft und wurde dort als Dolmetscher ausgebildet. Ab 1955 war er wieder als Hauptmann Angehöriger der neuen deutschen Luftwaffe und absolvierte am 4. Mai 1956 den ersten Alleinflug eines militärischen Flugzeugführers der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg, als Verantwortlicher für die deutsche Pilotenausbildung war er unter anderem in Kanada.
Nach vielen Luftwaffen-Führungspositionen im In- und Ausland innerhalb des westlichen Militärbündnisses Nato und als militärischer Vertreter bei der Nato in Washington beendete Cescotti seine militärische Karriere im Jahr 1980 als Generalmajor. In seiner letzten Verwendung war er von 1977 bis 1980 Befehlshaber der NATO-Luftstreitkräfte Ostseezugänge. Außerdem schrieb er mehrere Bücher, die sich allesamt um die (militärische) Luftfahrt drehten. Cescotti starb 2015 in Fürstenfeldbruck.
In der Rubrik Entdeckung und Wissenschaft taucht in Bad Herrenalb der Name Ludwig Hilmar Kresse auf. Er erblickte am 7. Januar 1914 in Herrenalb das Licht der Welt. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Offizier (zuletzt als Major der Reserve) bei den Gebirgsjägern und erhielt 1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.
Nach Kriegsende war er als Architekt tätig und übernahm 1963 die Leitung der Abteilung Hochbau an der Staatlichen Ingenieurschule für Bauwesen in Stuttgart, vier Jahre später wurde er Direktor. Von Kresse stammen mehrere Großbauten in Baden-Württemberg, unter anderem das Wüstenrot-Hochhaus in Ludwigsburg. Nach Fertigstellung 1974 war es für einige Zeit das höchste Hochhaus in Baden-Württemberg. Kresse starb 1985 in Stuttgart.
Für Dobel gibt es in der interaktiven Karte zwar nur einen Eintrag, der hat es in sich. Denn Edmund Rau war 1924 kurzzeitig sogar amtierender Staatspräsiden des freien Volksstaates Württemberg.
Doch der Reihe nach: Edmund Rau kam am 4. Januar 1868 in Dobel als zehntes Kind des evangelischen Pfarrers zur Welt. Nach dem Abitur in Leonberg studierte er Wirtschaftswissenschaften in Tübingen und kam 1891 in die Stadtdirektion Stuttgart. Von dort ging es bergauf: 1897 wurde er Amtmann, 1901 Ministerialsekretär im Königlich Württembergischen Departement des Inneren. Danach war er Oberamtmann in Tettnang und ab 1906 Ministerialassessor im Stuttgarter Innenministerium. 1907 wurde er Kanzleidirektor und 1909 Vortragender Rat.
Einst Staatspräsident
Nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg kam er ins württembergische Staatsministerium, wurde 1918 Ministerialdirektor im Ernährungsministerium amtierte 1923 und 1924 als Minister im Arbeits- und Ernährungsministerium. Am 8. April 1924 wurde er zum württembergischen Staatspräsidenten (auf Abruf) gewählt – danach war er wieder als Ministerialdirektor tätig. Vom 29. April 1930 bis zum 31. März 1933 stand Rau als Präsident an der Spitze des Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs, ehe er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus politischen Gründen in den Ruhestand trat.
Neben seinen politischen Ämtern war er auch in der evangelischen Landeskirche aktiv. Rau starb 1953 in Stuttgart.