Hauptversammlung:
Mit Roswitha Keppler endet eine Ära. Sie hat das Handwerk im Kreis Calw 16 Jahre lang geprägt, ja sie war das Gesicht dieser Branche. Dafür verlieh ihr Landrat Helmut Riegger die Wirtschaftsmedaille des Landkreises Calw. Die Ehrenkreishandwerksmeisterin ist die erste Frau, die diese Auszeichnung erhält.
Kreis Calw. Ein große Gästeschar war zur offiziellen Verabschiedung von Roswitha Keppler in die "Krone" nach Wildberg gekommen. Uwe Huber, ihr Nachfolger als Kreishandwerksmeister und Inhaber eines Zimmereibetriebs in Engelsbrand, begrüßte eine große Schar an Ehrengästen und eine Vielzahl von Rednern. Sie alle waren sich darin einig: Roswitha Keppler war eine Macherin, die Lösungen fand, sie war durchsetzungsfähig und engagiert, dabei stets zugänglich und verbindlich.
Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger kam als erster zu Wort, weil sich Landrat Riegger leicht verspätet hatte und der Wildberger Schultes in die Gemeinderatssitzung musste. Er sprach sozusagen als Hausherr und hob hervor, dass Roswitha Keppler für die Gemeinden stets ein Ansprechpartner war.
Insgesamt 21 Ehrenämter in 56 Jahren habe Keppler inne gehabt. So lange dauere kein Berufsleben mehr, sagte der stellvertretende Kreishandwerksmeister Andreas Perrot in seiner Festansprache. Er erinnerte daran, wie die Kreishandwerksmeisterin bei einem Treffen mit Susanne Eisenmann die damalige Kultusministerin mit einem schwäbische-vertraulichen "weisch" zu deren Erstaunen quasi geduzt habe. Ihrer Durchsetzungskraft hat das nicht geschadet.
Die Branche, die sie vertreten habe, sei der Motor der Wirtschaft im Kreis Calw, sagte Landrat Riegger. Gekämpft habe sie vor allem für die berufliche Ausbildung und, angesichts rückläufiger Zahlen von Auszubildenden, für den Erhalt von Klassen an den gewerblichen Schulen. Riegger hob hervor, dass man Roswitha Keppler weit über den Kreis Calw hinaus auf Landes- und Bundesebene kannte. Und nicht nur das: Auch im Ausland habe sie für das Duale System der Berufsausbildung in Deutschland geworben, wie es in einem von Huber verlesenen Grußwort des Parlamentarischen Staatssekretärs und CDU-Bundestagsabgeordneten und Hans-Joachim Fuchtel hieß.
Sie habe für das Handwerk sinnvollen Lobbyismus betrieben, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Blenke und damit unheimlich viel für diesen Wirtschaftszweig getan. Als Powerfrau und Teamspielerin bezeichnete Karlheinz Kistner, Bürgermeister von Roswitha Kepplers Heimatgemeinde Oberreichenbach, die scheidende Kreishandwerksmeisterin.
An die Partnerschaft zwischen Handwerk und Gastronomie erinnerte Rolf Berlin, Vorsitzender des Dehoga-
Kreisverbands: "Wir verstehen und brauchen einander."
Es sei in all den Jahren mit Hochs und Tiefs nicht immer einfach gewesen, sagte Roswitha Keppler in ihrem Schlusswort. Doch zu 90 Prozent ziehe sie eine positive Bilanz. Am Ende überreichte sie Blumensträuße an die Leiterin der Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft Calw, Christine Hain, sowie an deren Kolleginnen Ariane Weber und Jana Bernhard. Als sie ihr Amt als Kreishandwerksmeisterin angetreten habe, sei nicht nur sie neu gewesen, so Keppler, sondern auch das Team in der Geschäftsstelle. Gemeinsam habe man die anstehenden Aufgaben gemeistert. Er habe ein voll funktionsfähige Geschäftsstelle vorgefunden, lobte Kreishandwerksmeister Huber.
Kommentar von Alfred Verstl:
Mensch sein
In einer von Männern dominierten Branche wie dem Handwerk sich als Frau zu behaupten ist nicht leicht. Roswitha Keppler hat das mit Bravour geschafft. Weil sie eine emanzipierte Frau ist. Dazu braucht es keine Quote und erst recht keine Gendersternchen. Die waren noch unbekannt, als Keppler vor mehr als fünf Jahrzehnten die ersten ihrer insgesamt 21 Ehrenämter angetreten hatte. Und als Kreishandwerksmeisterin war sie eine Netzwerkerin, als es diesen Begriff noch gar nicht gab. Hartnäckig und liebevoll sei sie gewesen, sagte der Schultes ihrer Heimatgemeinde Oberreichenbach, Karlheinz Kistner. Dadurch knüpfte sie fruchtbare und dauerhafte Verbindungen zu Politik und Behörden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man Männlein oder Weiblein ist. Es kommt darauf an Mensch zu sein, und das ist Roswitha Keppler stets geblieben.
Kreis Calw. Das Handwerk hat von der Corona-Pandemie, mit Ausnahme der Friseure, eher profitiert. Das gelte vor allem für Betriebe, die mit dem Bau zu tun haben, sagte der Calwer Kreishandwerksmeister Uwe Huber im Gespräch mit unserer Zeitung.
Private wie gewerbliche Auftraggeber hätten die Zeit für Bauvorhaben genutzt. Dies habe aber auch zu Belastungen der Betriebe geführt, sagte Huber anlässlich der Hauptversammlung der Kreishandwerkerschaft Calw in Wildberg. Die Lieferengpässe bei Holz aber auch bei fast allen anderen Baustoffen verlängere die Vorfinanzierung bis zu einem Vierteljahr. Dies bedeute, dass die Ware bestellt und bezahlt werden muss, in vielen Fällen aber erst nach drei Monaten geliefert wird. Normalerweise dauere das rund eine Woche, sagte der Zimmerermeister aus Engelsbrand, der im November 2020 die Nachfolge von Roswitha Keppler angetreten hatte.
Friseure haben gelitten
Die Zahl der Mitglieder der Kreishandwerkerschaft Calw geht weiter zurück, wie Christine Hain, Leiterin der Geschäftsstelle, den Besuchern der Versammlung darlegte. Derzeit gebe es 489 Mitglieder, 2019 waren es noch 498. Dies liege vor allem daran, dass viele Betriebe altersbedingt aufgeben und keine Nachfolger gefunden werden. Diese Lücke werde immer größer, betonte Hain.
Durch Aktivitäten in den sozialen Medien will das Handwerk im Kreis Calw verstärkt bei jungen Menschen auf sich aufmerksam machen, um so den rückläufigen Ausbildungszahlen entgegenzuwirken, sagte Huber. Unter anderem habe man sich am e Sports Cup des Schwarzwälder Boten beteiligt.
Darüber hinaus sei die Kreishandwerkerschaft der Fachkräfteallianz der Region Nordschwarzwald beigetreten.
Gelitten unter Corona haben die Friseurbetriebe. Sie mussten nicht nur ihre Geschäfte monatelang geschlossen halten, sondern auch noch lange auf das versprochene Überbrückungsgeld warten (wir berichteten). In dieser Zeit seien die Telefone in der Geschäftsstelle in Calw kaum still gestanden. Huber bedankte sich bei Leiterin Hain und ihren Kolleginnen Ariane Weber und Jana Bernhard, dass sie diese zusätzlichen, großen Belastungen mit Bravour gemeistert haben.