Nach einer Häufung von Straftaten zieht Sulz die Notbremse und setzt auf Videoüberwachung an der Schule. Was passiert ist, und wie überwacht wird – wir haben nachgefragt.
Zunehmender Vandalismus zwingt viele Schulen deutschlandweit dazu, tätig zu werden. Das Mittel der Wahl: Videoüberwachung. Auch in Sulz ist die bereits im Einsatz – an der Grund- und Werkrealschule. Nun wird sie auf das Gelände der Lina-Hähnle-Realschule ausgeweitet, und auch das Albeck-Gymnasium hat Interesse daran bekundet. Was die Überwachung in Sulz nötig macht, und was da erlaubt ist: Wir haben nachgefragt.
7000 Euro sind für die Ausweitung der Videoüberwachung im städtischen Haushalt eingestellt, wie bei einer Verwaltungsausschusssitzung im Juli zu erfahren war. Begründet wurde die Maßnahme mit Problemen mit Vandalismus, Verschmutzungen und Drogen.
Wir fragen bei der Polizei nach, welche Vorfälle an der Sulzer Schule gemeldet wurden. Daniel Brill, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, in dessen Zuständigkeit auch der Kreis Rottweil fällt, berichtet auf Nachfrage von bislang mehreren Sachverhalten im Zeitraum 2024 und 2025.
Sachbeschädigung und Gewalt
So habe es drei Vorfälle gegeben, die Vandalismus zuzuordnen seien, einen Fall aus dem Betäubungsmittelbereich und dann noch je einen Fall in den Bereichen Ruhestörung, Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz, Sachbeschädigung und Körperverletzung.
Bei den Tätern habe es sich teilweise, aber nicht ausschließlich um Schüler gehandelt. Einer bestimmten Schule hätten die Personen nicht zugeordnet werden können. Die Personen seien größtenteils im schülertypischen Alter gewesen. Die Taten, deren Zeitraum man definieren konnte, hätten zumeist vormittags stattgefunden.
2021 bis 2023 vermehrt Betäubungsmittelverstöße
Wir fragen nach, wie die Polizei die Anzahl der Straftaten im Bereich der Sulzer Schulen einstuft. Davon, dass viel passiert sei, könne man anhand der Zahlen und der Eindrücke der Kollegen des Reviers in Oberndorf und des Polizeipostens Sulz nicht sprechen, erklärt Brill.
In den Jahren 2021 bis 2023 habe es aber vermehrt Betäubungsmittelverstöße gegeben. „Die Verstöße wurden überwiegend von ehemaligen Schülern der GWRS und Schülern der Realschule begangen. Die Taten ereignete sich oft abends/nachts oder am Wochenende. Aufgrund der zunehmenden Fälle im Jahr 2023 wurden vom Polizeiposten Sulz den gesamten Sommer über mehrfach Jugendschutzkontrollen durchgeführt. Diese waren sehr erfolgreich, und die Straftaten an den benannten Örtlichkeiten sind deutlich zurückgegangen“, erklärt uns der Polizeisprecher.
Das sagt das Regierungspräsidium
Was nun die Videoüberwachung angeht, so wollen wir wissen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit eine solche rechtlich zulässig ist. Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, klärt uns auf. Die Entscheidung zu einer Videoüberwachung an einer Schule liege beim jeweiligen Schulträger, im Sulzer Fall also bei der Stadt. „Dieser ist auch für die Kostenübernahme und die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit zuständig.“
Das Einrichten einer Videoüberwachung auf einem Schulgelände erfolge in der Regel in enger Abstimmung mit der Schulleitung; da wird beispielsweise geregelt, welcher Bereich zu welchen Zeiten überwacht wird.
Danach richten sich die Kriterien
Die Kriterien richten sich nach Paragraf 18 des Landesdatenschutzgesetzes. Dort seien die Grundsätze, Handhabung der erhobenen Daten, Informationspflichten sowie Aufbewahrungs- und Löschfristen geregelt.
„So ist beispielsweise eine Videoüberwachung auf dem Schulhof sowie den sonstigen für den Schulbetrieb genutzten Räumlichkeiten und Flächen in der Regel unzulässig. Grundsätzlich überwiegen die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Schüler sowie der Lehrkräfte das Interesse an der Videoüberwachung.“
Videomaterial ist auf zwei Arten nützlich
Und wie hoch ist der Nutzen von Videomaterial für eine eventuelle Strafverfolgung? „In erster Linie hängt das von der Qualität des Videomaterials ab. Wenn dieses zur Identifizierung von Tätern und Aufklärung von Straftaten dient, können solche Aufnahmen wertvolle Beweismittel sein. Aber nicht zu unterschätzen ist auch die präventive Wirkung von Videoüberwachungen“, betont Daniel Brill von der Polizei.
Wir wollen außerdem wissen, ob verstärkte Kontrollen durch die Polizei in diesem Bereich eine denkbare Alternative wären. Wenn die Auftragslage und die Personalsituation zusätzliche Kontrollen erlauben, seien solche immer eine Alternative, meint Brill, „aber kein Allheilmittel“.
Die Gesetzeslage
In Paragraf 18 des Landesdatenschutzgesetzes
heißt es unter anderem, dass Videoaufzeichnungen und daraus gefertigte oder sich darauf beziehende Unterlagen unverzüglich, spätestens jedoch vier Wochen nach der Datenerhebung zu löschen seien, soweit sie nicht zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden. Weiter heißt es darin: „Die Videoüberwachung ist durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen; dabei ist der Verantwortliche mitzuteilen.“ Videoüberwachung sowie die Verarbeitung der dadurch erhobenen personenbezogenen Daten sei zulässig, soweit dies im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts im Einzelfall erforderlich sei, etwa um Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen oder um Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen oder Ähnliches sowie die dort oder in deren Nähe befindlichen Sachen zu schützen und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen.
Die Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums
über den Datenschutz an öffentlichen Schulen besagt Folgendes: „Während des Schulbetriebs ist eine Videoüberwachung auf dem Schulhof sowie den sonstigen für den Schulbetrieb genutzten Räumlichkeiten und Flächen in der Regel unzulässig. Die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Schüler sowie der Lehrkräfte überwiegen dabei grundsätzlich das Interesse an der Videoüberwachung.“