Der Wahlkampf zur Bundestagswahl legt an Tempo zu: Bei manchen Wählern kochen da offenbar die Emotionen hoch. Zerstörungswut ist die Folge. Immer wieder sieht man herunter gerissene oder zerfetzte Wahlplakate in Rottweil und Umgebung.
In wenigen Wochen wird der Bundestag gewählt. Der Wahlkampf geht in die heiße Phase und animiert manchen Bürger zu einer hitzigen Reaktion. Immer wieder werden Plakate, mit denen Parteien und Kandidaten an den Straßenrändern um Wählerstimmen werben, herunter gerissen oder anderweitig zerstört. Unzufriedenheit und Ärger, die sich in Vandalismus entladen – und die sich vor allem gegen eine bestimmte Gruppe richten.
Ärger Luft gemacht
Ein Plakat der Grünen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck in Rottweil, entzwei gerissen und auf den Boden geworfen, zwei große Aufsteller in Deißlingen – einer von den Grünen, einer von der SPD – von denen ganze Fetzen gerissen wurden, während die anderer Parteien unversehrt bleiben: Die Botschaft, die in diesen Fällen in Rottweil und Deißlingen hinterlassen wurden, sich aber auch schon andernorts gezeigt haben, ist ganz klar. Hier wurde offenbar der Wut auf die Regierung Luft gemacht.
In den sozialen Netzwerken werden Aktionen wie die in Rottweil derweil unterschiedlich bewertet.
In der Facebook-Gruppe „Stadtgeflüster Rottweil“ wird das zerrissene Grünen-Plakat von den einen bejubelt („Warum wirft man den grünen Müll neben den Abfallbehälter?“), während andere die Sachbeschädigung per se verurteilen.
Diskussion entbrennt
So heißt es von einer Userin etwa: „Statt jedem gleichsam die Gelegenheit zu geben, sich zu präsentieren, wird zerstört. Schade“ und „Es geht um Sachbeschädigung und den fehlenden Respekt anderer Meinungen gegenüber. Das hat gar nichts mit der grünen Partei zu tun. Grundsätzlich sollte niemand Wahlplakate beschmieren, herunterreißen oder gar zerstören. Egal, von welcher Partei die sind“. Ein anderer kommentiert: „Fremdes Eigentum zu zerstören, geht gar nicht.“
Äußerungen, die erwartungsgemäß nicht unkommentiert bleiben. Es entbrennt eine Diskussion.
Freiheitsstrafe möglich
Unstrittig ist derweil, dass es sich bei solchen Aktionen um Sachbeschädigungen, also Straftaten, handelt.
Den Verursachern droht, wenn man sie denn ermitteln kann, eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, wie wir auf Nachfrage beim Polizeipräsidium Konstanz erfahren. „Die Täter erwartet in der Regel eine Strafe wegen Sachbeschädigung nach Paragraf 303 des Strafgesetzbuches. Wenn jedoch eine politische Motivation vorliegt, oder aber gezielt mehrere Plakate einer Partei beschädigt werden, kann sich dies strafverschärfend auswirken. Schlussendlich entscheidet ein Gericht, welche Strafe verhängt wird“, erklärt Pressesprecher Patrick Zöller.
Kein neues Phänomen
Die Beschädigung von Wahlplakaten war auch schon im Vorfeld der Kommunalwahlen und der Europawahl 2024 ein großes Thema. Damals wurden neben Wahlplakaten der SPD und der Grünen auch Plakate der FDP Opfer von Vandalismus. Teilweise waren diese auch mit fremdenfeindlichen Parolen und „Hitler-Bärtchen“ verunstaltet worden – etwas, das Ermittlungen der Kriminalpolizei nach sich zog.
Das Polizeipräsidium Konstanz teilte damals mit, man sehe eine „steigende Tendenz“, was die Anzahl der Fälle von Vandalismus an Wahlplakaten angehe. Die Polizei versuche jedoch im Rahmen der Streifentätigkeit, solche Beschädigungen präventiv zu verhindern.
Das gilt für das Aufhängen von Wahlplakaten
Generell dürfen Wahlplakate frühestens sechs Wochen vor der Wahl aufgehängt werden und müssen unmittelbar nach der Wahl wieder entfernt werden, erfahren wir von Tobias Hermann, Pressesprecher der Stadt Rottweil, über die dort geltenden Vorgaben.
Festgelegt sind auch die erlaubten Orte – in der historischen Innenstadt ist das Plakatieren zum Schutz des Stadtbildes beispielsweise nicht erlaubt, ebenso in der Nähe von Wahllokalen – die Größe (maximal DIN A1) und die Abstände zwischen den Plakaten. „In durchgehenden Straßenzügen ist ein Mindestabstand von 100 Metern zur nächsten Plakattafel einzuhalten“, heißt es etwa.
Es werde außerdem um einen fairen Umgang beim Plakatieren im Hinblick auf die konkurrierenden Plakatierungen anderer Parteien gebeten, teilt Tobias Hermann mit. Diese Formulierung lässt freilich Raum zur Interpretation.
Werden Vorgaben kontrolliert
Werden die Vorgaben denn auch von der Stadt kontrolliert? Hierzu heißt es grundsätzlich: „Eigene Kontrollen der Plakate führen wir nicht durch, da dies die Kapazitäten des Ordnungsamtes übersteigen würde“. Man gehe aber gegebenenfalls Hinweisen der Parteien nach.
Und: Am Wahltag werde vor der Öffnung des Wahllokals durch den Wahlvorsteher kontrolliert, ob eine Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild – dazu zählen auch Plakate – vorliegt. In und am Gebäude und im Zugangsbereich zu diesem sei eine solche nämlich nicht erlaubt. Als Richtwert gilt laut Stadt Rottweil ein Umkreis von 20 Metern um den Zugang beziehungsweise Eingang.
Bei Verstößen könne ein Bußgeld festgesetzt werden, das laut Straßengesetz bis 500 Euro betragen kann.