Historische Erklärung des US-Präsidenten - Homo-Ehe wohl prominentes Wahlkampfthema.

Washington - Paukenschlag im US-Wahlkampf: Ein halbes Jahr vor der Abstimmung hat sich Präsident Barack Obama erstmals öffentlich für die Homoehe stark gemacht. In einem Fernsehinterview erklärte Obama, Schwule und Lesben sollten genauso wie heterosexuelle Paare heiraten können - mit den gleichen Rechten und Pflichten. Er stellt sich damit gegen seinen designierten republikanischen Widersacher Mitt Romney, der eine Gleichstellung homosexueller Paare mit der klassischen Ehe ablehnt. Obamas Schritt dürfte zu einer noch stärkeren Polarisierung im Wahlkampf führen. Die Homoehe gehört wie die Wirtschaftspolitik zu den besonders umstrittenen Themen, die wahlentscheidend sein könnten.

US-Kommentatoren werteten Obamas Schritt als bedeutende neue Entwicklung, die für ihn auch Risiken im Hinblick auf die Wahl im November berge. Er werde so zwar wahrscheinlich junge Leute für sich gewinnen. Aber auf der anderen Seite könnte seine Haltung konservativen Gegnern neuen Antrieb und neue Energie geben.

Bisher hatte sich der Präsident lediglich für eingetragene Partnerschaften von Homosexuellen stark gemacht - zwar mit gleichen Rechten, wie sie traditionelle Ehen mit sich bringen, aber nicht als „Ehe“ definiert. Seine Meinung darüber habe sich im Laufe der Jahre „weiterentwickelt“, sagte Obama am Mittwoch in dem Interview des Senders ABC.

Alle Amerikaner müssten gleich behandelt werden

Er habe in den vergangenen Jahren viele Gespräche geführt. „Zu einem bestimmten Zeitpunkt bin ich schlicht zu dem Schluss gekommen, dass es für mich persönlich wichtig ist ... zu bestätigen, dass ich glaube, dass gleichgeschlechtliche Paare in der Lage sein sollten zu heiraten.“ Alle Amerikaner müssten gleich behandelt werden.

Romney wies den Vorstoß zurück. „Ich glaube, eine Ehe ist eine Beziehung zwischen Mann und Frau“, sagte er nach Angaben des Senders CNN. Romney ist für sogenannte „häusliche Partnerschaften“ - mit begrenzten Rechten für homosexuelle Paare.

Obamas Vorstoß mache eine ohnehin knappe Wahl noch knapper, sagte ein Experte für Politik und Religion bei CNN. Ein anderer Fachmann meinte, der Präsident mobilisiere damit Demokraten und Republikaner gleichermaßen. Ein Kommentator von Fox News sagte: „Der Präsident ist im 21. Jahrhundert angekommen.“ Die „New York Times“ schrieb, Obama habe in den Wahlkampf nun ein soziales Thema einbracht - und zwar eines der am heftigsten diskutierten. Der Präsident der Katholischen Liga, Bill Donohue, fasste die Ablehnung vieler konservativer Kreise in Worte: „Ein Kind braucht eine Mutter und einen Vater.“

In den vergangenen Jahren hatte es im Hinblick auf Homosexuelle und gleichgeschlechtliche Partnerschaften einen Sinneswandel in den USA gegeben. Seit September 2011 können sich Schwule und Lesben in den US-Streitkräften outen, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Eine am Dienstag veröffentlichte Gallup-Umfrage ergab, dass 50 Prozent der US-Amerikaner dafür sind, gleichgeschlechtliche Ehen rechtlich zu verankern. 48 Prozent sind dagegen.

In sieben Bundesstaaten ist die Homo-Ehe erlaubt

In sieben Bundesstaaten, darunter New York und Massachusetts, sind sie erlaubt. In weiteren neun Bundesstaaten, etwa Kalifornien, können Homosexuelle eingetragene Parterschaften unterschiedlicher Prägung schließen, die allerdings nicht der Ehe gleichgestellt sind. Allerdings gibt es auch gegenläufige Entwicklungen: So sprachen sich die Bürger North Carolinas in einem Referendum dafür aus, alle Formen eingetragener Partnerschaften von Homosexuellen zu verbieten.

Am vergangenen Wochenende war der Druck auf Obama gewachsen, seine Position in dieser Frage klarzustellen. Sein eigener Vizepräsident Joe Biden setzte ihn unter Zugzwang, indem er in einer TV-Talkshow sagte, dass er selbst überhaupt keine Probleme mit Homo-Ehen habe.

Obama stellte in dem Interview heraus, dass es sich um seine persönliche Auffassung handele, die auch seine Frau Michelle teile. Zugleich zeigte er sich überzeugt davon, dass im Laufe der Zeit immer weniger Amerikaner Probleme mit Homo-Ehen hätten. Als Beispiel nannte er seine eigenen Töchter: „Malia und Sasha haben Freunde mit Eltern, die gleichgeschlechtliche Paare sind. Es hat Zeiten gegeben, da haben Michelle und ich beim Essen gesessen, und wir haben über ihre Freunde und deren Eltern gesprochen, und Sasha und Malia hätte es nicht im Entferntesten gedämmert, dass die Eltern ihrer Freunde irgendwie anders behandelt würden. Es macht keinen Sinn für sie.“