Washington fordert mehr Engagement von den Europäern in Osteuropa. Foto: dpa

Die US-Regierung setzt ein Signal in Europa: Wegen Russlands Ausgreifen auf die Krim erhöht sie ihre militärische Präsenz im Osten. Am Truppenabbau insgesamt hält sie aber fest.

Washington/Stuttgart/Brüssel/Kiew - Die US-Regierung will vor dem Hintergrund der Krim-Krise die Verteidigung der Nato-Bündnispartner in Osteuropa weiter stärken. Nach Angaben des stellvertretenden US-Sicherheitsberaters Ben Rhodes plant Washington mehr amerikanische Heeres- und Marinesoldaten zu Manövern und zu Ausbildungszwecken vorübergehend aus den USA nach Polen und in die baltischen Staaten zu verlegen. Außerdem sollen die Pläne für den Verteidigungsfall überarbeitet und auch die Fähigkeiten der schnellen Eingreiftruppe der Nato verbessert werden.

Weitere Details etwa über die Größenordnung der zu entsendenden US-Verbände wurden nicht bekannt. Rhodes sagte, die Nato-Ministerkonferenz nächste Woche werde das Thema erörtern. Deutlich wurde, dass die USA ihre Militärpräsenz in Osteuropa allenfalls symbolisch und moderat aufstocken werden. Washington will vielmehr seine europäischen Verbündeten dazu bringen, bei dieser Initiative eine Führungsrolle zu übernehmen. Ziel sei eine „dauerhafte Präsenz“, um die Verbündeten in Osteuropa zu beruhigen, sagte Rhodes.

Es geht also nicht um eine fundamentale Neuorientierung der US-Außenpolitik zurück nach Europa. Schon im nächsten Monat will US-Präsident Barack Obama nach Asien reisen, um dort erneut für seine Neuausrichtung nach der Zukunftsregion Asien zu werben. Trotzdem halten US-Beobachter selbst Obamas eher symbolische Hinwendung nach Europa für bemerkenswert, denn bisher hatte der Präsident kein großes Interesse an Europa gezeigt.

Signal an die europäischen Nato-Partner

67. 000 US-Soldaten sind noch in Europa

Obamas Signal an die europäischen Nato-Partner steht auch in einem gewissen Spannungsverhältnis zum massiven Abbau der US-Streitkräfte in Europa in den vergangenen Jahren. Nach Angaben eines Sprechers des US-Europa-Kommandos (Eucom) in Stuttgart ist die US-Militärpräsenz heute um 85 Prozent kleiner als 1989. Hatten die USA auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs rund 400.000 gefechtsbereite Soldaten in Europa stationiert, sind es heute rund 67. 000, inklusive 40.000 in Deutschland. Von den geplanten Kürzungen des US-Verteidigungshaushalts ist auch die weitere US-Militärpräsenz betroffen.

Zwar argumentiert Eucom-Kommandeur Philip Breedlove, der zugleich Nato-Oberbefehlshaber ist, dass die Anzahl der US-Truppen nicht weiter reduziert werden solle. Doch US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hatte deutlich gemacht, dass in Europa noch stärker gespart werden müsse. Noch im Frühjahr will das Pentagon bekannt geben, welche weiteren Standorte geschlossen werden. Vom Sparzwang werden nicht einmal Eucom-Programme zur Modernisierung des ukrainischen Militärs und anderer früherer Mitglieder des Warschauer Pakts ausgenommen.

Mit Blick auf die US-Präsenz in Europa warnte der US-Experte Anthony Cordesman: „ Die begrenzte Anzahl der Bodentruppen in Europa ist nicht darauf ausgelegt, Russland innerhalb weniger Tage Machtmittel entgegenzusetzen.“ Um ein weiteres russisches Ausgreifen abzuschrecken wird daher in den USA gefordert, auch die eigene Präsenz in Osteuropa dauerhaft zu verstärken. Während alle Nato-Mitglieder zuletzt ihre Verteidigungsausgaben deutlich gekürzt haben, hat Russland seit 2004 laut einer US-Studie seine Verteidigungsausgaben um 79 Prozent gesteigert.

Timoschenko will kandidieren


In der Ukraine kündigte unterdessen Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl in zwei Monaten an. Vom Kongress ihrer Vaterlandspartei Ende März wolle sie sich bestätigen lassen. Die 53-Jährige hatte jüngst mit Gewaltdrohungen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin Irritationen ausgelöst. Die Ukraine steht derweil „am Rande des finanziellen und wirtschaftlichen Bankrotts“, so Regierungschef Arseni Jazenjuk. Massenentlassungen und soziale Einschnitte sollen die Weichen für Finanzhilfe stellen. Der Internationale Währungsfonds kündigte ein zweijähriges Hilfsprogramm von bis zu 13 Milliarden Euro an.